Über den moderaten Islam...

...berichtet Al Hayat seit 28.8.2015

Khloud: Es gibt keinen moderaten Islam -
Meine Verhaftung durch Schariapolizei

Khloud Bariedah: "Ich war eine Angehörige des sogenannten moderaten oder gemäßigten Islams. Der Islam, den es in der Wirklichkeit nicht gibt. Er wurde aber mit großer Anstrengung erfunden, um das wahre Bild des Islams zu verstellen und die Menschheit zu manipulieren.
In der Tat, hatte ich früher nie das Verlangen gehabt, den Islam zu studieren oder ihn richtig zu verstehen. Ich schätzte meine Religion halt wie jedes Mitglied meiner Familie und meiner Freunde. Fragte mich jemand über Allah, so habe ich geantwortet, Allah sei gut und liebe uns und sein Gesandter Mohammed sei das beste Geschöpf und der Islam das größte Geschenk an uns.
Was mir jedoch den Kopf zerbrach und viele Gedanken und Fragen hervorrief, war die Stellung der Frau im Islam, sowie Fragen über Kopftuch und Polygamie, über Wissenschaft. Aber ich befreite mich jedes Mal von diesen Fragen und Gedanken in dem ich den Teufel beschuldigte, mich an meinen Glauben zweifeln zu lassen. In der Schule sagte man uns nämlich, diese Fragen seien satanische Einflüsterungen. Bei jeder Frage, für die ich keine Antwort fand, wiederholte ich die Koran-Sure 5.101, "...fragt nicht nach Dingen, die, wenn sie euch offengelegt werden, euch leid tun...".
So war ich programmiert, und ebenso die Generationen vor mir. Ich habe die Tatsache ignoriert, dass das Fragen der Weg zur Erkenntnis ist, und dass jede Entdeckung mit einer Frage beginnt.
Wenn du ein echter Muslim seien willst, musst du dich blind hingeben und an die Offenbarung des Korans und die Aussagen des islamischen Propheten glauben. Du sollst mit dem Fragen aufhören, denn dies wird dich letztendlich vom Islam fernhalten.
Ich wüsste damals nicht, dass viele Muslime täglich den Islam verlassen, aber nicht den Mut haben, dies offen zu verkünden. Ich wüsste nicht, dass die berühmtesten Wissenschaftler der islamischen Geschichte den Islam verlassen haben. In der Schule bekamen wir nicht mit, dass Al Farabi, Iben Sina, Al Razi, Iben Rushed, Iben Al Muqanaa und andere als Abtrünnige starben.
Niemand erzählte mir, dass der Dekan der arabischen Literatur Taha Hussain bevor er starb zum Christentum konvertierte und sein berühmtes Gedicht schrieb: "Ich betete einen Teufel an".
Vor 9 Jahren erlebte ich eine große Wandlung in meinem Leben. Diese begann als die Scharia-Polizei eine Partie, bei der ich mit meinen Freunden war, stürmte, da das Treffen der Geschlechter und jegliche Versammlung von Männer und Frauen in einem Raum verboten ist, und nach dem Gesetz Saudi-Arabiens unter Strafe steht.
Das Ganze führte dann zur meiner Verurteilung von vier Jahren Haft und 400 Peitschenhieben. So verlegte man mich dann zu einer Strafvollzugsanstalt Haftanstalt für junge Frauen in Mekka Diese war ein Teil Hölle auf Erden. Nur wenige Menschen, Saudis und nicht Saudis, wissen etwas darüber.
Eine einzige Möglichkeit blieb mir erhalten, um die Haftstrafe zu reduzieren, nämlich den Koran auswendig zu lernen, was sicherlich keine leichte Sache war. Das Auswendiglernen eines Buches mit über 600 Seiten scheint zuerst unmögliche zu sein, ich halte es jedoch für die beste Leistung meines Lebens, denn ich konnte es in 11 Monaten schaffen und wurde somit das erste Mädchen, seit der Gründung dieses Gefängnis vor 25 Jahren, das den Koran auswendig lernen könnte.
Nach guter Führung erlangte ich zusätzliche Haftreduzierung und eine Befreiung von den restlichen Peitschenhieben. Und so verließ ich das Gefängnis nach 18 Monaten Haft und rund 600 Peitschenhieben (Anm.: die o.a. 400 Peitschenhiebe waren dann wohl pro Jahr und nicht für insgesamt festgesetzt worden).

Ich sah und erlebte im Gefängnis schreckliche Dinge. Ungerechte Behandlung, Repressalien und seelische Folter, die die Mädchen ausgesetzt waren. Die meisten von ihnen wurden von ihrer eignen Familien wegen Befleckung der Ehre verraten und im Stich gelassen. 18 Monate Erlebnisse in dem Mädchengefängnis kommen einem wie 20 Jahre vor.