Einleitend heißt es dort: Für den Wiener Erzbischof,
Kardinal Christoph Schönborn, ist der Islam fixer Bestandteil der österreichischen
Gesellschaft. "Unsere österreichischen muslimischen Mitbürgerinnen
und Mitbürger gehören zu Österreich" (..). Schließlich
gelte in Österreich die Religionsfreiheit. Derzeit leben rund 600.000 Muslime
in Österreich, davon sind etwa 80 Prozent österreichische Staatsbürger.
Atheistische
Anmerkung: Über Religionszugehörigkeiten gab es in Österreich
letztmalig bei der Volkszählung 2001 eine amtliche Statistik, die Zahl
600.000 umfasst vermutlich alle Personen, die eine Herkunft aus Islamgegenden
haben. Ähnliches gibt es bei den Serbisch-Orthodoxen, diese Kirche deklariert
einfach alle Leute mit serbischer Abkunft für sich.
"Haben
schon dramatischere Krisen bewältigt"
Der Flüchtlingsstrom
und die damit steigende Zahl an Muslimen ängstigt den Erzbischof nicht.
"Wir haben schon dramatischere Krisen bewältigt." Österreich
habe aus der Geschichte heraus die Chance, ein Modell-Land für eine funktionierende
Integration zu sein. Den nötigen Background liefere, so der Kardinal, die
Zeit vom 18. bis ins späte 19. Jahrhundert. "In der Habsburger-Monarchie
hat das Miteinander verschiedener Kulturen und Glaubensgemeinschaften in dieser
Zeit hervorragend funktioniert."
Atheistische Anmerkung:
Bestimmt! Im 20. Jahrhundert die Weltkriege oder das Massenelend der Dreißigerjahre
und die klerikalfaschistische Diktatur, die massenhaft Österreicher in
die Arme der Nazis trieb. Was nicht heißen soll, dass die aktuelle Situation
vergleichbar dramatisch wäre, aber sie ist sicherlich dramatischer als
die sonstigen Friedenszeiten.
Zum angeblichen hervorragenden Funktionieren
des Miteinanders verschiedener Kulturen und Glaubensgemeinschaften in der Habsburger-Monarchie
sollte sich der Herr Erzbischof vielleicht doch ein bisschen mehr Gedanken machen
und Geschichte lernen. Führte das Habsburgerreich nicht den Titel "Völkerkerker"?
Und was passierte nach der Niederlage im 1. Weltkrieg? Das hervorragende Miteinander
zerplatzte innerhalb weniger Tage wie eine Seifenblase in neue Nationalstaaten.
Und
auch der Kirche schreibt Kardinal Schönborn bei der Integration von Flüchtlingen
eine wichtige Rolle zu. "Der christliche Glaube besitzt eine starke integrative
Kraft." Das zeige sich laut dem Kardinal besonders bei christlichen Flüchtlingen.
Hier funktioniere die Integration allein aufgrund der Glaubensgemeinschaft hervorragend.
Dasselbe gelte für den Dialog zwischen Christen und Muslimen. Beispielgebend
sei der intensive Dialog zwischen dem Iran und Österreich, der seit 20
Jahren auf verschiedenen Ebenen stattfinde.
Atheistische Anmerkung:
Als nach 1945 vertriebene Volksdeutsche nach Österreich kamen, gab es zwar
auch Probleme, die katholische Kirche hatte wenig Freude an der Rückkehr
von seinerzeit vertriebenen Protestanten, von den am 1. Oktober 1948 in Österreich
registrierten 328.798 Volksdeutschen gehörten etwa ein Viertel dieser
Religion an. Da Österreich alleine an direkten Kriegsopfer über 300.000
Einwohner verloren hatte, war diese Zuwanderung keine Belastung, sondern ein
Stütze des Wiederaufbaus! Mit dem Glauben hatte das wenig zu tun, aber
mit der Sprache und dem europäischen Hintergrund, es gab keinen ernsthaften
"Clash of Civilizations", auch wenn durchaus öfters Spannungen
zwischen Volksdeutschen und Einheimischen entstanden! Innerhalb einer Generation
erfolgte eine vollständige Assimilierung dieser Zuwanderer, das ist bei
Migranten mit Islamhintergrund in der dritten Generation noch immer nicht ausreichend
passiert, siehe etwa das Bildungsproblem: es besteht ein statistischer Zusammenhang
zwischen der Zahl der Schulabsolventen mit nicht ausreichenden Fähigkeiten
und der Zahl der Schüler mit Islamhintergrund, bildungsferne Traditionen
lassen sich nicht so rasch überwinden und das behindert wiederum die Integration.
Dass
sich Schönborn über den Dialog mit dem Gottesstaat Iran so freut,
ist bezeichnend. In Österreich gab es so einen Gottesstaat letztmalig unter
den Klerikalfaschisten Dollfuß und Schuschnigg.
"In
Notlage Familie sicherstes Netzwerk"
1945 floh der Kardinal mit seiner
Familie aus Böhmen nach Österreich. Diese Zeit habe ihn "sehr
geprägt, und zwar ein Leben lang", so Kardinal Schönborn. Eines
habe er dabei gelernt: "In der Notlage ist die Familie das sicherste Netzwerk."
Sechs Jahre lang lebte er mit seiner Familie bei Verwandten, bis sie schließlich
eine eigene erste Wohnung hatten. "Auch jetzt suchen viele Flüchtlinge
bei Verwandten Schutz, die schon hier leben."
Angesprochen auf den oft
beklagten Priestermangel antwortet Kardinal Schönborn differenziert: "Wir
haben kaum Priestermangel in den Ballungsräumen, aber dafür am Land.
Am Land erleben wir die Veränderung von der Dorf- zur Pendlerkultur. Das
verändert das Dorf- und das Pfarrleben." Das kirchliche Leben verlagere
sich zunehmend hin in geistlichen Zentren, zugleich werde die Kirche mobiler.
Eine Chance sieht Schönborn in den Diakonen, jenen verheirateten Männer,
die im Beruf stehen und sich kirchlich engagieren. "Sie werden das Bindeglied
zwischen der traditionellen Pfarre mit ihrem Priester und der neuen mobilen
Kirchengesellschaft sein."
Atheistische Anmerkung: Die meisten
Volksdeutschen aus anderen Staaten hatten noch in dörflichen Familienverbänden
gelebt und dadurch auch gemeinschaftlich die neue Lage bewältigt, damals
waren Baugründe billig, es gab staatliche Hilfen und die neuen Österreicher
errichteten Siedlungen, die oft spöttische Bezeichnungen wie "Batschka
City" oder "Neubanat" erhielten, siehe Bild, bis es soweit war,
lebte man in Barackenlagern.
Das
Problem hatte Schönborn natürlich nicht! Die Schönborns waren
bis zum Verbot des Adels im Jahre 1919 ein Grafengeschlecht gewesen und hatten
in Österreich natürlich hilfreiche gutsituierte Verwandte, als Häuselbauer
mussten die Schönborns darum nicht auftreten. In Wikipedia heißt
es zu den Schönborns: "Ab 1701 regierten die Schönborn die reichsunmittelbare Herrschaft Wiesentheid in Unterfranken, wodurch sie in den Hochadel
aufstiegen. Zugleich mit Wiesentheid waren durch Erbschaft Herrschaften
in der Steiermark und in Kärnten sowie bald darauf durch Kauf in
Niederösterreich, ab 1726 auch in Ungarn und gegen Ende des 18.
Jahrhunderts in Böhmen in den Familienbesitz gelangt". Dass der Nichtgraf Schönborn lobend und preisend der Monarchie nachweint, ist wenig
überraschend...
Der Priestermangel wird ja durch den noch größeren Mangel an aktiven
Gläubigen behoben. Trotz der Behauptung, es gebe in Ballungsräumen
keinen Priestermangel, will Schönborn in den nächsten Jahren in seiner
Diözese eine Zusammenlegung von Pfarren erreichen, bisher hat
das nicht funktioniert. In der Stadt Wien gibt es 167 Pfarren und 648.197 Kirchenmitglieder,
davon gehen zwei bis drei Prozent sonntags zur Messe, was bedeutet, dass etwa
100 Kirchbesucher pro Kirche auftreten, da könnte man wohl 80 % der Pfarren
auflassen und auf eine mobile Kirchengesellschaft setzen. Da aber die paar Kirchgeher
meistens alte Leute sind, die vielleicht nimmer sehr mobil sind und sich wohl
auch nicht aus ihrer gewohnten Umgebung reißen lassen wollen, haben die
seit 2012 eingeleiteten Bemühungen um eine Strukturbereinigung noch kaum
was gebracht.
Der Glaube hat selbst unter katholischen Kirchenmitgliedern kaum noch eine
integrative Kraft. Und im Islambereich hat der Glaube eine integrative Kraft
bei der Etablierung von Parallelgesellschaften. So schaut's aus!