Ganz im Gegenteil, die Krisenherde werden
befeuert durch ein Wettrüsten der Supermächte und ein Aufflammen der
regional bewaffneten Auseinandersetzungen. Die Auswirkungen der Flucht
haben nicht nur kriegerische Ursachen, sondern auch ökonomische Folgen.
Die sozialen Auswirkungen der Fluchtbewegungen
werden wir bis in die nächsten Jahre und Jahrzehnte spüren. Die
ökonomische Bilanz wurde alleine für Österreich mit einer Milliarde Euro
für 2016 beziffert, sofern die Antragszahlen nicht steigen. Die
sogenannten politischen Eliten sind gefangen zwischen mit
Wertvorstellungen getränkten Wählersorgen, ökonomischen
Herausforderungen und moralischen Aspekten. Ein Hin und Her zwischen den
Befürwortern einer "offenen" und einer "geschlossenen Tür". Das
Resultat ist breite Verunsicherung, Ängste und Verwirrung in der
Bevölkerung. Die moralische Einstellung zur Flüchtlingsthematik ist auf
verwirrende Weise mit Haltungen zu Armut, Rassismus, Nationalismus und
Religion verknüpft, im Speziellen zur gegenwärtigen Erscheinungsform des
Islams. Die Verschuldensfrage für diese Zustände ist mehr als komplex.
Den meisten Ursachen liegt eines zu Grunde:
mangelnde Bildung! Bildung nicht nur im Sinne von Anhäufen von Wissen
und sozialen Kontakten, sondern Herzensbildung, Liebe, Respekt vor sich
selbst, seinen Mitmenschen, der Natur, den Tieren gegenüber. Wir sind
als hoch entwickelte Gesellschaft noch immer nicht bereit, hierfür die
entsprechenden Änderungen im Bildungssystem herbeizuführen. Deswegen
werden auch die Probleme nicht weniger, die wir trotz hoher
technologischer Leistungen und wissenschaftlicher Erkenntnisse versuchen
in den Griff zu bekommen.
2016 muss das Jahr der Veränderungen werden.
Nicht nur wegen der Erderwärmung. Nicht nur wegen des
Vertrauensverlustes gegenüber den Politikern. Nicht nur, weil die Schere
zwischen Arm & Reich immer weiter auseinandergeht und uns der
Mittelstand de facto wegbricht. Nicht nur, weil Wirtschaft und Industrie
laut darüber nachdenken, ob sie in Österreich überhaupt noch
investieren sollen. Nicht nur, weil die Wettbewerbsfähigkeit der
Industrie durch das sich verschlechternde Investitionsklima in Gefahr
ist, und nicht nur, weil wir ein überbordendes Steueraufkommen haben.
Die Ursachen für Österreichs Strukturprobleme und die Zunahme der
relativen Armut liegen im Geist einer grundlegenden Reformverweigerung.
2016 stehen keine bedeutenden Wahlen an, daher wäre es die allerletzte
Möglichkeit, tiefgreifende Veränderungen in den Bereichen Steuern,
Förderwesen, Bildung, Verwaltung, Gesundheit und Pensionen
durchzuführen, ehe wir gegen die Wand fahren.
Efgani Dönmez ist ehemaliger Bundesrat der Grünen