Wer stört
bei der Demokratie? Der Souverän, der Bürger. Dauernd hat er
Ansprüche, die den Interessen der Mächtigen widerstreben (Bild: geralt,
pixabay).
Wo nun wieder die Unterschiede zwischen Arm und Reich in den Blickpunkt geraten sind (siehe auch Je reich, desto arm und Je reich, desto arm II), wundert sich nicht nur die Süddeutsche Zeitung, warum sich die Armen so rumschubsen lassen. Der Artikel vom 26.1. heißt Milliardäre und Arme – Das Vermögensrätsel.
Die deutsche Grundsteuer ist im internationalen Vergleich niedrig, die
Erbschaftsteuer wird überkompensiert durch Subventionen (siehe Beim Staat gibt’s viel zu erben) und die Vermögensteuer wird seit
1997 nicht mehr erhoben.
Und niemand regt sich darüber auf, dass die 62 Reichsten soviel
besitzen wie die unteren 50% der Weltbevölkerung. Oder gibt es doch ein
kleines gallisches Dorf, das aufmüpfig wird? In diesem Fall sogar Teile
von Gottes eigenem Land. USA – Amerikaner verlieren Angst vor der Revolution, schreibt wiederum die SZ am 26.1.: In
den Vereinigten Staaten wächst die Wut der Mittelschicht. Sie merkt:
Wirtschaftswachstum bedeutet nicht mehr Wohlstandswachstum.
Die SZ geht der Frage nach, wie es kommt, dass viele US-Bürger die
Angst vor der Revolution verloren haben. Linke wie Rechte träumen
demnach vom Umsturz, und Visionäre, Lautsprecher und Ideologen stehlen
den etablierten Präsidentschaftskandidaten die Show.
Das liegt daren, dass Leistung und Verdienstmöglichkeiten sich
voneinander entkoppelt haben. Bevor die Deregulierung Ende der
1970er-Jahre Macht gewann, profitierten Arme und Reiche gemeinsam vom
Fortschritt. Dann öffnete sich die Kluft, und die Privilegierten
kassierten die gesamten Wohlstandsgewinne. Heute verfügen die reichsten 0,1% über genauso viel Vermögen wie die ärmsten 90%, und das gilt nicht nur für die USA. Dort trugen
Grund-, Grunderwerb-, Erbschafts- und Schenkungsteuer zumindest 10,7%
zum Gesamtsteueraufkommen bei, in Deutschland waren es nur 2,4% (Bild:
geralt, pixabay).
Aber das kleine gallische Widerstandsnest liegt in den USA. Von dort kommen jetzt radikale Forderungen wie Guy Kirsch – Ökonom fordert 100 Prozent Erbschaftsteuer (nochmal die SZ vom 27.1.).
Aus Deutschland vernimmt man weniger entschiedene Töne, aber immerhin
gibt es eine Pressemitteilung von Sahra Wagenknecht vom 18.1. Absurde Vermögenskonzentration ist Staatsversagen:
"Die Große Koalition hat vor dem Geldadel kapituliert und damit die
Interessen von 99 Prozent der Bevölkerung in den Wind geschrieben.
Staatsversagen und extrem ungerechte Vermögensverteilung sind zwei
Seiten derselben Medaille. Auf der einen Seite ist die Regierung in
Deutschland nicht mehr dazu in der Lage, die Einhaltung der Gesetze und
ein Minimum an Sozialstaat zu garantieren, weil ihr angeblich für mehr
Polizisten oder armutsfeste Renten das Geld fehlt. Auf der anderen Seite
konzentrieren sich immer riesigere Milliardenvermögen in immer weniger
Händen und ihre Eigentümer werden steuerlich zusätzlich begünstigt.
Damit muss endlich Schluss sein.
DIE LINKE fordert u.a. die Vermögenssteuer auf Vermögen ab einer
Million Euro wieder einzuführen. Eine gerechtere Verteilung des
gesellschaftlichen Reichtums ist auch die Voraussetzung für ein
nachhaltiges Wirtschaftswachstum.“
Damit
ist die Zeit für ein paar von den versprochenen Illusionen gekommen
(Bild: ClkerFreeVectorImages, pixabay). Auch da wird man bei der SZ
fündig, Großkonzerne – EU verschärft Kampf gegen Steuertrickser (27.1.). Es geht um schöne neue Regeln, aber: Ob
die neuen Vorschläge der Kommission tatsächlich umgesetzt werden, hängt
an den EU-Mitgliedsstaaten. Sie müssen die Regeln einstimmig
beschließen. So steht es im EU-Vertrag. Wie effizient das bisher geklappt hat, steht bei wissenbloggt in Pakt gegen Steuerflucht wirkungslos.
Die Ausbeute bei der SZ gibt noch mehr Mäh-Effekte her, durch einen Link zum Sonderbericht Finanzieller Beistand für Länder in Schwierigkeiten
des Europäischen Rechnungshofs (2015). Da geht es nicht ums Kassieren
von Steuern, sondern ums Ausgeben. Der Bericht nimmt nicht ernsthaft
Anstoß an den Rettungspraktiken, sondern nur am Procedere. Da hätte er
gern besseren Datenfluss gesehen. Ob und wieweit die Retterei durch
demokratische Mandate abgedeckt war, ist nicht das Thema – der
Europäische Rechnungshof hat den Euro-Politikern nicht wehgetan.
Und nochmal hilft die SZ weiter, mit Finanzkrise – Italien darf seine Banken retten (27.1.): Banken in Italien leiden unter faulen Krediten. Muss am Ende doch wieder der Steuerzahler einspringen?
Nein, sagt laut SZ die EU-Kommission. Sie erlaube nun aber trotzdem,
dass der Staat Geldinstituten bei der Bewältigung risikobehafteter
Kredite helfen darf – also wieder nix als Gerede. Das wurde schon in dem
wb-Artikel angedeutet Zeitenwende zum Jahresanfang bei der Bankenunion?
Da hatte der Grünen-Sprecher Sven Giegold das Wort, und nun bekommt er
es noch einmal. Es ist das werweißwievielte Beispiel für
Illusionsbewältigung in der Eurozonen-Politik, wahlweise auch bei der
deutschen und der US-Politik. Diesmal geht es um den EIOPA-Stresstest,
Stand 26.1.:
Betriebliche Altersversorgung in Existenznot. In Deutschland fehlen mindestens 33 Milliarden Euro.
(das ist auf atheisten-info ebenfalls online, bitte hier weiterzulesen!)
Wissenbloggt-Links dazu:
> Systemfehler in der globalen Ökonomie
> Arbeiter_innen außen vor
> Sorgen über Europa
> Megatrend Ungleichheit
> Gegen die Armut
> Reload 1970
> Das metamurphysche Prinzip es geht schief, weil es schiefgehen soll