Ein Kalter Krieg ist dem Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nicht
genug. Da heizt er doch lieber noch an: Angeblich habe der russische Präsident
Putin mit der Anwendung von Atomwaffen gedroht. Erzählt er der BILD-Zeitung.
Kein Beweis. Kein Zitat. Macht nichts. Die BILD-Zeitung verbreitet die Lüge
erst mal. Weil die NATO eine Kriegs-Stimmung braucht. Für mehr Ängste.
Für mehr Rüstung. Für mehr Spiel mit dem Feuer. Das macht Stoltenberg
nicht ohne Auftrag. Er bedient seine Auftraggeber in den USA.
Heiß
ist der Krieg in Syrien. Er wird nicht kälter werden, wenn der NATO-Partner
Türkei, der neue Freund von Frau Merkel Erdogan, die Kurden auf syrischem
Gebiet beschießt. Das waren doch mal die Helden von Kobane. Aber weder
mag Frau Merkel das von ihr jüngst hervorgebrochene "Entsetzen"
wiederholen, noch wollen die deutschen Medien erneut schwerste Gefühle
heucheln. Kurden bringen in der Syrien-Kriegs-Schuldfrage einfach keine Punkte.
Auch der angedrohte Eimarsch türkischer und saudischer Truppen nach Syrien
ruft keine Erregung hervor. Nicht einmal ein irres Gelächter. Denn der
Einmarsch der beiden US-Freunde wird mit dem "Kampf gegen den IS"
begründet. Ausgerechnet die Türkei, die den Öl-Handel des IS
organisierte bis die Russen die Tanklaster bombardierten, und ausgerechnet die
Saudis, von denen die verquere IS-Auslegung des Korans stammt, von denen beträchtliche
Spenden für Truppen und Waffen des IS stammen, geben vor ihren Bastard
bekämpfen zu wollen. Es geht in Wahrheit um nichts anderes, als um zumindest
ein Stück des kaputten Syriens, das sich die beiden Regionalmächte
unter den Nagel reissen wollen. Tiefes Schweigen bei der Kanzlerin. Stottern
beim Außenminister. Ja, wenn es die Russen wären...
Es
war der russische Regierungschef, Dmitri Medwedew, der jüngst die Münchner
UN-Sicherheitskonferenz mit den kühlen Eischätzung bedachte, das wieder
Kalter Krieg herrsche. Der deutsche Aussen-Meier zeigte daraufhin das, was
er am liebsten macht: Diese unnachahmliche Kombination von Kopfschütteln
und Schulterzucken. Und die deutschen Medien fanden den Medwedew-Satz "drastisch",
"schrill" oder auch "wirr". Aber die deutschen Medien haben
ohnehin große Mühen mit der Wirklichkeit, wenn sie ihnen im Weg steht.
Doch der neue Kalte Krieg, erklärtermaßen gegen Russland gerichtet,
ist in seinen Epi-Zentren längst schon so heiß wie möglich.
Der
afghanische Krieg - von seinem CIA-Sponsoring der Taliban bis zum andauernden
Kampf der US-Freunde für ihre Vorherrschaft im Land - hatte immer
auch eine weitere geostrategische Richtung: Die angrenzenden islamisch grundierten
Nachfolgestaaten der Sowjetunion - Turkmenistan, Usbekistan, Tadschikistan
- dürfen sich immer bewußt sein: Frieden gilt nur so lange,
so lange die USA nicht die westliche Freiheit gefährdet sieht. In Usbekistan
ist ein NATO-Flughafen installiert. In Tadschikistan fungiert die Deutsche Botschaft
zugleich als NATO-Vertretung. Turkmenistan stellt der NATO Flughäfen zur
Verfügung.
Der georgische Krieg mit dem russischen Nachbarn 2008
diente ebenfalls der Erinnerung an die hegemonialen Ziele der USA. Der ukrainische
Krieg, auf kleiner Flamme gekocht aber keineswegs "kalt", ist
hinter seiner dünnenn Tarnung zivilgesellschaftlicher Bestrebungen unschwer
als Feuer zur Wärmung des westlichen Lagers zu erkennen. Moldawien, nahe
genug an Russland, um als militärisches Vorfeld zu gelten, beteiligte sich
jüngst an NATO-Manövern. Und ein rumänischer Ministerpräsident,
das Land ist natürlich ordentliches Nato-Mitglied, darf schon mal zur Vereinigung
von Moldawien und Rumänien aufrufen.
Kalter Krieg? Was wäre
wenn Russland die völlig berechtigten Ansprüche Mexikos auf die heutigen
US-Staaten Arizona, Kalifornien, Nevada, Utah sowie Teile von Colorado, New
Mexico und Wyoming unterstützen würde? Jenes 1,36 Millionen Quadratmeter
große Gebiet, das die USA 1848 den Mexikaner in einem ungerechten Krieg
abgeköpft haben? Der heiße Krieg wäre schneller unterwegs, als
man das Wort Kriegserklärung aussprechen kann. Geht es nach der trägen,
korrumpierten und unredlichen deutschen Öffentlichkeit, sind die Kriege
der USA unvermeidlich gute Kriege: Das galt für den Irak ebenso wie für
Libyen, obwohl dort weder Freiheit noch Demokratie hergestellt wurden. Nur Tod
und Trümmer sind als Ergebnisse erkennbar. Auch der Syrien-Krieg, von Beginn
an durch die US-Freunde Saudi Arabien und Katar entfacht und bis heute von der
CIA fachmännisch betreut, ist zu einem Vernichtungskrieg geworden, der
unter dem Slogan "Assad muss weg" jede staatliche Struktur zertrümmert.
Ja,
Russland ist ein kapitalistischer Staat, darin den USA gleichend. Ja, auch Russland
hat Interessen, die es durchsetzen will. Tatsächlich gehen die jüngsten
Kriege aber nicht auf das Konto Russlands. Und Russland hat in seinen Anrainerstaaten
auch nicht 3,4 Milliarden Dollar aufgewendet, um die Bestände an schweren
Waffen, gepanzerten Fahrzeugen und anderen militärischen Ausrüstungsgütern
in Mittel- und Ost-Europa aufzustocken, wie Obama das jüngst ankündigte:
Als eine "Initiative zur Beruhigung der Europäer". Wer bei Verstand
ist, der wird sich beunruhigt fühlen. Denn während die Russen bisher
nur den Status Quo verteidigen, wollen die USA ihre Machtgrenzen ausweiten.
Möglichst bis nach Moskau. Man kann den Russen nicht raten, sich zu
ergeben. Und man kann den Deutschen nur abraten, sich an der Seite der USA an
einem Gefecht zu beteiligen, das nicht zu gewinnen ist. Denn, so zitierte Dmitri
Medwedew in München den ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy:
"Innenpolitik kann dazu führen, dass man Wahlen verliert, Außenpolitik
aber, dass man sein Leben verliert."