Verbrechen an Kindern müssen angezeigt werden

Überraschung! Diese Vorgangsweise wurde am 16.2.2016 von Radio Vatikan als Beschluss der vatikanischen Kinderschutzkommission bekanntgegeben!

Es heißt dort: "Sexuelle Vergehen an Kindern durch Kleriker müssen nicht nur innerkirchlich angezeigt werden, sondern auch den zuständigen staatlichen Autoritäten gemeldet werden. Das hat an diesem Dienstag Kardinal Sean O´ Malley, Präsident der von Papst Franziskus eingerichteten päpstlichen Kinderschutzkommission, in einer Aussendung nochmals unterstrichen.
Wörtlich betont Kardinal O´Malley: 'Wie Papst Franziskus so klar gesagt hat: Die Verbrechen und Sünden des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen dürfen nicht länger geheim gehalten werden. Wir, Präsident und Mitglieder der Kinderschutzkommission, möchten nochmals darauf hinweisen, dass wir unseren durchs Zivilgesetz geregelten Pflichten nachkommen müssen, doch über diese Verpflichtungen hinaus tragen wir die moralische und ethische Verantwortung dafür, Verdachtsfälle von Kindesmissbrauch den zivilen Behörden zu melden, die mit dem Schutz unserer Gesellschaft betraut sind.'
Im weiteren Verlauf des Statements weist der Kardinal darauf hin, dass es in den Vereinigten Staaten bereits seit geraumer Zeit zur Vorbereitung der neuen Bischöfe gehöre, zu lernen, wie mit derartigen Verdachtsfällen umzugehen sei.  (..)"

Weil seinerzeit war es eine Selbstverständlichkeit, dass ein kinderschändender Priester bei seiner Tätigkeit keine behördliche Störungen zu befürchten hatte!

Meine Mutter berichtete uns vom seinerzeitigen Dorfpfarrer in den 1920er-Jahren in einer mühlviertler Pfarre, der in der Schule, die ihm als geschlechtsreif erscheinenden Mädchen während des Religionsunterrichtes liebevoll streichelte und abtatschte, sich dabei unter der Soutane einen abwichste und geeignete Kandidatinnen dann zu Beichtgespräche einlud und dort vögelte. Die ganze Pfarre kannte diese pfarrerlichen liebenvollen Bemühungen um die Schuldirndln, aber niemand getraute sich gegen den hochwürdigen Herrn Pfarrer was zu unternehmen. Als sich der durch den Zölibat zum Sexualstrolch gewordene Lüstling dann an der Tochter eines größeren Bauern verging und diese das ihrem Vater erzählte, getraute sich dieser Mann allerdings, dagegen einzuschreiten. Er ging nicht zur Gendarmerie, er fuhr nach Linz zum Bischof und erzählte ihm die Geschichte. Der Bischof tat das, was fast bis in die Gegenwart die katholische Kirche tat, wenn sowas aufflog, er versetzte den Priester und der konnte ungestraft andernorts weitermachen. Offiziell war nichts passiert, die Pfarre erhielt einen neuen Pfarrer. Dieser vögelte alsbald eine alleinstehende Lehrerin und die Leute waren froh darüber, dass die Schulmädchen jetzt nimmer geschändet wurden.

Das funktionierte bis in die Fünfzigerjahre des vorigen Jahrhunderts, dann musste der Vatikan eine zentrale Regelung treffen, weil die bisherige Methode des sozusagen vollautomatisierten Totschweigens manchmal nimmer funktionierte.

1962 trat ein Geheimerlass des Papstes an die Bischöfe in Kraft, in welchem die konkrete Vorgangsweise beim Vertuschen von klerikalen Sexualverbrechen geregelt wurde. Es wurde die strengste Schweigepflicht im Umgang mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs verhängt (auch die Opfer hatten zu schweigen!!), jene, die darüber offen sprächen, wurden mit der Exkommunikation bedroht, was damals noch eine wirkungsvolle Strafe war, weil sich Gläubige fürchteten, als Exkommunizierte nicht in den Himmel, sondern in die Hölle zu kommen. Erstmals wurde am 17. August 2003 öffentlich über diese vatikanische Anordnung vom britischen Observer berichtet. Damals waren ja schon trotz des Vertuschungserlasses immer wieder solche Straftaten bekannt geworden, in Österreich z.B. 1995 der Fall Groër, in den USA liefen gegen Priester und Diözesen eine Reihe von Schadenersatzklagen, die Vertuschung funktionierte nimmer 100prozentig, in Österreich musste Kardinal Groër trotz größter, von der Kronenzeitung massivst unterstützter Vertuschungsbemühungen zurücktreten.

Im Vatikan verfasste 2001 Joseph Ratzinger, der damalige Leiter der nun "Glaubenskongregation" genannten früheren Inquisition, eine neue Vertuschungsordnung, die von Papst Wojtyla erlassen wurde. Darin wurden als schwere Straftaten angeführt:
"Das Verführen eines anderen zu einer Sünde gegen das sechste Gebot des Dekalogs bei der Spendung des Bußsakramentes oder bei Gelegenheit oder unter dem Vorwand der Beichte, wenn dies zur Sünde mit dem Beichtvater führt."
"Die von einem Kleriker begangene Straftat gegen das sechste Gebot des Dekalogs mit einem noch nicht 18jährigen minderjährigen Menschen."
Weiters hieß es dort: "Nur diese oben namentlich aufgezählten Straftaten sind der Glaubenskongregation als Apostolischem Gerichtshof vorbehalten." Und: "Prozesse dieser Art unterliegen der päpstlichen Geheimhaltung". Es war also verboten, Anzeigen bei staatlichen Behörden zu tätigen oder die Straffälle an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen. Die kirchlichen Strafen für klerikale Sex-Täter bestanden allerdings schlimmstenfalls in der Entlassung aus dem Priesteramt.

2004 gab es dann in Österreich den TV-Auftritt von Michael Tfirst, dessen Vorwürfe jedoch noch weggeheuchelt werden konnten.

Aus der Stellungnahme der Diözese:

der TV-Bericht hatte keine Folgen für die r.k. Kirche...

Erst 2010 platzte dann die ganze Heuchlerblase endgültig als der Leiter des Berliner Canisius-Kolleg selber die dort geschehenen Untaten an die Öffentlichkeit brachte, damit wurde quasi innerkirchlich der Damm gebrochen und katholische kinderschändende Kleriker haben es seither etwas schwerer.

Und der inzwischen zum Papst aufgestiegene Ratzinger erließ noch eine Neuregelung, die "Normen über schwerwiegendere Delikte". Es änderte sich jedoch nicht viel, vor allem wurde keine Anzeigepflicht von kirchlichen Stellen bei den staatlichen Behörden festgelegt und die Pflicht zur Geheimhaltung nicht aufgehoben.

Nun sind wir im Jahre 2016, möglicherweise richtet man sich jetzt im Vatikan darüber, eine Anzeigepflicht bei den weltlichen Behörden einzuführen.
Das ist aber derweilen noch bloß eine Absichtserklärung. Papst Franz hat das noch nicht verfügt, die in der Meldung von Radio Vatikan angeführte Vorbereitung von neuen US-Bischöfe, zu lernen, wie mit derartigen Verdachtsfällen umzugehen sei, ist derweilen kein allgemeiner Bestandteil des Kirchenrechtes.

Also Herr Franz im Vatikan, verkünden Sie öffentlich die verbindliche Verpflichtung, "Verbrechen an Kindern müssen angezeigt werden"!