Religionskritik verboten!

Diesen Eindruck kann man auf der Leserbriefseite der OÖNachrichten erwerben.

Am 12.3.2016 hatte Efgani Dönmez seine wöchentliche Kolumne in den OÖN mit einem Dalai-Lama-Zitat eingeleitet, Religionen kritisiert und Menschen voller Liebe eingefordert. Am Samstag war ich anderer Meinung als Dönmez, ich sehe den Dalai Lama als großen Heuchler, weil er der Repräsentant eines System ist, das die ihm untergeordneten Menschen jahrhundertelang auf erbärmlichste Weise psychisch terrorisierte, davon hat sich der Lama bisher nicht distanziert, siehe "Colin Goldner über den tibetischen Buddhismus". Und von der von Dönmez verordneten Liebespflicht halte ich auch nix, weil sowas lässt sich nicht züchten.
Aber zwei christliche Leserbriefe zur Dönmez-Kolumne lassen mich nun am 14.3.2016 nachliefern, zuerst der Dönmez-Artikel:

Fleischgewordener Albtraum für Nationalisten

Wissen Sie, wer der bekannteste Flüchtling auf der Erde ist? Er sagte: "Ich kenne keine Feinde. Es gibt nur Menschen, die ich noch nicht kennengelernt habe."
Dieser Flüchtling hegt keinen Hass gegenüber seinen Verfolgern. Dieser Flüchtling vertritt die Meinung, dass wir nicht als Mitglied einer bestimmten Religion auf die Welt kommen. Dieser Flüchtling sprengt alle nationalen, religiösen und kulturellen Grenzen. Ein fleischgewordener Albtraum für jeden Nationalisten und religiöse Institutionen.
All die Kriege, die politischen Sackgassen, in denen wir uns befinden, der Klimawandel, die Frage der Verteilung von Reichtum, Migrationsströme - all diese Probleme werden wir mit unserem bisherigen Denken und dem daraus resultierenden Handeln nicht lösen können.
Alle Religionen und Heilige Schriften tragen ein Gewaltpotenzial in sich. Dieser Flüchtling ist der Überzeugung, dass Menschen ohne Religion auskommen können, aber nicht ohne innere Werte, nicht ohne Ethik. Die Buchreligionen reden von Liebe, doch meist resultiert das Gegenteil daraus. Die Christen reden von Liebe und haben Kriege und Kreuzzüge geführt. Die Muslime reden von Barmherzigkeit und Liebe und führen ihre Heiligen Kriege und Dschihads.
Wenn man nicht mit sich selber und der Natur im Einklang ist, dann ist man aus dem Gleichgewicht. Ein idealer Zustand, um Hass gedeihen zu lassen. Auswüchse einer solchen Haltung sind, dass Liebe zu einem Land, zu einer Kultur in der Form bewiesen wird, indem man andere Länder und Kulturen hasst. Zugespitzt formuliert könnte man sagen, der Klerus und die Politiker sind die Feinde der Menschen. Sie stecken unter einer Decke, denn der Politiker will den Menschen beherrschen und der Klerus die Seele. Man bedient sich derselben Rezeptur - der Zerstörung der Liebe. Denn dann ist der Mensch innerlich leer, eine Existenz ohne Sinn. In solch einem Zustand ist der Mensch manipulierbar, ängstlich und empfänglich für Hassbotschaften.
Menschen voller Liebe sind voller Mut, Liebe nimmt die Angst.
Wir haben Polizei- und Militärakademien, wo Strategien für Schutz, Verteidigung und gezieltes Töten gelehrt wird, aber in unseren Schulsystemen keinen Ethik-Unterricht. Eine säkulare Ethik als Unterrichtsfach, in dem innere Werte wie Achtsamkeit, Mitgefühl, Streben nach Glück und Liebe in den Vordergrund gerückt werden, würden die Erkenntnis reifen lassen, dass alle Menschen nach demselben streben - unabhängig davon, welcher Kultur, Religion oder Nation wir angehören.
Damit würden wir einen essenziellen Grundstein dafür legen, dass Konflikte und Kriege ein Ende finden und Flüchtlinge, wie der Dalai Lama, erst recht nicht ihre Heimat verlassen müssen.

Leserbrief von Dr. Gerold Lehner, Superintendent der evangelischen Kirche: "Fleischgewordener Traum eines Populisten"

Dass der Dalai Lama der Alptraum eines jeden Nationalisten ist, das mag sein.
Ich fühle mich nicht kompetent, diese Frage zu beurteilen. Was ich mich aber getraue zu sagen, ist, dass der Artikel von Efgani Dönmez der Traum eines jeden Populisten sein müsste: vollmundig, pauschalierend, schwarz-weiß malend, aburteilend, von Sachkenntnis unangefochten, arrogant... Ein eindrückliches Lehrstück für alle, die sich in dieser Kunst üben wollen.
Irritiert hat mich einzig, dass man dieses Lehrstück irrtümlich abgedruckt hat. Ansonsten aber zolle ich meinen Respekt: Ich finde es geradezu großartig, wie im Namen der Liebe über andere gesprochen wird. Eine tolle Lektion darin, dass sich Populisten selbstverständlich nicht an die von ihnen eingemahnten Maßstäbe halten müssen.
Großartig auch, wie man einen interessanten Satz ("Ich kenne keine Feinde. Es gibt nur Menschen, die ich noch nicht kennengelernt habe") zitieren kann, aber den christlichen Religionsunterricht in den Schulen unter der Hand der Nicht-Vermittlung innerer Werte beschuldigt - sicherlich aus hoher Sachkenntnis heraus. Und vollends möchte man jubeln, wenn man Sätze liest wie "Der Klerus und die Politiker sind die Feinde der Menschen." Genialerweise wird der Satz auch noch als "zugespitzt formuliert" bezeichnet. Wie subtil!
Ich finde es wunderbar, dass wir nun endlich nicht mehr den amerikanischen Wahlkampf betrachten müssen, um zu lernen, wie man das macht, heiße Luft mit schlechtem Geruch zu produzieren. Nein, es geht nun original "made in Upper Austria".
Es wäre mir doch lieber, solche Lehrstücke im "Handbuch für Agitatoren und Populisten" zu finden. Das habe ich nämlich nicht abonniert.

Soweit der Herr Superintendent (das ist eine protestantische Variante des Bischofs), er befiehlt also den OÖNachrichten die Zensur von Ansichten, die von seinen protestantisch-christlichen abweichen. Weil die Vermittlung religiöser Werte in den Schulen durch die Religionsgemeinschaften ist vermutlich eine heilige staatliche Pflicht und darf keinesfalls durch einen religionsfreien Ethikunterricht abgelöst werden, ja das darf nicht einmal in der Zeitung stehen! Denn sowas zu fordern, ist populistisch!

Als populistisch wird üblicherweise die FPÖ bezeichnet. Die FPÖ hat aber nie einen religionsfreien Ethikunterricht gefordert, sondern ist sogar für ein "Abendland in Christenhand" eingetreten und der Strache hat mit einem Kreuz in der Hand wahlgekämpft!

Wenn Dönmez den Klerikern und Politikern vorwirft, in Vertretung ihrer jeweiligen Interessen als Feinde anderer Menschen aufzutreten, dann wehrt sich der Herr Superintendent, weil sowas darf man in Upper Austria nicht sagen, so redet der Donald Trump daher.

Dazu ein Kommentar in den OÖN zum bischöflichen Leserbrief: "Dass Sie als 'Bischof' der Evangelischen Kirche in OÖ das Gewaltpotential von Religionen bestreiten, verwundert. Religionen wähnen sich immer im Besitz der absoluten Wahrheit, es ist also nur logisch diese 'Wahrheit' allen anderen vermitteln, ja aufzwingen zu wollen. Als Evangelischer , dessen Kirche drei Jahrhunderte vom Katholizismus aus diesen Gründen verfolgt wurde, sollten Sie doch eines besseren belehrt sein. Politische Ideologien wie der Kommunismus und andere beanspruchen ebenfalls die 'absolute Wahrheit' für sich, dulden keinen Zweifel, keine Abweichung. Genau das hat Efgani Dönmez gemeint , Religionen aller Art bergen deshalb den Keim des Unheils per se in sich. Nicht Dönmez ist amerikanisch-populistisch sondern ein Superintendent der diese Zusammenhänge nicht erkennen will."

2. Leserbrief von Susanne Zehetner, Kirchberg-Thening -
Ablehnung aller Religionen

Zu Frau Zehetner ist vorzubemerken, dass sie nach dem Attentat auf Charlie Hebdo im Jänner 2015 einen Leserbrief in der Kirchenzeitung veröffentliche, in welchem sie wegen der religionsfeindlichen Charlie-Hebdo-Karikaturen die "Überprüfung unseres Verständnisses von Meinungsfreiheit" anregte.

Nun ihr am 14.3. veröffentlichter Brief:
In seiner Kolumne hat Herr Dönmez seine Ablehnung aller Religionen, auch der christlichen, deutlich ausgedrückt.
Es sei ihm unbenommen, das Paradies in einer religionslosen Welt zu suchen und wegzuschauen, wenn Liebe und Hilfe für Mitmenschen auch von sehr religiösen Menschen kommen. Oder auszublenden, dass sich Hitler, Stalin und Mao, also die Mörder von Abermillionen, als Atheisten sahen. Aus verschiedenen Gründen wird es auch zu dieser Kolumne große Zustimmung geben. Für jene aber, die sich von den pauschalierenden Vorwürfen irritiert fühlen, obwohl harte Urteile bisher nur Muslime trafen (immer berechtigt?).
Man muss ja Herrn Dönmez‘ Meinungen nicht vom Tisch wischen, aber man möge seine Ablehnung jeder Religion "mitlesen", wenn er über Muslime oder den Islam schreibt.

Soweit die Frau Zehetner. Hier überrascht wieder einmal, dass Hitler zum Atheisten befördert wird. Er war Katholik, ist nie aus der Kirche ausgetreten und wurde auch nie exkommuniziert, in "Mein Kampf" hat er sich bezüglich der Judenverfolgung auf den "Allmächtigen" berufen ("So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn") und auf den Gürtelschnallen der Wehrmacht stand rund um den Reichsadler samt Hakenkreuz "Gott mit uns".

Stalin hatte eine solide religiöse Ausbildung, er hatte Theologie studiert und machte aus dem Marxismus eine Religion, was man z.B. auch an den Stalinschriften erkennt: der neue Kommunistengott schrieb in einem sehr katechetischen Stil.

Die Ablehnung des Islam erscheint Frau Zehetner noch nachvollziehbar, aber in der Zeitung öffentlich alle Religionen zu kritisieren, das verstößt gegen  .... , äh wogegen verstößt das? Vermutlich gegen den festgefügten Katholizismus der Frau Zehetner, darum will sie sowas in ihrer Zeitung nicht lesen und diese hat das daher zu unterlassen! Dann stimmt die Welt im christlichen Abendland wieder. Zu dumm, dass es das christliche Abendland, das nur christliche Ansichten duldet, schon länger nimmer gibt...

PS: der Rechtspopulist Strache hat übrigens deutlich Stimmen verloren als er mit einem Kreuz für ein "Abendland in Christenhand" wachelte, die Menschen wollen keine islamische "Bereicherung" und sie wollen auch nicht zurück unter die christliche Fuchtel...