In der Moderne...

Gysi denkt über Koalition mit CDU nach

Arnold Schölzel am 17.3.2016 in der letzten linken Tageszeitung in Deutschland

Gregor Gysi wünschte sich am Dienstag im Bayerischen Rundfunk eine »moderne demokratische Rechte«, mit der auch die Linkspartei koalieren kann, er wolle für eine »moderne demokratische Linke« sorgen. Erstere regiert allerdings in Gestalt der Kriegs- und Hartz-IV-Parteien von CDU/CSU über SPD bis Grüne seit mindestens 18 Jahren - nun ergänzt durch die AfD.

Medien und die in Berlin Regierenden hatten bei deren Auftauchen den eigenen Stallgeruch erkannt: Das sind welche von uns. Keine öffentlich-rechtliche Talkshow-Redaktion, die nicht einen von denen aufs Sofa setzte, kein »Qualitätsblatt«, das nicht den »aristokratischen« Ex-CDU-Staatssekretär Alexander Gauland hofierte und Ex-FAZ-Redakteur Konrad Adam lauschte. Inzwischen gehören sie, Frau Petry und Frau von Storch einfach dazu. Deren Gefolge von rassistischen Pöblern und Neonazischlägern wurde pflichtgemäß mit Igittigitt bedacht - deutsche Fremdenfeindlichkeit ist schlecht für die Exportquote -, die Abkunft der Eingeladenen in TV und Presse vom Stamme Neoliberalismus spielte aber keine Rolle. Da hätten die Herrschaften ja über sich selbst und die Regierenden seit 1998 reden müssen. Die AfD demonstriert, was »modern« bei der Rechten ist: die Politik der Fürsorge für Reiche und der Schikane für Nichtbesserverdienende viel konsequenter als CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP proklamieren und zugleich den krawalligen Unmut dagegen salonfähig machen. Nein, eine SA möchte das Bürgertum diesmal noch nicht herumlaufen sehen, die wird nicht gesponsert. Bislang reicht es, wenn Neonazigewalttaten unter fürsorglicher Begleitung von Polizei und »Verfassungsschutz« alltäglich werden und eine Drohkulisse bilden, vor der andere sich trauen, öffentlich das zu sagen, was sie schon lange loswerden wollten.

In einer historischen Situation, in der Finanz- und Weltwirtschaft ein wackelndes Kartenhaus sind, verzichtet die Linke - folgt sie dem Gysi-Ratschlag - darauf, über die soziale Frage zu reden. Die Konsequenzen der Armutsdekrete, die von SPD und Grünen vor fast 15 Jahren erfunden wurden, die zynische Umverteilung von unten nach oben, die nun zum Überkochen des Ärgers bei den Betroffenen führt, anzuprangern, zugleich aber mit den Urhebern dieser Politik gemeinsame Regierungssache machen zu wollen, lief von Anfang an auf Kanalisierung jedes Protests hinaus. Die Weiterentwicklung dieses Konzepts zum Angebot, die CDU zu stützen, ist konsequent. Die erkannte sich in der »modernen Rechten« AfD von Anfang wieder und reagierte darauf mit Arbeitsteilung, die CDU auf dem Hauptgleis, die CSU als AfD-Double bislang auf dem daneben. Die »moderne Linke« hängt da etwas hinterher. Am Tag nach Gysis Rechtsblinkerei erklärte der »linke« Grüne Jürgen Trittin das Regierungskonzept »Rot-Rot-Grün« für erledigt und propagierte »Schwarz-Grün«. Er zieht nur die Schlussfolgerung aus einem Tatbestand: Die Geschwindigkeit, mit der sich Linke selbst abschafft, nimmt zu.

Anmerkung atheisten-info: Die LINKE als Nachfolgepartei der seinerzeitigen DDR-SED ist immer noch bei der Bewältigung der DDR-Vergangenheit, nur ja nicht durch was Linkes auffallen! Lieber auf gutmenschliches Herz-Jesu-Soziales machen, als davon zu reden, dass die werktätige Bevölkerung sich gegen den Klassenkampf der Banken und Konzerne wehren soll. Wie gut dieses Konzept zurzeit funktioniert, konnte am heurigen Wahlergebnis der Landtagswahlen im Ex-DDR-Bereich in Sachsen-Anhalt bestens bewundert werden, am 13.3.2016 gab es dort für die LINKE nur noch 16,3 % (2011 waren es 23,7 gewesen), die SPD traf es verdientermassen noch heftiger, dort ging's von 21.5 auf 10,6% hinunter. Die "Alternative für Deutschland" (AfD) erhielt bei ihrem Erstrantritt dort 24,2%. Wenn die vermeintlichen Linksparteien ihren Aufgaben nimmer nachkommen, dann kassieren eben die Rechtspopulisten. In der BRD ist das nicht anders als in Österreich, hier hat ja die FPÖ aus dem Bereich der unselbständig Erwerbstätigen auch bereits mehr Stimmen als die SPÖ. Das Ergebnis in Sachsen-Anhalt zeigt das allerdings noch dramatischer, weil dort ja linke Traditionen doch noch besser erhalten waren als in der Alt-BRD, der Verrat der Linksparteien an ihrer Klientel daher noch dramatischer und deutlicher ausfällt. Die Stimmen für die AfD kommen zu über Dreiviertel von der LINKEN und der SPD, so deppert zu werden, um sowas zu erreichen, dazu braucht man schon einen realitätsblinden Schädel, in welchem es kaum noch dümmer zugehen kann...