Danke für die Arbeitsbeschaffung!

Efgani Dönmez, ehemaliger Bundesrat der Grünen, am 2.4.2016 in den OÖNachrichten.

Als Sozialarbeiter und Betreiber von Beratungsstellen kann man für die Pläne der Landesregierung und jenen anderen Bundesländern, die nachziehen wollen, sehr dankbar sein.

Mit der Deckelung und Kürzung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) legt die Politik den Grundstein dafür, dass den Sozialberatungsstellen und den Sozialarbeitern die Arbeit auch in Zukunft nicht ausgehen wird. Durch diese Art der Politik legt man den Grundstein für die Manifestierung der Armut und sorgt für gewaltige Spannungen in der Gesellschaft, insbesondere zwischen Inländern und Ausländern. Ganz offen und ehrlich gesprochen, unabhängig von der Herkunft, haben wir in unseren Systemen Menschen, welche man in die tollsten Projekte mit den motiviertesten Betreuern zuweisen kann - wenn der Wille der Betroffenen nicht vorhanden ist, hilft gar nichts.

Solange wir ein einbetoniertes Bildungssystem haben und keine erkennbaren zukunftstauglichen Veränderungen durchführen, werden wir immer mehr Empfänger für die BMS produzieren. Unser Bildungssystem verstärkt die sozialen Unterschiede, statt diese auszugleichen. Was wir als Gesellschaft auf gar keinen Fall in Kauf nehmen dürfen, unabhängig davon, ob und welcher politischen Richtung man angehört, ist, dass sich die Politik kurzfristiger "Lösungen" bedient, welche außerhalb des Rechtssystems liegen.

Ausstieg aus der Armut und der BMS sowie messbarer Integrationserfolg basieren einzig und allein auf sozialem Aufstieg. Ihn erreicht man fast nur über die Bildung. Wenn wir dauerhafte Armut verringern möchten, wenn wir wollen, dass Migranten sich schnell integrieren, dann müsste die Politik massiv und intelligent in Bildung, vom Kindergarten bis zu den Universitäten, investieren.

Mit eintägigen Wertekursen und 400 Stunden Deutschkursen erlernt man weder die Werte noch die Sprache. Die Politik muss erkennen, dass mit Scheinmaßnahmen die Bevölkerung kurzfristig ruhiggestellt werden kann bzw. die Umfragewerte in die Höhe gehen, aber kaum Probleme gelöst werden. Wenn schon die BMS gekürzt wird, dann sollte der Differenzbetrag auf die volle Höhe der BMS als Bildungsgutschrift für Qualifizierungsmaßnahmen auf einem persönlichen Konto angespart werden. Dann würde man tatsächlich erkennen, wer über die Bildungsschiene aus der Armut ausbrechen möchte und wer die BMS als "Hängematte" betrachtet.

Übrigens, die meisten Schwierigkeiten haben wir in vielen Maßnahmen primär nicht mit den neu angekommenen Asylberechtigten, sondern mit jenen bildungsfernen Schichten der "Urösterreicher" und der dritten, vierten Migranten-Generation. Unabhängig von der Herkunft würde jeder so die Chance bekommen, aus der Armutsspirale auszubrechen, sofern der Wille vorhanden ist.

Anmerkung atheisten-info: In derselben Ausgabe der OÖNachrichten ist ein Artikel zu finden, der einen Aspekt des oben geschilderten Sachverhalts beispielhaft darstellt: "Lehrstellen für junge Asylberechtigte bleiben unbesetzt".