Gewaltenteilung – die sechste Gewalt

Publiziert am 6. Juni 2016 von Wilfried Müller auf www.wissenbloggt.de

Unter Gewaltenteilung läuft herkömmlicherweise die Verteilung der Staatsgewalt auf mehrere Staatsorgane, nämlich Gesetzgebung (Legislative), Verwaltung (Exekutive) und Rechtsprechung (Judikative). Als Vierte Gewalt gelten die Medien (publikative Gewalt), die zwar keine eigene Gewalt zur Änderung der Politik oder zur Ahndung von Machtmissbrauch besitzen, aber durch Berichterstattung und öffentliche Diskussion das politische Geschehen beeinflussen können( Bild: WenPhotos, pixabay).

Es gibt natürlich noch mehr Gewalten-Teilhaber, sogar da, wo es friedlich zugeht ohne Militär- und Guerilla- und Terrorgewalt. Diese drei brutalen Gewalten repräsentieren das Recht des Stärkeren und verdienen daher keine eigene Nummer bei der Kultivierung der Gewaltenteilung.

Die Nummer fünf wurde deshalb der Lobby vorbehalten. Der Begriff Fünfte Gewalt ist für den Lobbyismus bereits eingeführt. Kritiker hielten das für übertrieben, aber das war vor dem Bundestags-Lobbyskandal (siehe auch Lobby-Ausweise? Lobby ausweisen!). Generell ist die Macht der Lobby kaum zu überschätzen. In der Realwelt dürfte die Lobby vielerorts zur Nummer eins der Staatsgewalten geworden sein, die Lobbylative sagt der Legislative, wo's längs geht (Wortschöpfung wissenbloggt).

Zugleich rangelt noch das Internet um den Platz 5, z.B. in Die fünfte Gewalt. Die Macht der vernetzten Vielen. Gegenüber der Lobby geraten die vernetzten Vielen auf alle Fälle ins Hintertreffen, so dass ihnen bestenfalls Platz sechs zukommt. Alas, auch dieser Platz wird schon beansprucht, z.B. in Sechste Gewalt: Die MONETATIVE. Aber die unabhängige Geld- und Währungshoheit ist noch Wunschdenken, nice to have, aber nada da.

Also Kandidat Nummer eins für die Sechste Gewalt: die Netzitative. Oder Retetative? Oder Plagatative? Die lateinischen rete und plaga haben auch die Bedeutung Schlinge, und plaga sogar noch die von Fallstrick. Sowas könnte man anstelle von "Judikative" diskutieren, aber fürs www wäre das wohl verfehlt. Außerdem fehlt noch ein besonderer Netz-Effekt: Der Whistleblower.

Die Macht der vernetzten Vielen ist gut und schön. Wenn sich alle gemeinsam aufregen, können sie eine Menge Unterschriften sammeln, und womöglich erzielt das irgendwann mal irgendeine Wirkung. Was die Whistleblower loslassen, ist viel druckvoller. Beides zusammen ergibt dann die Whistleblowerlative? Oder Laecasinative? Frei nach dem lateinischen laecasin dicere = Ich pfeife drauf = Leck mich sagen. Oder einfach Leakylative?

Um das Ganze nochmal ordentlich auf die Reihe zu bringen:
1. Legislative
2. Exekutive
3. Judikative
4. Publikative (Medien)
5. Lobbylative (die heimliche Nummer 1)
6. Leakylative (die gewünschte Nummer 1)

Wie sehr die Leakylative hineinregiert, machen ein paar Links deutlich:
Inside The Assasination Complex – Whistleblowing Is Not Just Leaking – It's An Act Of Political Resistance (Eward Snowden bei The Intercept 3.5.)
Schreck der Steuerbetrüger (der neue Edward Snowden Antoine Deltour in der Freitag 4.5.): Porträt Antoine Deltour hat den LuxLeaks-Skandal ins Rollen gebracht. Heute steht er deswegen vor Gericht.
Nicht zu vergessen Chelsea Manning, die seit Jahren im US-Knast schmorende Whistleblowerin, dort kann man auch eine Petition für sie unterzeichnen.
TTIP – American Economic Imperialism Exposed (Zero Hedge 4.5.): Greenpeace secured and leaked the secret TTIP document.

Weitere wissenbloggt-Links:
Wikileaks und die TISA-, TTIP-, TTP-Proteste
Reportage über Reporter
Kapitalismusdebatte aktuell I
Kapitalismusdebatte aktuell II
Referat zum Interview zum Buch "Reichtum ohne Gier" von Sahra Wagenknecht
CETA kommt vor TTIP
Rezension “Kapital macht Politik” von Harald Trabold I
Rezension "Kapital macht Politik" von Harald Trabold II