Nachtrag am 22.7.2016, siehe ganz unten!
Es dauert in Deutschland immer weit länger bis die Austrittszahlen
aus den Kirchen vorliegen. Wie in Österreich gibt es auch in Deutschland
eine feste staatliche Bindung der Kirchen bezüglich ihres Mitgliederbestandes,
in Österreich muss man auf der Bezirkshauptmannschaft (für BRD-Leser:
ein "Bezirk" ist das, was in der BRD ein "Kreis" ist, eine
BH ist darum sowas wie ein Landratsamt oder ein Kreisamt) oder beim Magistrat
austreten, in der BRD muss man sich beim Finanzamt abmelden, das für die
Kirchen die Kirchensteuer gemeinsam mit Lohn- und Einkommenssteuern einzieht.
In anderen Ländern gibt's keinen amtlichen Kirchenaustritt und meist auch
keine direkt staatlich oder mit staatlicher Hilfe eingehobene Kirchensteuer,
darum wissen in den meisten Ländern die Kirchen selber nicht, wieviele
Mitglieder sie noch haben.
Am 15.7.2016 ließ die deutsche katholische Kirche wissen, 2015 sind
181.925 Personen ausgetreten und die r.k. Kirche hat noch 23.761.806 Mitglieder.
Der Austritt ist um 35.791 niedriger als 2014, was wohl daran liegt, dass es
2013 und 2014 einen Schub nach oben gegeben hat, einerseits wegen des inzwischen
wegen seiner Geldverschwendung für einen neuen Bischofsplast abgesägten
Protzbischofs Tebartz van Elst und andererseits wegen der Einführung
der Kirchensteuer auf Zinserträge.
Was auffällt:
In
durchschnittlichen Jahren lag der Austritt etwa im 120.000er-Bereich, Deutschland
ist also doch noch auf dem Weg zur Besserung!
Die Protestanten haben
noch keine genauen Zahlen, sie ließen nur kurz wissen, es wären etwa
210.000 gewesen, um 60.000 weniger als im Vorjahr, aber um 70.000 mehr
als im alten Durchschnitt. Als Mitgliederbestand führten die Protestanten
22.271.927 Personen an.
Zu Beginn des 21. Jahrhundert hatten
die beiden großen Christenkirchen zusammen noch 53.109.606 Mitglieder,
2015 waren es nur noch 46.033.733, das sind also um rund sieben Millionen oder
gut dreizehn Prozent weniger.
Der Vergleich zu Österreichs Katholiken...
...zeigt
heuer wieder eine Verschlechterung, die Österreicher haben sich beim katholischen
Kirchenaustritt eine gewisse Regelmäßigkeit angewohnt, hohe Austrittszahlen
sind seit 2009 die Regel, da braucht es keinen Tebartz und keine Kirchensteuer auf Sparbuchzinsen, die
Leute gehen auch so.
2014 schien der deutsche Weg in Richtung Ausgleich zu gehen, 2015 war es
wie ein knapperes Cordoba,
kein 3:2 für Österreich, eher ein 4:3, in der Langzeitwertung
ist es ein 5:3...
Am 18.7. fordert laut kath.net der Kurienerzbischof Gänswein, die
deutsche r.k. Kirche sollte die Exkommunikation bei Kirchenaustritten abschaffen:
"Das scharfe Schwert der Exkommunikation bei Kirchenaustritt ist unangemessen
und korrekturbedürftig. Man kann Dogmen infrage stellen, das tut keinem
weh, da fliegt keiner raus. Ist denn das Nichtbezahlen von Kirchensteuer ein
größeres Vergehen gegen den Glauben als Verstöße gegen
Glaubenswahrheiten?" Und überhaupt: "Wem ist gedient, wenn eine
Diözese superreich ist, aber der Glaube nach und nach versickert? Das viele
Geld ermöglicht vieles, birgt in sich aber immer Erstickungsgefahr."
Na,
am Geld erstickt die katholische Kirche nicht, sonst wäre sie schon lange
tot. Aber Bischof Gänswein meint wohl, ohne Kirchensteuer würden
weniger austreten. Damit hat er sicher recht, er fragt deshalb auch, ob die
Kirchensteuerpflicht die einzig richtige und angemessene Form der Finanzierung
kirchlicher Aufgaben sei. Vermutlich wird jetzt wieder die Idee einer Kultursteuer
gewälzt werden, die alle zahlen müssen, denn dann lohnte sich der
Kirchenaustritt finanziell nimmer und die Ungläubigen müssten eine
Strafsteuer zahlen...
Nachtrag vom 22.7.2016: Die befreundete Site www.wissenbloggt.de hat die obige Info übernommen und die deutschen und österreichischen Mitgliederprozente verglichen: in Österreich liegt der Bevölkerungsanteil von Katholiken & Protestanten bei 63,4 % in der BRD bei nur 56,2 % - es hätten somit die Österreicher allen Grund, sich beim Austreten anzustrengen. Dazu müsste man allerdings berücksichtigen, dass die BRD 1990 das säkularste Land Europas, die DDR, eingemeindete, elf Millionen neue und religionslose Einwohner senkten den Religionsbestand ab, die mussten nicht austreten, weil sie waren religionslos geboren worden und es geblieben, der prozentuelle Mitgliederbestand sank im wiedervereinigten Deutschland von 1989 auf 1990 um 12 %. Im Größenverhältnis gerechnet fehlen in Österreich also 1,1 Millionen erbeutete Religionsfreie, aber seit 1990 ist der Anteil beider Konfessionsgruppen hierzulande um knapp 20 % zurückgegangen, in der BRD um 15 %, davon waren jedoch ein Drittel Austreter in der Ex-DDR, die nun plötzlich Kirchensteuer zahlen sollten und in den 1990er-Jahren die Austritte zeitweise verdoppelten.