"Außenministerium, guten Tag." - "Hier ist das Büro des NDR-Intendanten, Lutz Marmor. Wir haben da mal 'ne Frage: Unser NATO-Verbündeter Türkei hat gerade die syrische Grenze überschritten und schießt auf unsere kurdischen Verbündeten. Ist das nicht sowas wie einen Aggression? Oder sogar Bruch des Völkerrechtes? Müssten wir das nicht irgendwie kommentieren?"
"Nun sagen Sie mal Ihrem Intendanten: Ein Bündnis ist ein Bündnis
ist ein Bündnis! Da bricht gar nichts, nicht mal des Völkerrecht.
Zitieren Sie einfach die Türkei: 'Türkische Regierungsbeamte sagten,
die Offensive werde so lange fortgesetzt, bis die Terrorbedrohung der Türkei
ausgeschaltet sei.' Na bitte." Und singt: "Marmor, Stein und Eisen
bricht. Aber unsere Bündnis nicht!" Und so hat es die TAGESSCHAU denn
auch gebracht.
ARD-aktuell demonstriert Rechtsnihilismus:
Türkischer
Überfall = Offensive - siehe Tagesschau
Sehr
geehrter Herr Intendant Marmor,
uns ist noch gar deutlich in Erinnerung,
wie ARD-aktuell den immerhin demokratisch legitimierten Beitritt der Krim zur
Russischen Föderation hoch, runter, vor und wieder zurück als Bruch
des Völkerrechts begeiferte, und bis zur Stunde verwendet die Redaktion
in dem Zusammenhang ja auch noch das Wort "Annexion", trotz anderslautender
und begründeter Rechtsmeinungen über die Krim-Thematik.
Mit keinem
Wort erwähnte ARD-aktuell hingegen nun, dass der Einmarsch türkischer
Truppen in Syrien ein unzweideutiger Kriegsakt ist und dass der Angriff auf
syrisches Hoheitsgebiet einen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellt.
ARD-aktuell verschwieg, dass Syrien deshalb die Vereinten Nationen aufgefordert
hat, dieser militärischen Aggression Einhalt zu gebieten.
Stattdessen
wird das Vorgehen der Türkei quasi als legitime und gerechtfertigte "Offensive"
im Kampf gegen den IS-Terrorismus dargestellt und ein klein wenig nebenher mitgeteilt,
dass der Angriff auch den von den USA unterstützten Kurden gelte (die,
soweit der lokalen Einwohnerschaft zugehörig, übrigens syrische Staatsbürger
sind). Die Redaktion lässt mit dieser Art von Berichterstattung einen unvertretbaren
Rechtsnihilismus erkennen, vollkommen unvereinbar mit journalistischen Grundsätzen,
durchaus aber harmonierend mit den Politiklinien der Bundesregierung.
Wir
wundern uns über die hier wiederum sichtbaren "double standards"
nicht mehr. Sie gehören zum Propaganda-Werkzeug Ihres Senders und bestärken
uns in der Überzeugung, dass ARD-aktuell bewusst und vorsätzlich gegen
die Bestimmungen des Staatsvertrages verstößt.
Wie heuchelte Dr.
Gniffke in der letzten Ausgabe der NDR-Betriebszeitung? "Selbstkritisch
bleiben, gewissenhaft recherchieren". Und Sie als Intendant? "Wir
scheuen keine Mühen, Fakten zu recherchieren und die Wahrheit herauszufinden".
Da
capo! Auch wenn es trotz noch so häufigen Wiederholens kein Stück
glaubwürdiger wird. Aber es klingt so schön hohl...
Wie man
ihn (Chefredakteur Dr. Gniffke) und Sie (NDR-Intendant) angesichts der Diskrepanz
zwischen Selbstbild und Programmbild noch ernst nehmen könnte, wissen die
Götter. Wir jedenfalls nicht, und der Rundfunkrat weiß es vermutlich
auch nicht. Aber wir können ihn ja ein weiteres Mal fragen, nicht? Im Rahmen
einer förmlichen Programmbeschwerde, versuchshalber. Wegen unvollständiger
und realitätsverzerrender Darstellung eines Kriegsaktes in den Nachrichten
der ARD-aktuell.
F. Klinkhammer und V. Bräutigam