Begleitet von der Kamera suchen die Betroffenen die Tatorte von damals auf, viele machen ihre Geschichten erstmals öffentlich, auch ihre Familien erfahren zum ersten Mal von diesem verschwiegenen Schmerz. Ein beklemmender Einblick in das wohl größte Verbrechen der Nachkriegszeit. Der unaufgearbeitete Missbrauch bleibt ein Trauma quer durch die Gesellschaft, ermöglicht durch ein Milieu der Unterdrückung und der Gottesfürchtigkeit. Bis heute sind Kirche und Staat Verbündete dieser Vertuschung. Eine Anklage, die sprachlos macht, aber auch Hoffnung: „Ich habe alles gesagt, ich bin jetzt kein Opfer mehr“, sagt Jo, einer der Protagonisten des Films.
Hier der Trailer:
Statement Patricia Marchart
Als wir die Idee zu diesem Film hatten, war unklar, ob wir überhaupt
Menschen finden würden, die vor der Kamera über den Missbrauch, der
ihnen angetan wurde, erzählen. Bewusst gab es das Angebot an alle das Gespräch
entweder anonym oder unter ihrem Namen zu führen. Es kam ganz anders. In
kürzester Zeit meldeten sich so viele Betroffene, dass wir nicht allen
zusagen konnten. Alle wollten das was ihnen angetan wurde unbedingt unter ihrem
eigenen Namen erzählen.
Der ganze Film ist von einer Urkraft getragen, die von den Betroffenen ausging,
damit das Schweigen ein Ende hat.
Vor dem ersten Interview wusste ich nicht, was passieren würde. Die
Kamera war unser unabhängiger Beobachter, der alles nach außen transportierte.
Ich hatte mir bewusst nichts vorgenommen. Die Betroffenen erzählten ihre
Geschichten ganz von selbst. Als ob sie seit Jahrzehnten auf jemanden gewartet
hätten, dem sie alles erzählen können. Was ich hörte, war
schlimmer, als ich es mir je vorgestellt hatte. Ich bekam kaum Luft, meine Knie
zitterten.
Was diesen Menschen, von Priestern, Nonnen und Angehörigen der katholischen
Kirche angetan wurde, kann man mit Worten kaum beschreiben. Das können
nur die Menschen selbst erzählen.
Nach dem ersten Interview war das Kamerakonzept klar. Die Betroffenen gestalteten
das Gespräch. Danach suchten wir gemeinsam die Tatorte auf, an denen sie
oft Jahrzehnte nicht gewesen waren. An den Tatorten fragte ich nach Impulsen.
Die Betroffenen konnten jederzeit das Filmen abbrechen. Schließlich wurde
das Filmmaterial gemeinsam mit den Beteiligten geschnitten. Jeder hatte bis
zum Schluss die Möglichkeit, sein Filmmaterial zurückzuziehen, was
aber kein einziger wollte.
Die Betroffenen haben mir ein unglaubliches Vertrauen und eine Offenheit
entgegengebracht. Darin steckte so viel Energie der Hoffnung und Lebenskraft
die den ganzen Film trägt und überhaupt erst möglich gemacht
hat. Dieser Film wollte gemacht werden. Die Menschen, die mitwirkten, haben
diesen Film gemacht. Meine Rolle war eigentlich nur mit großer Achtsamkeit
und der Kamera anwesend zu sein und zu versuchen ihren Geschichten gerecht zu
werden.