Ein
verstörender Bericht der Süddeutschen Zeitung enthüllt Manipulation der
Bundesministerin für Arbeit und Soziales (Bild: Stefan Boness/IPON,
bearbeitet). Auf dem Foto sieht man "die frömmelnde Nahles mit der
typischen Grimasse eines katholischen Pfaffen. Und statt SPD-Symbolik
demonstrativ das Kreuz… Wer hatte dieser Dame seinerzeit bloß das
Etikett "SPD-Linke" verpaßt???"
Das schrieb ein Linker prophetisch, und nun wird er in seiner Ansicht bestätigt. Der Artikel heißt Armut in Deutschland – Regierung strich heikle Passagen aus Armutsbericht (SZ 14.12.): Ministerin
Nahles hatte den Einfluss von Reichen auf die Politik untersuchen
lassen. Manche Ergebnisse fehlen in der zweiten Fassung – an ihr hat
auch das Kanzleramt mitgeschrieben.
Der SZ-Artikel von Thomas Öchsner berichtet über Manipulationen, die
einer SPD ganz schlecht zu Gesicht stehen. Demnach hat die
Bundesregierung unter Federführung von Nahles ihren Armuts- und
Reichtumsbericht in einigen entscheidenden Passagen deutlich entschärft.
In der überarbeiteten Fassung des Berichts sind laut SZ klare Aussagen
gestrichen, ob Menschen mit mehr Geld einen stärkeren Einfluss auf
politische Entscheidungen haben als Einkommensschwache. Z.B fehlt jetzt
der Satz: "Die Wahrscheinlichkeit für eine Politikveränderung ist
wesentlich höher, wenn diese Politikveränderung von einer großen Anzahl
von Menschen mit höherem Einkommen unterstützt wird."
Das hat die SZ durch einen Vergleich einer vom Bundesarbeitsministerium
verfassten Vorabversion mit der zweiten Version der Regierungsanalyse
herausgefunden. An dieser zweiten Version durften Kanzleramt und andere
Ministerien mitschreiben.
Wie die SZ weiter berichtet, hatte die Bundesarbeitsministerin Nahles
(SPD) im März 2015 angekündigt, in diesem Bericht erstmals den Einfluss
von Eliten und Vermögenden auf politische Entscheidungen untersuchen zu
lassen. Zu diesem Behufe gab ihr Ministerium eine Studie beim
Osnabrücker Politikwissenschaftler Armin Schäfer in Auftrag. Dessen
Erkenntnisse gingen in den ersten Bericht ein, den das
Arbeitsministerium im Oktober vorlegte.
In dieser ersten Fassung wurde noch von einer "Krise der
Repräsentation" gewarnt: "Personen mit geringerem Einkommen verzichten
auf politische Partizipation, weil sie Erfahrungen machen, dass sich die
Politik in ihren Entscheidungen weniger an ihnen orientiert." Diese
Aussagen fehlen gemäß den Checks der SZ nun.
Ein weiterer gestrichener Satz aus der Studie heißt: In Deutschland
beteiligten sich Bürger "mit unterschiedlichem Einkommen nicht nur in
sehr unterschiedlichem Maß an der Politik, sondern es besteht auch eine
klare Schieflage in den politischen Entscheidungen zulasten der Armen".
Das ist in der zweiten Fassung des Regierungsberichts ersetzt durch die
Aussage, der Studie zufolge war "eine Politikänderung wahrscheinlicher
…, wenn diese den Einstellungen der Befragten mit höherem Einkommen
mehrheitlich entsprach". Und durch die Behauptung, die Untersuchung
liefere "keine belastbaren Erkenntnisse über Wirkmechanismen". Was auch
noch herausgenommen wurde, sind die Hinweise auf den "Einfluss von
Interessensvertretungen und Lobbyarbeit".
Kritik für diese dreisten Manipulationen ist schon im Anrollen. So
kritisierte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte
Pothmer, die Manipulationen: "Über Demokratie-Defizite muss offen
geredet werden, alles andere ist Wasser auf den Mühlen der Populisten."
Und die Vertreterin von Lobbycontrol, Christina Deckwirth, sagte, die
Studie zeige, dass Vermögende bessere Möglichkeiten hätten, in der
Politik Gehör zu finden. "Solche Erkenntnisse sind der Bundesregierung
aber offenbar zu brisant, um sie zu veröffentlichen."
Der Armuts- und Reichtumsbericht
kann bei diesem Link eingesehen werden. Er wird ca. alle vier Jahre
erstellt und enthält Informationen über die Lage am Arbeitsmarkt, die
Entwicklung der Löhne und Einkommen usw. Schon beim Armuts- und
Reichtumsbericht 2013 wurde manipuliert. Damals setzte die FDP durch,
dass Aussagen über die ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland
verschwanden.