Nahles: Schande der SPD

Publiziert am 15. Dezember 2016 von Wilfried Müller auf www.wissenbloggt.de

Ein verstörender Bericht der Süddeutschen Zeitung enthüllt Manipulation der Bundesministerin für Arbeit und Soziales (Bild: Stefan Boness/IPON, bearbeitet). Auf dem Foto sieht man "die frömmelnde Nahles mit der typischen Grimasse eines katholischen Pfaffen. Und statt SPD-Symbolik demonstrativ das Kreuz… Wer hatte dieser Dame seinerzeit bloß das Etikett "SPD-Linke" verpaßt???"

Das schrieb ein Linker prophetisch, und nun wird er in seiner Ansicht bestätigt. Der Artikel heißt Armut in Deutschland – Regierung strich heikle Passagen aus Armutsbericht (SZ 14.12.): Ministerin Nahles hatte den Einfluss von Reichen auf die Politik untersuchen lassen. Manche Ergebnisse fehlen in der zweiten Fassung – an ihr hat auch das Kanzleramt mitgeschrieben.

Der SZ-Artikel von Thomas Öchsner berichtet über Manipulationen, die einer SPD ganz schlecht zu Gesicht stehen. Demnach hat die Bundesregierung unter Federführung von Nahles ihren Armuts- und Reichtumsbericht in einigen entscheidenden Passagen deutlich entschärft. In der überarbeiteten Fassung des Berichts sind laut SZ klare Aussagen gestrichen, ob Menschen mit mehr Geld einen stärkeren Einfluss auf politische Entscheidungen haben als Einkommensschwache. Z.B fehlt jetzt der Satz: "Die Wahrscheinlichkeit für eine Politikveränderung ist wesentlich höher, wenn diese Politikveränderung von einer großen Anzahl von Menschen mit höherem Einkommen unterstützt wird."

Das hat die SZ durch einen Vergleich einer vom Bundesarbeitsministerium verfassten Vorabversion mit der zweiten Version der Regierungsanalyse herausgefunden. An dieser zweiten Version durften Kanzleramt und andere Ministerien mitschreiben.

Wie die SZ weiter berichtet, hatte die Bundesarbeitsministerin Nahles (SPD) im März 2015 angekündigt, in diesem Bericht erstmals den Einfluss von Eliten und Vermögenden auf politische Entscheidungen untersuchen zu lassen. Zu diesem Behufe gab ihr Ministerium eine Studie beim Osnabrücker Politikwissenschaftler Armin Schäfer in Auftrag. Dessen Erkenntnisse gingen in den ersten Bericht ein, den das Arbeitsministerium im Oktober vorlegte.

In dieser ersten Fassung wurde noch von einer "Krise der Repräsentation" gewarnt: "Personen mit geringerem Einkommen verzichten auf politische Partizipation, weil sie Erfahrungen machen, dass sich die Politik in ihren Entscheidungen weniger an ihnen orientiert." Diese Aussagen fehlen gemäß den Checks der SZ nun.

Ein weiterer gestrichener Satz aus der Studie heißt: In Deutschland beteiligten sich Bürger "mit unterschiedlichem Einkommen nicht nur in sehr unterschiedlichem Maß an der Politik, sondern es besteht auch eine klare Schieflage in den politischen Entscheidungen zulasten der Armen".

Das ist in der zweiten Fassung des Regierungsberichts ersetzt durch die Aussage, der Studie zufolge war "eine Politikänderung wahrscheinlicher …, wenn diese den Einstellungen der Befragten mit höherem Einkommen mehrheitlich entsprach". Und durch die Behauptung, die Untersuchung liefere "keine belastbaren Erkenntnisse über Wirkmechanismen". Was auch noch herausgenommen wurde, sind die Hinweise auf den "Einfluss von Interessensvertretungen und Lobbyarbeit".

Kritik für diese dreisten Manipulationen ist schon im Anrollen. So kritisierte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer, die Manipulationen: "Über Demokratie-Defizite muss offen geredet werden, alles andere ist Wasser auf den Mühlen der Populisten." Und die Vertreterin von Lobbycontrol, Christina Deckwirth, sagte, die Studie zeige, dass Vermögende bessere Möglichkeiten hätten, in der Politik Gehör zu finden. "Solche Erkenntnisse sind der Bundesregierung aber offenbar zu brisant, um sie zu veröffentlichen."

Der Armuts- und Reichtumsbericht kann bei diesem Link eingesehen werden. Er wird ca. alle vier Jahre erstellt und enthält Informationen über die Lage am Arbeitsmarkt, die Entwicklung der Löhne und Einkommen usw. Schon beim Armuts- und Reichtumsbericht 2013 wurde manipuliert. Damals setzte die FDP durch, dass Aussagen über die ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland verschwanden.