Zur Lage der arbeitenden Klasse

Ein Aspekt der in der österreichischen Politik praktisch überhaupt keine Rolle mehr spielt, sind die Einkommen und Lebensbedingungen der unselbstständig Erwerbstätigen. Vom Rechungshof wurde am 19.12.2016 der Einkommensbericht für den Zeitraum 1998 bis 2015 vorgelegt.

Daraus einige markante Zahlen:
1998 gab es 3.379.637 unselbständig Erwerbstätige - 2015 waren es 4.226.500, das ist ein Plus von 25 %, die österreichische Bevölkerung stieg um ca. acht Prozent. Die Anzahl nichterwerbstätiger Frauen ist in diesem Zeitraum um rund eine halbe Million gesunken, die Frauenanteil an den Unselbstständigen stieg von 44,3 auf 47,3%, damit liegt der sonstige Zuwachs bei den 8% der Bevölkerungszunahme.
Die Zahl der Arbeiter stieg von 1998 auf 2015 von 1.479.957 auf 1,674,532, die der Angestellten von 1.546.690 auf 2.010.756, das ist ein Plus von 13, bzw. 30 %. Was bei den Angestellten zum Teil auch mit den dienstrechtlichen Änderungen im staatlichen Bereich zusammenhängt (weitgehende Abschaffung der Pragmatisierungen und Ausgliederungen von Staatsbetrieben wie Post, Telekom, ÖBB und Teile von Gemeindebereichen).

Aber nun zum Wesentlichen:

Der Bericht legt die Entwicklung der Brutto- und Nettoeinkommen von 2015 im Vergleich zu 1998 vor. Bei den Arbeitern sank das inflationsbereinigte Bruttoeinkommen auf 87 %, bei den Angestellten stieg es in diesen 17 Jahren nur um zwei Prozent (die Zuwächse bei den Beamten um 26 % sind alleine darauf zurückzuführen, dass Beamte zweijährige Vorrückungen haben und keine neuen Beamte mehr nachkommen). Bei den Nettoeinkommen sanken die Arbeiter auf 90 %, die Angestellten stiegen um ein Prozent.

Das Medianeinkommen (die Hälfte der Betroffenen verdient mehr, die andere Hälfte weniger) fiel brutto auf 96 % und netto auf 97 %, bei den Arbeitern fielen die Bruttobezüge auf 87 %, die Nettoeinkommen auf 90 %, bei den Angestellten gab es brutto ein Plus von zwei Prozent und netto von einem Prozent.

Was also heißt, dass die arbeitende Klasse von 1998 bis 2015 praktisch vom Zuwachs des gesellschaftlichen Reichtums ausgeschlossen blieb, die arbeitende Klasse hat 2015 zum Teil weniger als 1998, zum Teil gleich viel oder recht geringfügig mehr. Der Arbeitsdruck stieg jedoch ständig...

Wenn dann bei der Bundespräsidentenwahl im ersten Durchgang der SPÖ-Kandidat Hundstorfer von den wählenden Arbeitern und Angestellten nur jeweils zehn Prozent der Stimmen erhielt: wenn soll das noch irgendwie wundern? Warum sollte die arbeitende Bevölkerung der SPÖ nachlaufen, die praktisch nichts mehr tut - oder neoliberal gesagt, tun kann, noch besser nichts mehr tun darf?

Bei der 2. Stichwahl haben 85 % der Arbeiter den FPÖ-Kandidaten Hofer gewählt. Was offenbar ein Ausdruck der Lage der Arbeiterklasse war. Die SPÖ glaubt nun mit irgendwelchem Wortgeklingel von der FPÖ die verlorenen Stimmen wieder zurückerobern zu können.

Das Einzige, das der SPÖ noch helfen kann, ist, dass die FPÖ auch weiterhin nicht begreift, warum sie so viele Stimmen aus der arbeitenden Bevölkerung bekommt. Das ist nicht wegen der FPÖ-Plakate und der FPÖ-Slogans, sondern weil die Klasse der arbeitenden Menschen in einer hilflosen Lage ist: der Arbeitsdruck steigt und steigt ständig, die Löhne sinken oder bleiben gleich. Und das seit zwanzig Jahren!
Und NIEMAND, absolut NIEMAND kümmert sich darum!!!!
Außer vielleicht die KPÖ in der Steiermark...

Nachdem die SPÖ seinerzeit Franz Vranitzky zum Parteivorsitzenden gewählt hatte, kam im April 1995 der Psychologe Ernest Borneman zu Vranitzky und zum damaligen Aufstieg der FPÖ zu dieser Erkenntnis: "Eine Arbeiterpartei, die einen Bankier als Chef wählt, hat damit sowieso von Anfang an ihre Abdankung besiegelt" - genauso ist es gekommen.

Der SPÖ kann man nur noch empfehlen, löst die Partei auf, fahrt wie 1888 wieder nach Hainfeld und gründet eine neue Partei, die als Partei der arbeitenden Bevölkerung denkt und handelt - so wie das seinerzeit unter Bruno Kreisky üblich war...