Am 27.12.2016 war auf der Site katholisch.de unter dem Titel "Ohne
religiöse Bindung mehr Populismus" eine recht groteske Erklärung
über die Zunahme der Rechtspopulisten in Europa zu finden. Karl Jüsten,
der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, hatte zwar die Ursachen für
die Ausbreitung des Rechtspopulismus zumindest zum Teil erkannt, er schreibt,
"viele Menschen fühlten sich abgehängt und wirtschaftlich,
sozial oder politisch ungerecht behandelt." Warum es dann der Rechtspopulismus
ist, der zunehmend als Hilfe wahrgenommen wird, ist ihm jedoch eher unklar,
er meint, es wären bloß die von Nationalisten und Populisten stammenden
einfachen Antworten auf komplexe Probleme und ganz daneben liegt er dann mit
seiner Hauptannahme: "Wenn Menschen keine spirituelle Bindung haben,
dann wissen sie nicht mehr, woran sie ihr Koordinatensystem ausrichten sollen
und suchen ein innerweltliches Heil."
Nach innerweltlichem Heil
haben sie in schwierigen Lagen nämlich immer gesucht! Sklavenaufstände,
Bauernkriege, die Arbeiterbewegung waren auf "innerweltliches Heil"
ausgerichtet. Der ursprüngliche Hauptnutzen der christlichen Religion,
den Mühseligen und Beladenen das Märchen vom ewigen Leben in einem
himmlischen Paradies vorzugaukeln, ist eben schon sehr stark geschwunden, die
Definition der Religion von Karl Marx ging noch von einer diesbezüglich
gesellschaftsweiten Wirkung aus: "Das religiöse Elend ist in einem
der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen das
wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das
Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände
ist. Sie ist das Opium des Volkes."
Und den weiteren Weg zeigte
Marx auch sogleich auf: "Die Aufhebung der Religion als des illusorischen
Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die
Forderung, die Illusionen über einen Zustand aufzugeben, ist die Forderung,
einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion
ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion
ist. (..) Die Kritik des Himmels verwandelt sich damit in die Kritik der Erde,
die Kritik der Religion in die Kritik des Rechts, die Kritik der Theologie in
die Kritik der Politik."
Dass die etablierte Politik keine Politik mehr für die vielen Menschen
macht, die sich als abgehängt und wirtschaftlich, sozial oder politisch
ungerecht behandelt sehen, sonders eine Politik gegen diese vielen Menschen,
das begreift der katholische Büroleiter nicht, was wenig überraschend
ist, weil das begreifen auch die Sozialdemokarten und die Grünen nicht
(den Christparteien war diese Menschen ja sowieso nie ein Anliegen, die
verließen sich lieber auf das ewige Leben der toten Opfer ihrer Politik).
Im einstens als "links" bezeichneten
Politfeld bringt
genau diese gefährliche Entwicklung den Rechtspopulismus zum Erblühen! Ein Christ kann
dort nicht zu Hause sein, meint Herr Jüsten. Weil der kommt ja eh in den
Himmel, der braucht sich eigentlich auf Erden keine Sorgen zu machen. Das schreibt
er zwar konkret nicht, aber er meint es zwangsläufig, wenn er ein spirituelle
Orientierung verlangt, die offenbar nach außerweltlichen Koordinaten ausgerichtet
wäre, dann bräuchte er wohl ein Volk, das punktgenau dem Satz von
Karl Marx mit dem "Opium des Volkes" folgt. Dieses Opium kaufen
die Leute heute jedoch kaum noch und wenn ihre Erwartungen, Hoffnungen, Befürchtungen,
Ängste von der Politik ignoriert, missachtet, weggeredet werden, dann wird
eben diese Politik zunehmend weggewählt. Es müssen die Politiker
umdenken, nicht die vielen Menschen, die sich abgehängt und wirtschaftlich,
sozial oder politisch ungerecht behandelt fühlen. Und ein Berliner Leiter
eines katholischen Büros wird den Menschen mit Sicherheit zwecks Behandlung
ihrer Probleme in der neoliberalen Welt das "Oppim des Volkes" nicht
verschreiben können, weil religiöses Heil wird als Heilmittel schon
längere Zeit bei immer mehr Menschen immer dubioser. Ein spezielle rechtspopulistische Groteske
dazu ist die FPÖ, die dumm genug ist, zu meinen, man könne die
eigenen Wähler religiös behandeln...