Ermächtigungsgesetz für Erdogan

Nach dem recht eigenartigen und zumindest völlig dilettantischen "Putschversuch" in der Türkei vom 15.7.2016 folgten ähnliche Reaktionen des dortigen Herrschers wie 1933 in Deutschland nach dem Reichstagsbrand.

In Deutschland wurden die Kommunisten beschuldigt, den Reichstag als Aufstandssignal angezündet zu haben, obwohl die KPD nach Brandausbruch keinerlei Aufstandsabsichten gezeigt hatte, in der Türkei war es die Bewegung des Predigers Gülen, welcher der Putsch zugewiesen wurde, in Deutschland wurde sogleich "hart durchgegriffen", der Rest Europas verhielt sich dazu recht zurückhaltend, in der Türkei gab es Massenentlassung, Massenverhaftungen, Medienverbote, Europa verhielt sich dazu recht zurückhaltend. In Deutschland wurde am 24.3.1933 das vom Reichskabinett vorgelegte "Ermächtigungsgesetzes" vom Reichstag mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit beschlossen, in der Türkei dauerte es etwas länger, das türkische Ermächtigungsgesetz fand die notwendige Dreifünftelmehrheit am 21.1.2017, die der Erdogan-Partei AKP fehlenden Stimmen brachte die rechtsextreme Milliyetçi Hareket Partisi (MHP), "Partei der Nationalistischen Bewegung".

1933 wurde durch das Ermächtigungsgesetz festgelegt, dass Reichsgesetze außer in dem in der Reichsverfassung vorgesehenen Verfahren auch durch die Reichsregierung beschlossen werden können. In der Türkei wurde 2017 festgelegt, dass der Präsident zugleich als Staats- und Regierungschef amtiert und weitgehend per Dekret regieren kann. Die Türken haben dann zwar vielleicht keinen "Führer und Reichskanzler", aber einen absolutistisch herrschenden Sultan, der tun kann, was er tun will. Im März oder April soll über den Beschluss des Parlaments eine Volksabstimmung abgehalten werden, wenn die Mehrheit für das erdoganische Herrschaftssystem stimmt, dann wird Sultan (oder Kalif?) Erdogan auf Lebenszeit diktieren können.

Fotomontage aus TV-Screenshot und Osmanenturban

Was macht Europa? Im Internet war derweilen nix dazu zu finden. Großteils waren die Medienberichte rein sachlich formulierte Erdoganarschkriechereien, siehe z.B. den Artikel im STANDARD, der selber nix dazu zu sagen hatte, weil als Quelle des Artikels APA und dpa angegeben werden, Presseagenturen haben keine Kritik an der Errichtung der Erdogan-Diktatur zu üben, einem angeblichen Qualitätsblatt fällt vorsichtshalber selber dazu auch nichts ein...