"Zur Rolle der Religion schrieb der deutsche Innenminister unter anderem, sie müsse 'Kitt und nicht Keil der Gesellschaft' sein. 'Unser Staat ist weltanschaulich neutral, aber den Kirchen und Religionsgemeinschaften freundlich zugewandt.' Grundlage für den religiösen Frieden im Land sei aber der 'unbedingte Vorrang des Rechts über alle religiösen Regeln im staatlichen und gesellschaftlichen Zusammenleben'."
Beim Googeln nach Kitt und Keil wurde ein Artikel in der ZEIT vom November
2016 gefunden, in welchem Manfred Weber, Fraktionsvorsitzender der Christdemokraten
(EVP) im Europäischen Parlament und Stellvertretender Parteivorsitzender
der CSU, Mitglied Zentralkomitees der deutschen Katholiken unter dem Titel "Wir
sind Teil des sozialen Kitts" folgende Thesen über den religiösen
Kitt verbreitet.
Hier die Worte Webers mit atheistischen Anmerkungen:
Weber:
Unsere Zeit ist von enormen Unsicherheiten und gesellschaftlichen
Umbrüchen geprägt. Menschen suchen nach Orientierung und Halt. Gerade
jetzt braucht es die gesellschaftliche Kraft der Kirchen und ihre deutliche
Stimme. Ohne sie würde ein unersetzbarer Beitrag fehlen. Die Kirchen und
wir Christen können und müssen ein Teil des Kitts sein, der für
den gesellschaftlichen Zusammenhalt notwendig ist.
Atheistische Anmerkung:
Es ist immer wieder höchst spaßig, wenn kirchennahe Leute vermeinen,
sie könnten mit Appellen und Thesen eine Rückkehr in religiöse
Zeiten erreichen. Dazu wird den Menschen unterstellt, sie suchten nach Orientierung
und Halt und täten das im Geistbereich und nicht in der Realität des
Lebens. Die Kirchen waren dereinsten ein Zusammenhalt, weil sie die Köpfe
der Menschen durch Terror beherrschten, wer nicht dem Glauben folgte, hatte
mit ewiger Verdammung zu rechnen. Dieser Kitt klebt heute immer weniger. Zwar
ist im Volke noch der Brauch vorhanden, Religion als vorhandenen Bestandteil
des Daseins zu sehen, Kinder werden oft noch getauft, erhalten Religionsunterricht,
heiraten vielleicht sogar kirchlich und die Verstorbenen werden oft kirchlich
beigesetzt. Beim Leben im Alltag hat Religion kaum noch eine Bedeutung, in
die Hölle kommt man in den christlichen Großkirchen nimmer und die
christlichen Benimmregeln spielen keine Rolle mehr, sonntäglicher Kirchbesuch
ist das Hobby für kleine Minderheiten. Der Kirchenkitt ist ausgedörrt.
Weber:
Unser Staat beruht letztlich auf Werten, die er selbst nicht geschaffen hat.
Ohne Kirchen und Christen wäre das Deutschland, wie wir es heute kennen,
kaum denkbar. Nur ein Beispiel: Ohne kirchliches Einmischen, katholische Soziallehre
und evangelische Sozialethik wäre unser Sozialstaat so nicht entstanden.
Mit Soziallehre und Sozialethik wurden die Umbrüche der industriellen Revolution
abgefedert und das Los der Arbeiter erheblich verbessert. Kirchen und Christen
waren Mahner und Gestalter in Zeiten des Umbruchs. Heute erfahren wir ähnliche
Umbrüche durch Digitalisierung und Globalisierung. Die soziale Marktwirtschaft
und ihr Verständnis eines fairen Wirtschaftens ist gerade aus dem christlichen
Geist geprägt worden. Es war moralischer Anspruch, den Marktkräften
feste Regeln und damit auch Grenzen zu setzen. Genauso brauchen wir heute beispielsweise
einen Beitrag zu den neuen sozialen Fragen unserer Zeit.
Atheistische
Anmerkung: Das ist der größte und dümmste Witz in der Weber-Predigt!!
"Ohne kirchliches Einmischen, katholische Soziallehre und evangelische
Sozialethik wäre unser Sozialstaat so nicht entstanden." Noch dümmer
geht's wirklich nimmer!! Hat der Herr Weber schon mal was von der Arbeiterbewegung
gehört? Vom organisierten Widerstand gegen die grausame Ausbeutung unter
der geistigen christlichen Herrschaft? Und davon, dass der Papst noch im 20.
Jahrhundert die Zugehörigkeit zu sozialistischen Bewegungen elementar verurteilt
hat? Unbarmherzig hieß es in der Enzyklika Quadragesimo anno von Papst
Pius XI. von 1931: "Der Sozialismus, gleichviel ob als Lehre, als geschichtliche
Erscheinung oder als Bewegung, auch nachdem er in den genannten Stücken
der Wahrheit und Gerechtigkeit Raum gibt, bleibt mit der Lehre der katholischen
Kirche immer unvereinbar. Er müsste denn aufhören, Sozialismus zu
sein: der Gegensatz zwischen sozialistischer und christlicher Gesellschaftsauffassung
ist unüberbrückbar." Und die sozialistische Bewegung hat den
Sozialstaat trotzdem erkämpft, gegen die herrschende katholische Soziallehre
und evangelische Sozialethik!!!
Die "soziale Marktwirtschaft" war
kein christliches Produkt, sondern eine Maßnahme im internationalen Klassenkampf:
wenn es den Menschen im Kapitalismus besser geht, dann hat der Sozialismusblock
wenig Chancen zur Ausweitung. Mit dem Konkurs der Sowjetunion wurde die soziale
Marktwirtschaft sogleich entsorgt.
Weber: Die Diskussion
ist auch für engagierte Christen und Kirchen in vielen sozialpolitischen
Bereichen problematisch. Was wäre das für eine Gesellschaft, wenn
die Kirchen sich aus ihren Aufgaben bei der Kinderbetreuung, Flüchtlingshilfe
und anderen Sozialeinrichtungen zurückziehen würden? Eine Debatte
"Praktisches Engagement ja, aber politisch dürft ihr euch nicht einmischen"
kann schon deshalb nicht richtig sein.
Atheistische Anmerkung:
Die kirchlichen Beteiligungen in sozialpolitischen Bereichen erfolgen überall auf öffentliche Kosten,
mittels Spendensammlungen oder auf Nutzerkosten, Kirchengeld wird dafür
keines verschwendet!
Weber: Die Zeiten im letzten Jahrhundert, in denen die Kirchen aus dem öffentlichen
und politischen Raum verbannt wurden, waren keine guten für Deutschland.
Deshalb bin ich überzeugt: Kirchen und Christen müssen sich politisch
zu Wort melden. Heute notwendiger denn je.
Atheistische Anmerkung: In der NS-Zeit hat es kaum organisierten christlichen
Widerstand gegeben, nennenswert ist nur die "Bekennende Kirche" und
der "Pfarrernotbund" des Protestanten Martin Niemöller (1892-1984),
der ab 1937 als "persönlicher Gefangener des Führers" in
Einzelhaft in den KZs Sachsenhausen und Dachau einsaß, 1945 bedauerte
er öffentlich, dass die evangelische Kirche den Nazis nicht offener entgegengetreten
sei. In der DDR waren die Kirchen ihrer gesellschaftlichen Macht entkleidet
worden, geblieben ist davon, dass das Gebiet der Ex-DDR sehr religionsfrei ist.
"In seinen Thesen beschreibt der Minister unter anderem Religion als
»Kitt und nicht Keil der Gesellschaft«. Dafür stünden
in Deutschland »die Kirchen mit ihrem unermüdlichen Einsatz für
die Gesellschaft«. Sie verbänden Menschen, nicht nur im Glauben,
sondern auch im täglichen Leben, in Kitas und Schulen, in Altenheimen und
aktiver Gemeindearbeit. Ein solcher Kitt für die Gesellschaft entstehe
aber nicht nur in der christlichen Kirche, sondern auch in der Synagoge und
in der Moschee, schreibt de Maiziere weiter. Deutschland sei zudem von einem
besonderen Staat-Kirchen-Verhältnis geprägt: »Unser Staat ist
weltanschaulich neutral, aber den Kirchen und Religionsgemeinschaften freundlich
zugewandt«."
Atheistische Anmerkung: ja, der fremdfinanzierte unermüdliche kirchliche
Einsatz wird eben gerne propagandistisch genutzt, auch wenn's bloße Geschäftstätigkeit
im Sozialdienstsektor ist. Dass Religion Kitt sein kann, merkt man im Islambereich, aber das ist kein
gesellschaftlicher Kitt, sondern ein parallelgesellschaftlicher! Und das ist
das Gegenteil vom gesellschaftlichen Kitt!