Grundlegende inhaltliche Prinzipien des Verbandes und der dort vertretenen
Islamauslegung finden sich in der Freiburger
Deklaration säkularer Muslime aus Deutschland, Österreich und
der Schweiz aus 2016.
Ausdruck der vertretenen liberalen und reformistischen
Haltung ist die gerade eröffnete Ibn-Rushd-Goethe Moschee in Berlin, die
von Seyran Ateş initiiert wurde. Diese ist für alle islamischen Ausprägungen
geöffnet und bietet das gemischte Gebet von Frauen und Männern. Ebenso
soll das Gebet auch von einer weiblichen Imamin geleitet werden, wobei man eine
Imamin von einer Mourchida unterscheiden muss, da letztere eine Muslima bezeichnet,
die die meisten Aufgaben eines Imams wahrnimmt, aber kein Gebet leiten darf.
In Ländern wie Marokko setzt man die Mourchidate (Pl. von Mourchida) im
Kampf gegen den Salafi Dschihadismus ein, da deren Einfluss auch die Frauen
erreicht, die vom gesellschaftlichen und religiösen Leben weitgehend ausgeschlossen
sind, um eine Dschihadisierung der Kinder und Jugendlichen zu verhindern.
Siehe
dazu: "Seyran Ates eröffnet in Berlin eine liberale Moscheegemeinde
-
und auch den Bericht
in der Beliner Morgenpost: "Ohne Burkas: In Moabit eröffnet die erste liberale Moschee".
Diese
liberale Moscheegemeinde beinhaltet ein deutliches Zeichen gegen ein, auch in
Europa verbreitetes, archaisches, patriarchalisches, desintegrativ wirkendes,
gewaltaffines und geschlechterdiskriminierendes Islamverständnis, welches
etwa von den vier sunnitischen Rechtsschulen bezüglich der Frage einer
Imamin vertreten wird, da angeblich die von ihr geleiteten Gebete für Männer
ungültig wären, wobei insgesamt eine strikte Geschlechtertrennung
während Salah (Pflichtgebet im Zustand ritueller Reinheit, welches zur
Ibadat (Ritenpraxis) der Arkän al-Islam al-Chamsa (5 Pfeiler des Islam)
gehört) einzuhalten ist, damit der Mann nicht von den Reizen der Frau abgelenkt
wird. Und vice versa. Daher beten die Geschlechter in den Moscheen getrennt.
Oder Frauen hinter den Männern. Oder die Frauen im häuslichen Bereich,
siehe dazu askimam.org
und dawah24.de!
Dieses Islamverständnis bezüglich der Geschlechtertrennung beim Salah
wird auch vom Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V. (ZMD) vertreten!
Das
widerspricht dem klassischen Islam der Frühzeit im 7. Jahrhundert,
als weibliche Gelehrte wie Umm al-Darda in Damaskus und Jerusalem während
des Umayyaden Chalifates im 7. Jahrhundert männliche Gelehrte unterrichtete.
Und auch Salah zusammen mit diesen ausübte, siehe Islamictext-Institut
und Islamicfeminism.org!
Insoweit
heute Islamverständnis, Islamauslegung und -auslebung in der islamischen
Welt oftmals konservativer und illiberaler sind, als in der Frühzeit des
Islam. Solch ein Islamverständnis hat in Europa im 21. Jahrhundert keinen
Platz, wo sich vermehrt ein Islamverständnis als Ergebnis eines inneren
historischen Prozesses entwickelt, welches mit den Prinzipien des freiheitlichen,
säkularisierten Staates kompatibel ist, wo jede Religion in einer Minderheitenposition
zu verbleiben hat.
Die Existenz dieses Islamverständnisses zeigen
seit Jahren auch die Initiative
Liberaler Muslime in Österreich (ILMÖ) und Dr. Amer Albayati. Derzeit
befindet er sich wegen erneuter Morddrohungen im Umzug an einen geheimen Ort,
da gerade liberale und säkulare Muslime, die zu den schärftsten Kritikern
innerislamischer Fehlentwicklungen in Europa gehören, vermehrt ins Zielspektrum
radikaler und dschihadistischer Muslime geraten.
Wovon Dr. Albayati
sich aber nicht abhalten lässt, weiter für das friedliche Miteinander
von Nichtmuslimen und Muslimen zu kämpfen:
' [...] Ich werde als
Sicherheitsmaßnahme in andere Wohnung übersiedeln. Die Behörden
wollten nochmals die Wega 24 Stunden vor meine Tür postieren und wie damals
schon 7 Monate lang sollte mich außerhalb die Cobra begleiten, aber ich
habe abgelehnt und nur akzeptiert, dass sich Polizeistreifen ein paar Mal zeigen
und bei mir persönlich melden, ob ich noch lebe. Die Behörden haben
alles getan und ich habe von meinen Computern ihnen Infos und Namen von meine
Bedrohung und Hassposting gegeben... Als friedlichen unparteiischen Aktivisten
versucht man mich zu stoppen, aber ich werde im Sinne Österreichs weiter
nur die Wahrheit sagen, 'koste es was es wolle'!
Ich werde auch weiterhin
immer die Wahrheit sagen und man kann sich auf mich verlassen, deshalb müssen
wir aktiv friedlich bleiben, es gibt keine andere Alternative für uns als
weiter öffentlich aufzutreten...
Ich werde trotz alledem bis zu meinem
letzten Atemzug die Wahrheit sagen.'
(Siehe
dazu "Hat Europa den Terror gezüchtet!?")
Man kann
nur hoffen, liberale und säkulare Muslime erhalten endlich das notwendige
politische, mediale und gesellschaftliche Gehör, um weitere Reformbewegungen
zu entfachen, anstatt primär den organisierten Islam und Islamisten zu
hofieren, die sich als angebliche 'Mittler zwischen den Religionen' generieren.
Dabei
aber eigene politisch-gesellschaftliche Ziele verfolgen, die teilweise auch
auf die Überwindung der hier geltenden Trennung von religiöser und
politischer Sphäre gerichtet sind, um langfristig eine schariatisch begründete
Nomokratie zu etablieren, da Islam angeblich nur dann Religion sein kann, wenn
er in einem islamischen Staatswesen, wie das Chalifat, ausgelebt werden kann.
Dabei gebietet schon der Koran keine bestimmte Staatsform wie das Chalifat,
welches erst nach dem Tod des Religionsstifters Muhammad aus den historischen
Gegebenheiten entstand, weil die Frage der Nachfolgeschaft geregelt werden musste.
Und der Koran keine Auskunft darüber gibt, wie diese zu regeln war, weil
er kurz vor dem Tod Muhammads endet. Man sollte daher aufhören, alles
mögliche aus dem Koran herauszulesen, was dort gar nicht enthalten ist.
Wie
etwa der Begriff Dschihad als 'Der Heilige Krieg' (al-Harb al-Muqadassah), den
der Koran nicht kennt, da er anstatt Dschihad (Bemühung/Anstrengung) Wörter
wie Harb (Krieg) und Qital (Kampf) nutzt, wenn gewaltsame Themen angesprochen
werden, die vor dem Hintergrund der jeweiligen Umstände, während der
Entstehung der muslimischen Gemeinde in Yathrib (Medina), als historisch gebundene
Ereignisse ohne übergeschichtliche Wirkmächtigkeit zu verstehen sind,
von denen der Koran, aus der Perspektive eines historischen Dokumentes, Zeugnis
ablegt.
Zur Möglichkeit der Kompatibilität von Islam und demokratischer
Staatsform verfasste 1925 der ägyptische Islamgelehrte und Schariahrichter
Shaykh Alī ʿAbd ar-Rāziq, der als geisitger Vater des islamischen Säkularismus
eingeordnet werden kann, sein Werk al-Islām wa-Usūl al-Hukm: Baht fī l-Hilāfa
wa-l-Hukūma fī l-Islām ('Der Islam und die Grundlagen des Regierens: Studie
über das Kalifat und Regieren im Islam'). Als Endergebnis wurde er aus
dem Richteramt entlassen und in die private Sphäre verbannt, da Reformer
in der islamischen Welt bis heute gefährlich leben, wie dem ZEIT-Artikel
"Mit dem Koran in die Moderne" zu entnehmen
ist!
Wie das Beispiel von Dr. Albayati zeigt, existieren solche Verhältnisse
schon längst in Europa. Diesen muss man entschieden entgegentreten,
da ansonsten die liberalen, säkularen und reformorientierten Muslime aus
Angst verstummen, weil diese von der Politik und der Zivilgesellschaft im Stich
gelassen werden.
Eine Folge davon wird die weiterhin ungehemmte Verbreitung
des extrem literalistischen, extrem puristischen und gewaltaffinen Islamverständnisses
sein, welches von den üblichen Verdächtigen Saudi-Arabien, Kuwait
und Katar mittels globaler Da'wah Aktivitäten (Da'wah = Einladung zum Islam
als Missionierung) nach Europa importiert wird, obwohl dieses Islamverständnis,
welches in Moscheen und Bildungseinrichtungen vermittelt wird, oftmals die Funktion
eines Durchlauferhitzers in die Spektren des radikalen Da'wah Salafismus und
militanten Salafi Dschihadismus übernimmt, siewhe dazu Artikel in der Süddeutschen
und im Bayernkurier!
Was
seit Jahrzehnten auch für legalistisch agierende Islamisten wie die europäischen
Muslimbrüder und einflussreiche Gelehrte wie Yusuf al-Qaradawi gilt, die
im Rahmen von Da'wah und mit juristischen Instrumenten wie den Fiqh al-Aqalliiyaat
(Recht der Muslime in der Minderheitsposition in einem nichtmuslimischen Land)
eine 'Islamische Transformation Europas durch Implantierung schariahtischkonformer
Normen' betreiben, siehe
"Dawa and the Islamist Revival in the West"
Christine
Schirrmacher: "[...] Das Ziel eines derartigen Minderheitsrechts ist
also nicht die Integration der muslimischen Migranten in die europäischen
Gesellschaften und eine volle Akzeptanz der dortigen Ordnung oder des Rechtssystems;
vielmehr verpflichtet es in umgekehrten Sinne Muslime, die als Minderheit in
europäischen Gesellschaften leben, dazu, in Europa die dauerhaft Anderen
zu sein und soweit wie möglich nach schariarechtlichen Vorgaben zu leben.
Auf solche, in der islamischen Gemeinschaft sehr einflussreiche Führungsfiguren,
ist es u. a. zurückzuführen, dass sich auch in der dritten Generation
von Muslimen in Deutschland ein Teil in einer dauerhaften Distanz zur deutschen
Gesellschaft – und damit auch zum deutschen Rechtssystem – verharrt."
Inzwischen
wird al-Qaradawi im Zusammenhang mit Katar auch auf der 'Blacklist' bez. des
Vorwurfs des Sponsorings terroristischer Kräfte geführt, siehe Aljazeera!
1. Solidarität, Unterstützung und Schutz für liberale,
säkulare und reformorientierte Muslime, damit sich ein mit dem freiheitlichen,
säkularisierten Staat kompatibles Islamverständnis in den muslimischen
Communities als Ergebnis eines innerislamischen Prozesses in Europa implantieren
kann, wobei es unerheblich ist, was Muslime in der islamischen Welt dazu sagen,
da Islam am Ende eben das ist, was Muslime daraus machen.
Außer, man
folgt der Denkrichtung des Essentialismus, indem man die soziale Kategorie Muslim
(per Definiton) mit der islamischen Religion überformt, um daraus angeblich
das gesamte Denken und Handeln von Muslimen als homogene Masse vorhersagen zu
können, da Muslime und Religion eine unauflösbare Einheit bilden.
Womit
diese verpflichtet sind, die gesamte Welt mittels Da'wah und gewaltsamen Dschihad
zu unterwerfen, weil dies der Koran befehlen würde.
2. Verbot
der Finanzierung von Moscheen und Bildungseinrichtungen aus der islamischen
Welt als Da'wah in Deutschland und Österreich, durch die der Nährboden
für Radikalismus und gewaltsamen Dschihadismus herangezüchtet wurde
und wird.
3. Lässt man dagegen alles so weiterlaufen wie bisher,
werden die Auflösung des gesellschaftlichen Verbundsystems entlang ethnisch-religiöser
Bruchlinien und ansteigende terroristische Gefährdung durch den Salafi
Dschihadismus, die die staatliche Autorität als Inhaber des Gewaltmonopels
durch Entkoppelung von obejktiv gegebener Gefährdungslage und subjektiv
empfundenes Sicherheitsgefühl beständig erodiert, die Folgen sein.
Dr. Thomas Tartsch - www.thomastartsch.org