Flocke
ist ein eifriger christlicher Kronenzeitungsleserbriefschreiber. Seine obige
Argumentation ist schon dadurch recht unterhaltsam, dass er so schreibt als
würden nur "bekennende Christen" Kirchensteuer zahlen (müssen).
Derweilen hat die katholische Kirche immer noch über fünf Millionen
Mitglieder, das sind keineswegs nur wenige zahlende Staatsbürger. Die bekennenden
Katholiken werden allerdings von Jahr zu Jahr weniger, seit 2003 ist der kirchlich
gezählte Besuch der Sonntagsmesse um rund ein Drittel gesunken, aber ausgetreten
sind nur um die zehn Prozent, also zahlen tut weiterhin die große Menge der nicht
mehr als bekennend auftretenden Kirchenmitglieder!
Herr
Flocke hätte nun gerne die christlichen arbeitsfreien Feiertage nur noch
für zahlende Kirchenmitglieder, die anderen Leute würde er arbeiten
schicken! Dummerweise gibt's da allerdings ein Problem mit der Verfassung,
weil dort steht im Artikel 14: "Die volle Glaubens- und Gewissensfreiheit
ist jedermann gewährleistet. Der Genuss der bürgerlichen und politischen
Rechte ist von dem Religionsbekenntnisse unabhängig; doch darf den
staatsbürgerlichen Pflichten durch das Religionsbekenntnis kein Abbruch
geschehen. Niemand kann zu einer kirchlichen Handlung oder zur Teilnahme an
einer kirchlichen Feierlichkeit gezwungen werden, in sofern er nicht der nach
dem Gesetze hiezu berechtigten Gewalt eines anderen untersteht."
Zu
den bürgerlichen und politischen Rechten zählt zweifelsfrei das Recht
an einem staatlich als Feiertag deklarierten Tag frei zu haben! Es gibt
zurzeit in Österreich diesbezüglich noch eine Ausnahme, die noch nicht
ausjudiziert ist. Seit dem Protestantengesetz von 1961 wurde nämlich Mitgliedern
der Evangelischen Kirchen der Karfreitag als Feiertag zugewiesen, für alle
anderen Personen gilt das nicht!
Im Feiertagsruhegesetz steht im §
7, Absatz 2: "Feiertage im Sinne dieses Bundesgesetzes sind: 1. Jänner
(Neujahr), 6. Jänner (Heilige Drei Könige), Ostermontag, 1. Mai (Staatsfeiertag),
Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Fronleichnam, 15. August (Maria Himmelfahrt),
26. Oktober (Nationalfeiertag), 1. November (Allerheiligen), 8. Dezember (Maria
Empfängnis), 25. Dezember (Weihnachten), 26. Dezember (Stephanstag)."
Und im Absatz 3: "Für Angehörige der evangelischen Kirchen AB
und HB, der Altkatholischen Kirche und der Evangelisch-methodistischen Kirche
ist auch der Karfreitag ein Feiertag."
Das Feiertagsrecht gilt
offenbar nicht unabhängig vom Religionsbekenntnis! Ein religionsfreier
Österreicher hatte nun Feiertagsüberstundengeld für seine Arbeit am Karfreitag 2015
eingeklagt und bekam in zweiter Instanz beim Oberlandesgericht Wien gemäß
der EU-Gleichbehandlungsrichtlinie, wonach keine Person wegen der Religion
oder Weltanschauung in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige
Behandlung erfahren darf, im März 2017 recht. Das Verfahren ist noch
nicht abgeschlossen, es ging im April am Obersten Gerichtshof weiter!
Dort
lagerte man den Fall aus: Der Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg
wurde um Klarstellung ersucht, ob die Sonderstellung der Angehörigen der
evangelischen Kirche, für die der Karfreitag ein Feiertag ist, eine Diskriminierung
der übrigen Arbeitnehmer aus Gründen der Religion darstellt. Bis zum
Karfreitag 2018 wird diese Entscheidung wohl vorliegen.
Da die Wirtschaft
vehement gegen einen neuen Feiertag für alle ist, wäre die einfachste
und zweifelsfrei praktischste Lösung wohl, den 8. Dezember ("Maria
Empfängnis") als Feiertag zu streichen und dafür den Karfreitag
für alle als Feiertag einzurichten. Da hätte sogar die Wirtschaft
ihre Freude daran, weil am 8.12. dürfen seit einigen Jahren die Geschäfte
offen halten, müssen aber Feiertagsüberstunden zahlen.
Beim
Feiertag "Maria Empfängnis" geht's religiös um die Zeugung
der christlichen Gottesmutter Maria ohne Erbsünde (nach einem päpstlichen
Dogma aus dem 19. Jht). Dieser Tag ist nur in Österreich, Liechtenstein,
den katholischen Kantonen der Schweiz, in Italien, Spanien, Portugal, Malta
und Argentinien ein gesetzlicher Feiertag. (In der Schweiz und in Deutschland
ist das Feiertagsrecht übrigens Kanton- bzw. Länderrecht, in der BRD
ist der Karfreitag überall ein Feiertag, aber der 6. Jänner, der 15.
August und der 1. November sind es nicht.)
Und ein weiteres Argument
dazu: Es muss keineswegs so eine große Zahl von religiösen Feiertagen
geben, da diverse christliche Feiertage ohnehin für die Masse der Menschen
längst keine Bedeutung mehr haben. Man könnte sie durch säkulare
Feiertage ersetzen, etwa den 12. Februar als Tag des Aufstandes gegen den Klerikalfaschismus
(1934),
den 27. April als Tag der Ausrufung der 2. Republik (1945), den 12. November als Tag
des Beschlusses über die Republikgründung (1918), den 10. Dezember als Tag
der Menschenrechte, den 21. Dezember als Tag des Staatsgrundgesetzes von 1867.
Aber
das allereinfachste wäre es, die traditionellen Feiertage lassen: den
ersten Jänner, Ostern, das war schon bei den alten Kelten als Frühlingsfest
im Gebrauch, Weihnachten als Zeitenwendefest, die Tage werden wieder länger
und das hat man schon in der Stonehenge-Zeit gefeiert! Die Anlage dort diente
auch als Kalender für den Jahreszeitenwechsel, hier ein Screenshot von
www.wissen.de
- zu sehen ist die Sonne zur Wintersonnenwende 2015:
An
diesem Tag schon vor 3000 Jahren ein Fest zu feiern, bedurfte nicht des Christentums!
Darum
also den 1. Jänner, den 1. Mai, den 26. Oktober und die beiden o.a. Jahreszeitenfeste
und auch noch das auch alttraditionelle Totengedenkfest (1.11.) als Feiertage
belassen und für die anderen Feiertage eine Woche mehr Urlaub einführen.
Weil da hat dann jeder was davon, praktizierende Protestanten nehmen sich
dann am Karfreitag und am Buß- und Bettag im November Urlaub und praktizierende
Katholiken zu Christi Himmelfahrt und Fronleichnam usw. Und alle anderen Religionen
mit anderen Feiertagszeiten könnten ihre Feiertage auch individuell per
Urlaub abwickeln! Und die Masse der Bevölkerung hätte eben ein
paar Feiertage weniger, aber zur beliebigen Verwendung eine Urlaubswoche mehr!