BRD: Sozialdemokratie weiß nimmer, wo sie herkommt

Es geht auch der SPD so wie der SPÖ: man weiß nicht, woher man kommt!
Die einstige Klientel wurde Arbeiterklasse genannt, das sagt man schon lange nimmer, weil heute die Mehrheit der sogenannten "unselbstständig Erwerbstätigen" den Status von "Angestellten" hat, "Angestellte" sind nicht nur was "Besseres" als "Arbeiter", sondern eben auch deutlich mehr! Daher redet man vom "Mittelstand". Das waren früher die Kleinunternehmer und Akademiker wie Anwalt, Arzt oder Apotheker, heute tituliert man fast die gesamte Bevölkerung so.

Die Angestellten umfassen nun etwa 60 % der Erwerbstätigen, die Arbeiter liegen bei 25 %, 5 % sind Beamte und der Rest ist selbstständig tätig. Die Teilung der Klasse der arbeitenden Menschen lag natürlich im Interesse des Kapitals, weil damit statt Klassensolidarität Konkurrenz geschaffen wurde. Und die Sozialdemokratie ist darauf voll hineingefallen, büßen mussten das als erstes die weniger qualifizierten Arbeiter, aber inzwischen hat es sich auf die gesamte arbeitende Klasse ausgeweitet, es gibt auch in der BRD keine Reallohnerhöhungen mehr und die Sozialdemokratie nimmt das schweigend als Schicksal zur Kenntnis.

Das gravierende Nebenprodukt dieser Entwicklung ist das Ignorieren der Bedürfnisse, Ängste, Hoffnungen der arbeitenden Bevölkerung! Bei den Grünen liegt die Sache klar: deren Wähler sind die almosenbereiten Teile des wohlsituierten Bildungsbürgertums, der Parteiapparat stammt auch aus diesem Bereich und hat keine Ahnung vom Leben der Menschen, die tatsächlich täglich werktätig sind. Die SPD hat auch ein Upgrade an dieses Politniveau gemacht, die ursprüngliche Klientel wird nicht mehr wahrgenommen, man redet Allgemeinplätze wie "Gerechtigkeit" durch die Gegend und schmiegt sich an linksliberale Mittelschicht an, die ehemalige eigene Klientel geht nimmer wählen, oder wählt Protestparteien.

Der SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz ließ bei seinem Auftauchen im März 2017 einige sozialdemokratisch klingende Sprüche von der Leine, schoss dadurch in der Wählergunst empor, merkte dann wohl, dass man im neoliberalen Zeitalter so etwas nicht sagen soll, weil man ja sowieso nix ändern kann und begab sich auf Stimmenabsturz. Jedenfalls lagen im März 2017 Schulz & SPD bei 31 %, Merkel & CDU/CSU bei 32 %, im Mai waren es dann bei letzteren bereits wieder 37 bzw. nur noch 27% bei den Sozialdemokarten.

Aktuell nach Mitte August 2017 liegen CDU/CSU bei 39 bis 40 % (41,5 bei den Bundestagswahlen 2013), die SPD ist auf 22 bis 25 % abgestunken (2013: 25,7), der Schulz rennt immer noch herum und redet davon, dass er die Wahl gewinnen wird, dabei versinkt der Flaschenkopf Schulz im Flaschenhals...

In der BRD gibt es mit der "Alternative für Deutschland" (AfD) nur eine recht wenig professionelle rechtspopulistische Partei, sie liegt zurzeit bei 8 bis 10 % (4,7% 2013), Frau Merkel hat ihren eigenen Populismus erfolgreich renoviert und reformiert. 2015 hatte sie versucht, ewigen Gutmenschenruhm zu erringen, als sie im Sommer praktisch durch den verlautbarten Verzicht auf die Dublinregelung quasi alle Syrer nach Deutschland einlud und diese Einladung mit einem machtvollen "wir schaffen das!" bekräftigte. Die Folgeereignisse brachten der Bundesmerkel die Erkenntnis, dass es nicht zu schaffen war, darum verlautbarte sie 2016, dass sich 2015 nicht wiederholen dürfe und als Wahlziel hat sie sich nun für weniger Willkommenskultur und dichtere Grenzen entschieden.

Sorgen für ihr Verhalten, das den Asylansturm auslöste, braucht sie sich nicht allzu viel zu machen. Da SPD, Grüne und Linke immer noch Positionen moralischer Hypertrophie vertreten, werden die Asylaspekte der merkelschen Regierungspolitik keine großen Wahlkampfthemen sein und CDU/CSU werden nicht viel verlieren, der Martin Schulz wird eher verlieren als gewinnen, profitieren wird am ehesten die FDP, die 2013 an der Prozentklausel scheiterte, sie wird mit 8 bis 9 % wieder in den Bundestag einziehen. Die Frau Merkel wird im Wahlkampf und danach auf das achten, das sie 2015 schwer missachtet hat, die Leute werden mit ihr wieder zufrieden sein. Der Schulz wird wohl nach der Wahl entschulzt werden...