Zum Thema Islam und Gewalt

Aussendung von Dr. Thomas Tartsch - www.thomastartsch.org vom 22.9.2017

Barmherzig sind diejenigen, die im Namen Gottes töten, überhaupt nicht. Als Feinde des Islam sehen sie sich ebenfalls nicht. Und es gibt eine Menge Muslime, die das auch bestreiten würden. Sie, die Islamisten von Daesh, tragen ihren Krieg nicht ohne Unterstützung oder zumindest Duldung einer bemerkenswerten Zahl von Muslimen in unsere Städte und träumen von der Eroberung der Welt.

"Die höchste Form der Kriegsführung ist die Zerstörung des Willens seines Feindes, um so allen Angriffen vorzubeugen." Sūnzǐ - "Die Kunst des Krieges"

Auch wenn es derzeit an der WENA-Front (Westeuropa-Nordamerika) auffällig ruhig ist, wird das Thema Islam und Gewalt eines der HotSpot Themen der nächsten Jahre auf politischer, sicherheitspolitischer und gesellschaftlicher Ebene bleiben, womit in Zukunft rationale Wählerstimmenmaximierung betrieben werden kann.

Dies wird sich in den anstehenden Wahlen in Deutschland und Österreich zeigen, wo diejenigen Parteien prägnante Stimmenzuwächse erzielen werden, die das Thema offensiv durch Agenda-Setting im Wahlkampf besetzt haben, während der politische Gegner nach der Theorie der Schweigespirale (Elisbeth Noelle-Neumann) handelt, wonach angeblich bestimmte Themen (Terrorabwehr, Innere Sicherheit, Islam/Islamismus und Integration/ Assimilation) für den Wahlkampf keine Bedeutung besitzen würden, was teilweise von den Medien unterstützt wird.

Insoweit das Auseinaderklaffen von öfentlicher Meinung und veröffentlichter Meinung den Verfall politischer Kommunikation postdemokratischer Prägung (Colin Crouch) verdeutlicht, da nur das im öffentlichen Diskurs thematisiert werden soll, was von der politischen Führungsebene als veröffentlichte Meinung vorgegeben wird.

Dagegen hat etwa eine aktuelle Studie aus 9/2017 (öffentliche Meinung) gezeigt, was derzeit die größten Ängste der Deutschen sind, wie hier auf diesem Screenshot aus der Studie zu sehen ist:


Nur weil derzeit keine Anschläge erfolgen, bedeutet es eben nicht, der Salfi Dschihadismus würde an Einfluss verlieren.

Vielmehr findet er täglich in Teilen der muslimischen Communities in Westeuropa eine breitere Verankerung, wo sich schariahtisch imprägnierte Gegengemeinschaften ausbilden, die den Islam nicht als spirituelle Religion sehen.

Sondern den Koran als eine direkt von Allah stammende Handlungsaufforderung, die Welt mittels gewaltlosen und gewaltsamen Dschihad zu unterwerfen, bis eine globale islamische Nomokratie innerhalb eines schariahtischen Rahmens errichtet wurde, da Islam angeblich nur dann Religion sein kann, wenn diese in einem Chalifat gelebt wird, wobei die Person des Religionsgründers Muhammad und seine nachkoranische Sunnah in entkontextualisierter und ahistorischer Weise zu einer übergeschichtlichen Wahrheit mit Vorbildfunktion hochstilisiert wurde, die auch mit Gewalt gegen jegliche Kritik geschützt werden muss:
Das Kalifat ist Pflicht!


So auch die, dem legalistischen Islamismus zugerechnete, arabisch-sunnitische Hizb at-Tahrir, die in Deutschland einem Betätigungsvebot unterliegt, während die Gruppierung in Österreich ungehindert agieren kann. Das Ziel der 1953 in Ostjerusalem von Taqi al-Din al-Nabhani gegründeten HaT ist auf die Errichtung eines neuen globales Kalifates gerichtet.

Wobei die HaT genau die Entwickungen in Deutschland und Österreich verfolgt:
In die "offiziellen Islamvertreter", wie sie sich selbst gerne bezeichnen, kann hier keine Hoffnung gesetzt werden. Sie haben nicht einmal gegen die reihenweise Schließung der islamischen Gebetsräume an deutschen Universitäten etwas unternommen, obwohl diese an manchen Orten bereits seit über 25 Jahren existieren.
Auch an österreichischen Schulen wird den muslimischen Schülern und Schülerinnen die Gebetsmöglichkeit zusehends verwehrt. Und die offizielle "Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich" (IGGiÖ) - mit direktem Draht zum Stadtschulrat und zum Bundeskanzleramt - schweigt dazu. Im Gegenteil: Ein Wiener "Islamlehrer", der von einer seiner Schülerinnen gebeten wurde, bei der Direktorin für eine Gebetsmöglichkeit zu intervenieren, gab ihr die "Fatwa", dass dies "nicht nötig" sei, weil sie "die Gebete am Abend zu Hause ja nachbeten" könne!

Siehe dazu "Die Pflicht zur Arbeit mit einem islamischen Block"

Wie konnte es zu dieser Entwicklung kommen?

Zum einen hat man dieses Gefährdungspotential in allen westeuropäischen Ländern über Jahrzehnte aus Konfliktscheu, Unwissenheit und Ignoranz sich selbst überlassen, womit es beständig anwachsen und gedeihen konnte.
Dabei hätte die Ermordung von Theo van Gogh 2004 durch ein mutmaßliches Mitglied der salafistischen Hofstadgroep, der dem niederländischen Geheimdienst AIVD schon vorher bekannt war, eine Warnung sein sollen, da die Mitglieder in einer schariahtisch imprägnierten und abgeschotteten Gegengemeinschaft salafistischer Ausprägung lebten.
Siehe dazu "A History of the Hofstadgroup"

Später erlebte der niederländische Salafi Dschihadismus trotz Zerschlagung der Gruppe eine Evolution.
Sowohl als indigener Homegrown Terrorism. Als auch auf globaler Ebene durch die Hidschra (Auswanderung) niederländischer Foreign Fighter in das DAESH Chalifat in ash-Sham, siehe "Summery of report 'Transformation of jihadism in the Netherlands'"

Entwicklungen die heute nicht mehr rückgängig gemacht werden können, da sich beide Auformungen verbinden und neue Gefährdungspotentiale des gewaltsamen Salafi Dschihadismus generieren, die in allen sozialen Schichten rekrutieren.

Was man überall in Westeuropa konstatieren kann, wo Länder wie Frankreich, Belgien und Großbritannien das Problem längst nicht mehr in den Griff bekommen. Sondern  man sich nur noch von Anschlag zu Anschlag hangelt, während das Gefährderpotential wächst und wächst.

Zum anderen, da das Thema aus Angst vor gesellschaftlicher Stigmatisierung und faktischer Kriminalisierung durch einschlägige "Islamophobie-Experten", die von "Eliten" in Politik, Gesellschaft, Kirchen und Medien gepampert werden, nicht offen diskutiert werden kann. Und auch nicht diskutiert werden soll. Aus welchen Gründen auch immer ...

Dr. Amer Albayati (ILMÖ) und ich haben dazu 2016 einen entsprechenden Artikel  "Gegen die Angst in der Diskussion über die Thematik "Islam und Gewalt" – Verbot der radikalen Islam-Szene notwendig" verfasst, weil diese Denkverbote nicht mehr greifen dürfen, da sich ansonsten bestehende Spaltungstendenzen entlang ethnisch-religiöser Bruchlinien zu einer Spaltung der gesamten Gesellschaft verbreitern, womit die Salafi Dschihadis ihr Ziel erreicht hätten. Und das ohne eine quantitative Ausweitung terroristischer Akte in der Zukunft, siehe "Albayati/Tartsch: Gegen die Angst in der Diskussion über die Thematik 'Islam und Gewalt' - Verbot der radikalen Islam-Szene notwendig".

Siehe dazu auch den Artikel bei Schlaglichter.at "Das Ende der Geduld" aus 2017 zum Thema.

Zusammenfassung:

Auch wenn sich kritische innerislamische Stimmen wie Masoud Aqil und Dr. Amer Albayati mehren, befinden wir uns derzeit in einer Situation, die von Sūnzǐ in die Kunst des Krieges beschrieben wurde, da bislang jede ergebnisoriente Diskussion zum Thema Islam und Gewalt mit moralinsauren und inhaltsleeren Kampfbegriffen wie "islamophobie" und "antimuslimischen Rassismus" unterbunden wurde, wodurch sich viele Menschen aus Angst vor sozialer Stigmatisierung und faktischer Kriminalisierung nicht mehr in den öffentlichen Diskurs einbringen.

Womit der vorgegebene Diskurs mit idyllischer Schönfärberei der sozialen Realität schon lange keine Erkenntnisgewinne mehr mit sich bringt, mit denen Handlungsmaximen für lösungsorientiertes Issue-Management generiert werden können.

Dabei gehört der geregelte Konflikt zur DNA moderner Gesellschaften als integratives Band und Anerkennung der unaufhebbaren Konflikthaftigkeit sozialer Beziehungen, da nur aus der Anerkennug und Regelung von Konflikten das Potential von notwendigen Wandel und gesellschaftliche Entwicklung erwächst. So der Soziologe Ralf Dahrendorf.

Davon sind wir noch lange entfernt, während sich der Salafi Dschihadismus wie ein Krebsgeschwür ausbreitet, der gesundes Gewebe fortschreitend befällt und vergiftet.

Dr. Thomas Tartsch