Thomas Loy: Feiertage dienen heute mehr zum Autowaschen als der
seelischen Erhebung. Der Ausweg: Christliche Festtage sollten nur noch für
Christen gelten. Ein Rant. (Anm.: engl. "rant" ist eine Schimpftirade,
Wutrede)
Die Läden sind dicht, was kann man sonst noch machen an
einem Reformationstag-Sonderurlaub 500 Jahre nach dem Thesenanschlag Martin
Luthers und der Epochenwende vom abergläubischen Mittelalter in die aufgeklärte
Neuzeit? Das Auto waschen.
Die Generalreinigung der wetterfesten Mobilitätshilfe
gehört zu den beliebtesten Feiertagsbeschäftigungen der Deutschen.
Sagt keine Umfrage, sage ich. So erlebt am Reformationstag. Volltanken ist auch
sehr beliebt. Nach dem brückentagsverlängerten Wochenendausflug an
die verregnete Ostsee.
Atheistischer Kommentar: Und was ist mit
protestantischen Kirchenmitgliedern, die nicht in der Kirche sitzen, sondern
ihr Auto waschen? Müsste dann nicht jeder Christ an einem christlichen
Feiertag seiner Firma eine kirchliche Bestätigung vorlegen, dass er sich
am Feiertag kirchlich und nicht autowaschend betätigt hat oder sich ein
verlängertes Ostseewochenende leistete?
Thomas Loy: Artikel
140: Feiertage dienen der "Arbeitsruhe und seelischen Erhebung"
Christliche
Feiertage wurden mal erfunden, um Christen Zeit zu geben, ihren Glauben zu verinnerlichen.
Sogar im Grundgesetz ist festgehalten, Feiertage dienten der "Arbeitsruhe
und der seelischen Erhebung", Artikel 140. Inzwischen haben immer weniger
Kirchensteuerzahler das Bedürfnis, sich seelisch zu erheben, Pfingsten
dem heiligen Geist zu öffnen oder Himmelfahrt einer Bittprozession anzuschließen.
Da zumindest in Berlin und Ostdeutschland Atheisten und Nicht-Christen in der
absoluten Mehrheit sind, muss man diese Glaubensleere auch gar nicht weiter
bedauern. Bleibt die Frage: Was macht das olle Feiertags-Gedöns dann noch
für einen Sinn?
Atheistischer Kommentar: Feiertage wurden
nicht von den Christen erfunden, Ostern und Weihnachten feierten Menschen als
Jahreszeitenfeste schon lange Zeiten vor der Erfindung des Christentums, siehe
etwa die kalendermäßigen Einrichtungen im altzeitlichen Stonehenge!
Das Christentum hat ihre Feste und Feiertage dem alten vorhandenen Brauchtum
angepasst!
Und zum Artikel 140, im Artikel drei des deutschen Grundgesetzes
der Absatz drei: "Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung,
seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner
religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden."
Das Grundgesetz untersagt rechtliche Unterscheidungen nach religiösen oder politischen
Anschauungen!
Thomas Loy: Vier mögliche Auswege aus
der Sinnkrise:
1. Christliche Feiertage abschaffen, bis auf Weihnachten und
Ostern: Hätte den Vorteil, dass zum Ausgleich des Freizeitverlustes zwei
jüdische und zwei islamische Feiertage gesetzlich festgeschrieben werden
könnten. Dann hätte jede Religion ihre höchsten Feiertage staatlich
verbrieft. Problem: Was machen Christen und Atheisten an jüdischen Feiertagen
und Juden an muslimischen?
Atheistischer Kommentar: Wie schon
festgestellt, Weihnachten und Ostern sind altzeitliche Menschheitsfeste, Wintersonnenwende
und Frühlingsbeginn waren wichtige jährliche Wendezeiten! Und sich
über den wieder länger werdenden Tag zu freuen oder über das
Erwachen der Natur, das ist doch wohl nicht von der Religion abhängig!
Thomas
Loy: 2. Christliche Feiertage umbenennen: Himmelfahrt könnte zur
Bierprozession erklärt werden, Pfingstmontag zum Tag der Freilichtbühnen,
der Reformationstag zum - na ja, Autowaschtag. Problem: Deutschland macht sich
zum internationalen Gespött.
Atheistischer Kommentar: Nachdem
diese christlichen Feiertage ohnehin kaum noch ein Interesse in der Bevölkerung
finden, wäre es viel einfacher Feiertage wie Himmelfahrt, Pfingsten, Fronleichnam
etc. abzuschaffen und dafür die Anzahl der Urlaubstage zu erhöhen.
Die praktizierenden Christen nehmen sich dann zu Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag
usw. einen Urlaubstag und die anderen nehmen sich die Urlaubstage nach persönlichen
Vorlieben.
Thomas Loy: 3. Jedes Bundesland bekommt ein festes
Feiertagskontingent und kann in eigener Regie Kalendertage verfeiern. Also etwa
die Fête de la Musique am 21. Juni oder den Internationalen Tag des Kindes.
Auch ein Mauerfalltag wäre denkbar. Problem: Das Durcheinander der Feiertage
von Land zu Land wird noch größer.
Atheistische Anmerkung:
In der BRD sind Feiertage Landesrecht.
Thomas Loy: 4. Christliche
Feiertage nur noch für Christen: Also nur noch aktive Kirchensteuerzahler
dürften der Arbeit fern bleiben. Hätte den charmanten Reiz, dass die
Konfessionen mal wieder einen echten Trumpf in die Hand bekämen, die Abtrünnigen
zurück in den Schoß der Kirche zu bewegen. Das Heilsversprechen fürs
Jenseits, die Sakramente und das christliche Bestattungszeremoniell ziehen ja
nicht mehr richtig.
Atheistischer Kommentar: Das ist gut beobachtet,
die kirchlichen Angebote ziehen nimmer so richtig. Aber das betrifft auch den
Sonntag! Und der Sonntag ist frei, weil der HErr im §3 seiner zehn Gebote
befohlen hat; "Du sollst den Tag des HErrn heiligen!" In der BRD gehen
laut kircheneigener Angaben sonntags knapp 11% der Katholiken und 3% der Protestanten
in die Kirche. Also: Sonntag abschaffen für alle, die sonntags nicht die
heilige Messe besuchen! Die Messbesucher erhalten ein pfarrliche Bestätigung,
diese montags in der Firma abgeben! Aber regelmäßige freie Tage gab
es schon im alten Babylon!
Thomas Loy: Bingo! Nummer 4 gewinnt.
Um es mit Luther zu sagen: Die Feiertage werden vom Kopf wieder auf die Füße
gestellt, der Ablasshandel mit Brückentagen wird unterbunden und die Regeln
und Werte des Zusammenlebens im christlich geprägten Deutschland wären
nicht mehr auf das schlanke Grundgesetz reduziert.
Atheistischer Kommentar:
Ja, das lässt sich ganz einfach machen, man lasse die vorchristlichen Traditionen
(Ostern, Weihnachten) weiterhin gelten, auch die staatlichen Feiertage, aber
alle christlichen oder sonst wie religiösen Feiertage werden abgeschafft
und durch entsprechende Erhöhung des Urlaubsausmaßes ersetzt! Der
Herr Loy will jedoch daraus eine Art Religionszwang haben, ein Tauschgeschäft:
Feiertage gegen Kirchensteuer!
Thomas Loy: Bei Weihnachten und Ostern wissen auch Nicht-Christen,
worum es geht - Natürlich können derart zur Umkehr bewegte Christen
immer noch die Feiertags-Gottesdienste schwänzen, aber sie zahlen immerhin
ihren Beitrag, damit die Gemeinden überhaupt noch Gottesdienste anbieten
können, die Kirchen instand gehalten und geheizt werden und nicht nur als
leere Hülle zur Bereicherung des Stadtbilds herumstehen. Wer Angst hat
vor der schleichenden Islamisierung Deutschlands, sollte sich mal an die eigene
Nase fassen und das Christentum in sich aktivieren. Hat Kanzlerin Angela Merkel
gesagt, bei einer Diskussionsrunde, und sie hat recht.
Atheistischer
Kommentar: Wie immer bei der christlichen Religion: es geht ums Geld! Aber
wenn die Kirchen sonntags leer sind, dann kann man sie ja zusperren, wegreißen,
verkaufen, es gibt inzwischen sogar schon Wohnkirchen!
Und das Gegenteil von der Islamisierung ist nicht die Re-Christianisierung,
sondern die Säkularisierung!
Thomas Loy: Okay, Weihnachten
und Ostern bleiben ausgenommen, da wissen ja auch Nicht-Christen so ungefähr,
worum es geht. Lösungen 4 und 1 in Kombination würde die Gleichberechtigung
der Religionen fördern, ohne die christliche Prägung aufzugeben.
Atheistischer
Kommentar: Ja, das wissen alle, Ostern fällt ungefähr in die Zeit,
wo das Frühjahr beginnt und Weihnachten in die Zeit wo die kurzen Tage
wieder länger zu werden beginnen, das haben die Völker schon seit
Jahrtausenden gefeiert und sollten sie auch weiterhin tun! Die christliche Prägung
war nur eine Umprägung alter Feste!
Thomas Loy: Wer weder
Christ noch Jude sein möchte, arbeitet eben weiter und steigert das Bruttosozialprodukt.
Besonders Ostdeutschland könnte von der neuen Feiertagsregelung ungemein
profitieren.
Atheistischer Kommentar: dazu nochmals der Artikel 3 des deutschen
Grundgesetzes:
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (..)
(3)
Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner
Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen
oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
Aber
das interessiert die tiefchristlichen Ungläubigenhasser nicht, das Thema
taucht ja ungefähr vierteljährlich irgendwo in den Medien auf! Es
wird trotzdem nichts werden mit "Ab zur Arbeit, Atheisten!"