Kreuzpflicht in den Eingangsbereichen staatlicher Gebäude in Bayern

Am 23. Mai 2018 veröffentlicht auf https://hpd.de/


Söder bei Facebook: "Klares Bekenntnis zu unserer bayerischen Identität und christlichen Werten. Haben heute im Kabinett beschlossen, dass in jeder staatlichen Behörde ab dem 1. Juni ein Kreuz hängen soll. Habe direkt nach der Sitzung ein Kreuz im Eingangsbereich der Staatskanzlei aufgehängt."

Das bayerische Kabinett unter Neu-Ministerpräsident Markus Söder hat beschlossen, in den Eingangsbereichen aller staatlichen Gebäude in Bayern Kreuze aufhängen zu lassen. Dies widerspricht ganz offensichtlich dem Grundsatz (Art. 4 GG), dass sich der Staat in religiös-weltanschaulichen Fragen neutral zu verhalten hat.

Markus Söder kennt natürlich den genannten Grundgesetzartikel, und daher behauptet er, das Kreuz sei ja kein religiöses Symbol, sondern ein Merkmal bayerischer Identität. Darüber mag er mit Vertreterinnen und Vertretern der christlichen Konfessionen streiten - es spricht Bände, dass sich Ex-Ministerpräsident Seehofer dazu nicht äußern möchte! -, die dieser Sichtweise aus verständlichen Gründen nichts abgewinnen können. Kardinal Reinhard Marx formulierte in diesem Zusammenhang (Süddeutsche Zeitung, 30.04.18, S. 8): "Wenn das Kreuz nur als kulturelles Symbol gesehen wird, hat man es nicht verstanden. Dann würde das Kreuz im Namen des Staates enteignet. … (Der Staat) kann und muss dafür sorgen, dass sich religiöse Überzeugungen artikulieren können."

Der Staat kann und muss aber auch dafür sorgen, dass sich nicht-religiöse und nicht-christliche Überzeugungen artikulieren können, dass agnostische oder atheistische, dass nicht-kirchliche Positionen das gleiche Recht auf Artikulierung haben wie religiöse. Diesem Grundsatz widerspricht die Anordnung des bayerischen Kabinetts.

Am 14. Oktober werden in Bayern Landtagswahlen stattfinden. Die Söder-CSU bangt um ihre absolute Mehrheit im Maximilianeum und um die Lufthoheit über den bayerischen Stammtischen, die von der AfD aktuell gefährdet wird. Daher gilt es, die AfD rechts zu überholen, ihr die Wähler abzujagen, die, so wird vermutet, früher CSU gewählt haben. Das ist das gute Recht von Markus Söder und der CSU. Der "Kreuz-Zug" Söders, ausgetragen letztendlich auf dem Rücken von allen Nicht-Christen, egal ob anders- oder nichtgläubig, geht über das hinaus, was in einem religiös-weltanschaulich neutralen Staat gestattet ist, oder sollte man besser sagen: gestattet sein sollte. Bayern scheint mit Söder auf dem Weg zu einem Gottesstaat zu sein – Grundgesetz hin oder her. Und das Kreuz wird zum Parteilogo der CSU.

Anmerkung atheisten-info:
Aktuell liegt die CSU bei Wahlumfragen bei 42 %, 2013 erhielt die Partei 47,7 %.
Die SPD ist auch in Bayern im Verfall, im Bund liegt sie mit 16,5 % zurzeit nur um ein Prozent vor der AfD, in Bayern bei 13 % (2013: 20,6 %). Die Alternative für Deutschland liegt ebenfalls bei 13 %, die Grünen hatten bei der vorigen Wahl 8,6 % und liegen aktuell umfragemäßig bei 12 %, die "Freien Wähler Bayern" hatten 9 % und liegen jetzt bei 7 %, für die FDP sprachen sich 5 % aus (2013: 3.3 %), für die Linke nur 2 % (2,1%). Der bayrische Landtag setzt sich jetzt so zusammen:  CSU: 101 Mandate, SPD: 42, Grüne: 18, FW: 19, rund 14 % der Stimmen erbrachten 2013 keine Sitze im Landtag, die CSU erreichte dadurch eine absolute Mehrheit, weil 47,7 % von 86 % wirksamen Stimmen ergab gut 55 % und eben 101 von 180 Sitzen.

Wenn man die Umfrageprozente (einschließlich der 6 % "Sonstigen") jetzt hochrechnet, wären die 42 CSU-Umfrageprozent statt 55 nur noch knapp 46 wirksame Prozent und statt der 101 Mandate gäbe es nur noch 83 Sitze. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass mit dem Kreuz in allen Ämtern die AfD so viele Stimmen verliert, dass diese Gruppierung nicht in den Landtag einzieht, weil die AfD-Wähler ja nicht unbedingt tiefchristliche Leute sind, die deswegen der CSU zuströmen. Die Tiefchristlichen in Bayern wählen ja sowieso die CSU! Somit könnte diese christliche Markierung des amtlichen Bayern viel eher Stimmen kosten als welche bringen! Genauso wie 2016 in Österreich der FPÖ-Kandidat Hofer bei der Bundespräsidenten-Stichwahl mit seinem Plakatslogan "so wahr mir Gott helfe", ÖVP-Wähler nicht gewonnen, sondern vertrieben hat! Die CSU fischt aus dem CSU-skeptischen Wählermarkt mittels Amtsverchristlicherung auch keine Stimmen!