"Es gibt keine Islamkritik"

Das hat die Sprachforscherin Elisabeth Wehling angeordnet, fundamental verbesserte sie die politische Korrektheit in einem Interview mit Daniel Bax, das schon am 25.7. beim Mediendienst-Integration erschienen ist, aber erst am 4.8.2018 von meinemeinen entdeckt wurde, hier der Text mit atheistischen Anmerkungen:

Mediendienst: Frau Wehling, in Ihrem Buch über "Politisches Framing" kritisieren Sie den Gebrauch des Wortes "Islamophobie". Warum?
Elisabeth Wehling: Islamophobie ist, wie Homophobie, ein ganz schlechter Frame. Eine Phobie ist eine Angststörung, die zu panischen Reaktionen führt. Der Begriff blendet aus, dass Ausgrenzung und Herabwürdigung selten aus einem Affekt heraus geschehen, sondern meist Ausdruck von bewussten Haltungen sind. Das ideologische Konzept, das dahinter steht, ist die Idee eines gesellschaftlichen Antagonismus: Die passen nicht zu uns, die gehören nicht hierher. Diese Haltung führt zu bestimmten Handlungen.
Atheistische Anmerkung: Dass eine Phobie, eine Krankheit ist, ist natürlich eine richtige Tatsachenfeststellung, allerdings stammt der Begriff "Islamophobie" aus dem Islam und wurde deshalb wohl unhinterfragt nachgeplappert, hier das Originalzitat aus den Arab News über eine Konferenz der Außenminister der islamischen Staaten in Islamabad vom 17.5.2007: "The foreign ministers termed Islamophobia the worst form of terrorism and called for practical steps to counter it." Die Außenminister bezeichneten Islamophobie als die schlimmste Form des Terrorismus und forderten praktische Gegenmaßnahmen. Der Frau Wehling ist das Wort jedoch deswegen unsympathisch, weil der Islam damit herabgewürdigt würde.

Mediendienst: Manche Wissenschaftler sprechen lieber von "antimuslimischem Rassismus". Ist das ein besserer Begriff?
Elisabeth Wehling: Es gibt ja eine ganze Reihe von Gruppen, die angefeindet, systematisch ausgegrenzt oder unterdrückt werden. Dazu gehören Schwarze in den USA, da nennt man es Rassismus. Bei Frauen ist es Sexismus. Ich weiß nicht, ob man den Begriff des Rassismus übertragen sollte auf Gruppen, die wegen ihrer Religion angefeindet werden. Ich denke, dafür sollte es einen eigenen Begriff geben, weil es ein eigenes Phänomen ist.
Atheistische Anmerkung: Das ist auch richtig beobachtet, der Islam ist eine Religion, eine Weltanschauung und keine Rasse.

Mediendienst: Was schlagen Sie vor?
Elisabeth Wehling: Alles, was die jeweilige Aktivität in den Vordergrund stellt: also Ausgrenzung, Abwertung, Hassrede oder Hetze. Ich würde für einen weiter gefassten Begriff plädieren und von Hetze sprechen, von Hetze gegen eine religiöse Minderheit. Denn wenn wir von Islamfeindlichkeit und Islamhass sprechen, lenken wir davon ab, dass meist ganz konkrete Menschen davon betroffen sind und nicht eine Religion.
Atheistische Anmerkung: Aha, wenn jemand den Islam kritisiert, dann ist das Hetze gegen eine religiöse Minderheit. Wie ist das bei anderen Religionen? Darf man dann in Österreich die katholische Religion kritisieren, die protestantische aber nicht, weil sie auch eine religiöse Minderheit ist? Und was ist dann mit einer Kritik des Islam in Saudi Arabien? Dort ist das die einzige erlaubte Religion, da kann man keine Hetze gegen eine religiöse Minderheit tätigen! Und konkrete Menschen dürfen von einer Kritik nicht betroffen sein. Mit jeder kritik trifft man konkrete Menschen! Machen wir darum ein allgemeines Kritikverbot?

Mediendienst:
Viele ziehen sich auf den Standpunkt zurück, sie übten bloße "Islamkritik". Wie begegnet man dem Argument?
Elisabeth Wehling: Ja, das ist sehr beliebt. Aber man kann den Islam gar nicht kritisieren.
Mediendienst: Kann man nicht?
Elisabeth Wehling: Kritik kann man an einem Sachverhalt üben. Ich sehe den so, andere sehen den anders. Man kann kritisieren, dass es Menschen gibt, die an Religionen glauben. Oder bestimmte Aspekte einer Religion. Aber eine Religion an sich kann man nicht kritisieren. Was soll denn das Äquivalent sein? Judentumskritik, Buddhismuskritik? Ich würde deshalb auch nicht von Islamkritik sprechen.
Atheistische Anmerkung: Christentumskritik gibt's auch! Oder gibt's das dann auch nicht? Wieso kann man Religion an sich nicht kritisieren? Was macht ein Atheist, der alle Religionen kritisiert, weil es ja gar keine Götter gibt? Geht das nicht? Das geht! Warum sollte es nicht gehen??

Mediendienst: Trotzdem hat sich das Wort "Islamkritik" eingebürgert, es steht sogar im Duden. Was bedeutet das?
Elisabeth Wehling: Dass sich ein Wort zunehmend durchsetzt. Das merken Sie auch daran, dass es plötzlich in ganz vielen grammatikalischen Formen auftritt. "Islamkritisch" als Adjektiv zum Beispiel. Dann heißt es, jemand ist "islamkritisch" eingestellt, und keiner fragt mehr: Was heißt denn das?
Atheistische Anmerkung: Was versteht die Frau Wehling am Wort "islamkritisch" nicht? Kritik am Islam ist "islamkritisch", so einfach ist das grammatikalisch.

Mediendienst: Der Begriff "islamkritisch" wurde anfangs sogar für Pegida und den radikal antimuslimischen Rechtspopulisten Geert Wilders verwendet. Ist das symptomatisch?
Elisabeth Wehling: Ja, das ist eine Verharmlosung. Das, was "Islamkritik" genannt wird, läuft meist darauf hinaus, die Religion verantwortlich zu machen für alle Dinge, die in ihrem Namen getan werden. Das spiegelt sich auch in Begriffen wie "islamistischer" Terror wieder. Manche reden sogar von "islamischem Terror". Damit etabliert man eine Interpretation der gesamten Religion, die sie per se in die Nähe von Gewalt rückt. Das halte ich für problematisch.
Atheistische Anmerkung: Aha, die Religion ist für alle Dinge, die in ihrem Namen getan werden, nicht verantwortlich! Aber muss das dann nicht bei allen Ideologien und Lebenssichten so sein? Darf man dann z.B. den Antisemitismus nicht dafür kritisieren, das der Antisemitismus zum Holocaust geführt hat? Und Jihadisten gibt's keine? Und wenn ein Terrorist bei seinem Anschlag Allahu akbar - Gott ist groß ruft, dann hat das nichts mit dem Islam zu tun. Aber man darf verlangen, alle zu massakrieren, die den Islam beleidigen:


Mediendienst: Je mehr man sich über Provokationen von Rechtspopulisten empört, desto mehr verschafft man ihnen Aufmerksamkeit. Manchmal kann man sich aber auch schlecht nicht empören. Wie kommt man aus diesem Dilemma raus?
Elisabeth Wehling: Das stimmt, es ist ein Dilemma. Sie können sich aber faktisch empören, ohne sich in die Frames ihrer Gegner einzukaufen. Nehmen Sie den Begriff "Fake News". Trump hat den Begriff erfunden und in die Debatte eingeführt. Und viele Medien verteidigen sich, indem sie sagen: Wir sind keine "Fake News". Sie sind aber nicht gezwungen, solche Begriffe aufzugreifen. Sie können darüber sprechen, dass der US-amerikanische Präsident ein Problem mit offener und transparenter Berichterstattung hat. Sie müssen Debatten nicht aus dem Weg gehen. Aber sie müssen zusehen, dass sie ihre eigenen Deutungsmuster sprachlich umsetzen. Ein weiteres Beispiel: Wenn die AfD von einer "Flüchtlingswelle" oder gar von "Invasoren" spricht, dann sollte man sagen, "Ich finde, das sind Menschen auf der Flucht, die sollten bei uns erst einmal ein Obdach bekommen". Alles andere hieße, die eigenen moralischen Prämissen und die eigenen Handlungsvorschläge im Dunkeln zu lassen.
Atheistische Anmerkung: Das war in Österreich sehr schön wahrnehmbar, je mehr die Gutmenschen auf die FPÖ geschimpft haben, desto mehr Wähler erhielt diese Partei. Das ging erst zurück als Kurz die ÖVP übernahm und sich als Erfüller des Hauptwunsches der Bevölkerung präsentierte, nämlich der Beendigung der Willkommenskultur. Frau Wehling weiß ganz genau, wie man die ÖVP&FPÖ-Regierung unterstützt, ihr Slogan "Ich finde, das sind Menschen auf der Flucht, die sollten bei uns erst einmal ein Obdach bekommen" ist genau das, was die Leute nicht hören wollen! Und darum haben die ÖVP und FPÖ bei den Umfragen immer eine solide Mehrheit

Mediendienst:
Selbst Leitmedien fällt es manchmal schwer, sich bestimmten Frames zu entziehen. Was können Journalisten tun?
Elisabeth Wehling: Als Einzelkämpfer hat man mit seiner Kommunikation und seiner Sprache immer einen begrenzten Radius. Diesen Radius kann man so gut wie möglich nutzen und sich in seiner Sprache möglichst ehrlich und transparent machen, indem man zeigt, wofür man steht. Denn Sprache spiegelt immer den eigenen Standpunkt wider. Als Gruppe hat man natürlich mehr Gewicht, wenn man sagt: "Wir sprechen jetzt so, wie wir es meinen. Und wir sprechen nicht mit den Schlagworten, die uns hingeworfen werden".
Atheistische Anmerkung: Und wer den Islam kritisiert, seinen Inhalt, seine Werte, seine praktische Anwendung, wird dabei nicht so gesprochen, wie es gemeint ist? Oder ist jedwede nichtpositive Meinung zum Islam eine minderheitenfeindliche Hetze? Wovon redet die Frau Wehling eigentlich die ganze Zeit?