Sozialdemokraten im Niedergang

So titelte die letzte marxistische deutschsprachige Zeitung, die JUNGE WELT, am 6.8.2018 einen Artikel über die Probleme der schwedischen Sozialdemokratie, die seinerzeit im sozialdemokratischen Zeitalter eine der wichtigsten diesbezüglichen Parteien war.

Gabriel Kuhn lässt seine Leserschaft u.a. wissen:
"Bei der Parlamentswahl in Schweden könnte extreme Rechte stärkste Kraft werden. Sie punktet als vermeintliche Verteidigerin des Wohlfahrtsstaates - Am 28. Juli erschien in der schwedischen Abendzeitung Aftonbladet ein Kommentar des Psychologen Jonas Thornell, ehemals Mitglied des sozialdemokratischen Jugendverbandes. Thornell erklärte, warum er sich gezwungen sieht, bei den schwedischen Parlamentswahlen am 9. September die rechtspopulistischen Schwedendemokraten zu wählen. Das Thema Migration sei dafür nicht entscheidend. Für dieses, so Thornell, interessiere er sich kaum. Doch die Schwedendemokraten stünden als einzige Partei für die Verteidigung des schwedischen Wohlfahrtsstaats. Tatsächlich bestätigt eine Untersuchung des Meinungsforschungsinstituts Novus, dass die wichtigsten Fragen für die Wähler Gesundheit, Schule und Ausbildung sind. Einwanderung folgt erst danach."

Weiter heißt es: "Deutlicher kann die Tendenz, rechte Kräfte zu den Verteidigern sozialer Gerechtigkeit zu stilisieren, kaum werden. Spürbar ist die Klatsche für die etablierten Parteien, vor allem die Sozialdemokraten. Diese stellen seit hundert Jahren fast ununterbrochen die schwedische Regierung. 1968 konnten sie noch mehr als 50 Prozent der Stimmen für sich verbuchen. In aktuellen Umfragen liegen sie bei etwa 25 Prozent. Die Schwedendemokraten folgen knapp dahinter. Es ist nicht unmöglich, dass die Partei mit Wurzeln im neonazistischen Milieu der 1980er Jahre zur stärksten politischen Kraft des Landes wird. Seit 2006 hat sich ihr Stimmenanteil bei jeder Parlamentswahl verdoppelt."

Über die Schwedenkommunisten heißt es: "Auch die Linkspartei profitiert von der Verdrossenheit der Wähler. Sie kann rund zehn Prozent der Stimmen erwarten, das beste Resultat seit 20 Jahren."

Zur Wahl im September abschließend: "Es steht viel auf dem Spiel am 9. September. Schweden ist nach wie vor einer der am stärksten ausgebauten europäischen Wohlfahrtsstaaten und betreibt eine verhältnismäßig offene Einwanderungspolitik. Doch darf man sich nicht täuschen lassen: Privatisierungen und neoliberale Logik sind längst angekommen, eingeführt von den Sozialdemokraten in den 1990er Jahren. Jetzt ernten sie die Früchte - unter anderem in Form ehemaliger Mitglieder, die sich der Rechten zuwenden."

Und? Soll das irgendwen überraschen?

Auch in Österreich hat man in der Abfolge von Vranitzky, Klima, Gusenbauer, Faymann und jetzt Kern alles getan, damit man ja nicht das tut, wofür seinerzeit die Sozialdemokratie zuständig gewesen war. 2016 bei der Bundespräsidentenwahl hatten 85 % der Arbeiter den FPÖ-Kandidaten Hofer gewählt, die SPÖ hat dazu nicht einmal einen Seufzer getan. Bei der Nationalratswahl 2017 konnte die SPÖ ihre Mandate gerade noch halten, die ÖVP gewann 15 hinzu, die FPÖ 11 und die Partei der grünen Unpopulisten verlor alle 24 Mandate.

Die Sozialdemokratie ist defakto nicht mehr für das tätig, wofür sie seinerzeit entstanden ist. Und man begreift es einfach nicht, dass der Klassenkampf ganz besonders im Neoliberalismus das ist, das heute nur noch von den Konzernen und der Finanzwirtschaft geführt wird. Die Sozialdemokratie steht daneben, schaut zu und begreift rein gar nichts mehr.

Die Rechtspopulisten sind das evolutionäre Naturprodukt, das sich daraus entwickelt hat. Und wer trägt die Schuld daran? Die Rechtspopulisten selber natürlich, die versuchen populär zu sein, während die politische korrekte Sozialdemokratie sich vorsichtshalber um strengen politisch korrekten Unpopulismus bemüht und dabei in ganz Europa recht erfolgreich ist...