Der Wirtschafts- und
Währungsausschuss (ECON) des Europäischen Parlaments hat heute über den
Vorschlag der EU-Kommission abgestimmt, wonach für alle europäischen
Banken eine verbindliche Untergrenze von Rückstellungen für faule
Kredite (“NPL-Verordnung”) eingeführt werden soll. Banken sollen die
neuen Regeln nur für Kredite anwenden, die nach Inkrafttreten der
NPL-Verordnung vergeben und zu einem späteren Zeitpunkt notleidend
werden. Das Überwachen der Risikovorsorge für bereits bestehende faule
Kredite obliegt damit weiter dem Ermessen der EZB. Die EZB kann
bank-spezifische Vorgaben machen und tat dies bislang nur für die
größten Banken der Eurozone unter ihrer Direktaufsicht.
Im März hatte die Kommission ein ganzes Maßnahmenpaket zum Abbau fauler
Kredite in europäischen Bankbilanzen vorgelegt, das auch
Mindestanforderungen für Kreditdienstleister umfasst (“NPL-Richtlinie”).
Kreditdienstleister kaufen, restrukturieren und verwerten notleidende
Kredite. Noch haben die ECON Ko-Berichterstatter Roberto Gualtieri
(S&D) und Esther De Lange (EPP) keinen Berichtsentwurf für die NPL
Richtlinie vorgelegt. Der Rat der Mitgliedstaaten hat sich bisher
ebenfalls nur auf eine gemeinsame Position zur NPL-Verordnung einigen
können.
Nach der heutigen Abstimmung
im ECON wird die Fraktion der Grünen/EFA beantragen, dass zunächst noch
das Plenum abstimmen muss, bevor die
Verhandlungen von EU-Parlament, Mitgliedstaaten und Kommission über den
finalen Gesetzestext der NPL-Verordnung beginnen können.
Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:
"Wir
haben das Risiko fauler Kredite längst nicht gebannt. Der Berg fauler
Kredite ist heute größer als vor der letzten Finanzkrise.
Christdemokraten und Sozialdemokraten im Europäischen Parlament
verschleppen das Problem. Die Vorschläge reichen nicht aus, um die
Risiken in den Bilanzen der europäischen Banken in den Griff zu
bekommen. Zusammen mit harten Vorgaben für die Risikovorsorge der Banken
brauchen wir
dringend Mindestvorgaben für Kreditdienstleister. Solange
Kreditverwerter wie Cerberus, Blackstone und Intesa Sanpaolo keinen
Verbraucherschutzregeln unterworfen werden, sind überschuldete
Kreditnehmer besser bei ihrer Hausbank aufgehoben. Die
Ko-Berichterstatter im Europäischen Parlament und der Rat der
Mitgliedstaaten müssen zügig ihre Vorschläge für die NPL-Richtlinie
vorlegen, damit wir noch in dieser Legislatur Verbraucherschutzregeln
für Kreditdienstleister bekommen.
Die
Position des Europäischen Parlaments ist schwächer als die des Rates
und schwächer als der Vorschlag der EU-Kommission. Wir Grüne haben
deshalb heute gegen den Bericht gestimmt. Harte Mindestvorgaben für die
Risikovorsorge notleidender Kredite sind notwendig, damit im nächsten
Abschwung die Steuerzahler nicht wieder strauchelnde Banken retten
müssen. Ohne wesentliche Fortschritte bei der Risikominderung werden wir
keinen Rahmen für einen europäischen Einlagensicherungsmechanismus
bekommen, der den Sparern überall in Europa den gleichen Schutz bietet.
Auch eine Letztsicherung für den ESM erreichen wir so nicht. Diejenigen,
die schwache Regeln für faule Kredite fordern, verhindern letztlich,
dass die Bankenunion durch eine dritte Säule ergänzt wird. Einen
stärkeren Rahmen für den Euro zu schaffen bedeutet, eine harte Linie in
Bezug auf die Risikovorsorge für notleidende Kredite zu verfolgen."
Vorschlag
der EU-Kommission für eine Verordnung zur Einführung einer verbindlichen Untergrenze von Rückstellungen für faule Kredite:
https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2018/12/COM-Proposal-Regulation.pdf
Vorschlag
der EU-Kommission für eine Richtlinie über Vorgaben für
Kreditdienstleister, Kreditkäufer und die Verwertung von Sicherheiten:
https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2018/12/COM-Proposal-Directive-on-credit-servicers-credit-purchasers-and-the-recovery-of-collateral.pdf
Heute vom Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments angenomme Kompromisse zu Änderungen der NPL-Verordnung:
https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2018/12/2018-12-05-NPL-Prudential-Backstop-FINAL-COMP.pdf
Übersicht der verschiedenen Ansätze:
https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2018/12/Timetable-for-the-provisioning-of-NPLs.pdf