Der UN-Migrationspakt sorgt weiter für Risse quer durch die Europäische
Union. In Belgien tobt innerhalb der Regierungskoalition ein erbitterter Streit
um das unverbindlich-verpflichtende Abkommen. Eine ausgewachsene Regierungskrise
ist die Folge.
In immer weiteren Staaten der Europäischen Union
führt der "Globale Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre
Migration", besser bekannt als UN-Migrationspakt, zu Ungemach, so auch
in Belgien. Dort führte der erbitterte Streit um das Maßnahmenpaket
sechs Monate vor den Parlamentswahlen nun zu einer ernsten Regierungskrise zwischen
den Regierungskoalitionären.
"Die Krise des UN-Migrationspaktes
entfaltet sich ohne Psychodrama. Die Konfrontation ist polar. Und deshalb gefährlicher?",
heißt es dazu in der belgischen Zeitung Le Soir.
Tatsächlich
geht es nicht um ein zähes Ringen der Argumente, sondern um eine direkte
Konfrontation zwischen den Liberalen und dem flämisch-nationalistischen
Koalitionspartner, der Nieuw-Vlaamse Alliantie *) (N-VA). Ungünstiger könnte
der Zeitpunkt für den unversöhnlich scheinenden Konflikt nicht sein,
denn schon in einer Woche steht die geplante Unterzeichnung des Migrationspakts
in Marrakesch an. Zu dieser will auch der liberale belgische Regierungschef
Charles Michel mit gezücktem Füllfederhalter anreisen. Vorher soll
allerdings noch das Parlament darüber entscheiden, ob es den Migrationspakt
mitträgt. Die N-VA kündigte bereits an, ihre Zustimmung zu verweigern.
*)
Anmerkung atheisten-info: die "Neu-Flämische Allianz" erstrebt
die Unabhängigkeit Flanderns von Belgien, im belgischen Parlament sind
13 Parteien vertreten, die N-VA war bei den letzten Wahlen 2014 mit 20.3 % und
33 von 150 Sitzen die stärkste Partei und ist eine der vier Koalitionsparteien
in der Regierung Michel von der "Mouvement Réformateur".
"Eine Regierung, die nach Marrakesch geht, ist eine Regierung,
die wir nicht unterstützen", heißt es entsprechend seitens
der N-VA.
Noch sei man Teil der Regierung, mahnte N-VA-Fraktionschef
Peter De Roover einer Meldung der Nachrichtenagentur Belga zufolge. Doch
werde man im Parlament gegen eine Resolution zur Unterstützung des Migrationspakts
stimmen. Sollte Michel nach Marrakesch reisen, hätte er nicht die Rückendeckung
seiner Regierung, sagte De Roover.
"Belgien darf dem Migrationspakt
der Vereinten Nationen nicht beitreten. Der Pakt mag nicht bindend sein, aber
er ist nicht ohne rechtliche Risiken", betonte der ebenfalls der
N-VA angehörende Staatssekretär für Asyl und Migration Theo Francken
am Donnerstagmorgen.
Regierungschef Michel hingegen plant demnach
auch ohne Zustimmung des Koalitionspartners das umstrittene Dokument in Marokko
zu unterzeichnen. Einen Trumpf hat der Regierungschef im Ärmel: Die
Opposition bestehend aus Grünen und Sozialisten. Mit deren Stimmen soll
demzufolge eine "progressive" Mehrheit zusammengezimmert werden. Derweil
ermahnte Premier Michel die N-VA, die Regierung nicht platzen zu lassen.
"Wer
jetzt den Stecker zieht, handelt unverantwortlich", sagte er dem
Sender Bel RTL.
Der UN-Migrationspakt soll auf einer Konferenz im
marokkanischen Marrakesch am 10. Dezember angenommen werden. Die Gegner des
Abkommens innerhalb der EU fürchten vor allem einen massiven Zuwachs an
Flüchtlingen und Migranten. Derweil kritisieren etwa Entwicklungsökonomen
vor allem die fortschreitende verdeckte Ausbeutung der Länder des Südens
- durch die Abschöpfung sogenannter "Arbeitsmigranten". Auch
wird kritisiert, dass die strukturellen Ursachen von Armut und Krieg nicht ausreichend
im Dokument gewürdigt würden.