Aktivisten
der Kommunistischen Partei Griechenlands verschönerten im Jahr 2010 die
Akropolis in Athen mit der Aufforderung an die Völker Europas, aufzustehen.
Die
Einwohner Griechenlands haben nun ein ganzes Jahrzehnt einer allgemeinen Wirtschafts-
und Staatskrise überstanden. Statistiken und Umfragen belegen das ganze
Ausmaß der humanitären Katastrophe, die die Hellenen erfasste.
Die
Mainstreammedien verkünden schon seit Monaten, dass Griechenland die Krise
überstanden habe und eine baldige Erholung zu erwarten sei. Es fehlt nur
noch der kluge Politiker, der den Einwohnern von Hellas blühende Landschaften
verspricht. Tatsächlich sieht die Lage jedoch düster aus. Ein ganzes
Jahrzehnt einer außerordentlich tiefen Allgemeinkrise der Wirtschaft und
Politik haben schwere Narben hinterlassen. Das lässt sich an einigen grundsätzlichen
Statistiken und Umfragen nachvollziehen.
Die Säuglingssterblichkeitsrate
etwa stieg, wie man auf der Website des Entwicklungsprogramms der Vereinten
Nationen lesen kann, von 3,2 pro 1.000 auf 4,3 im Jahr 2017. Eine ähnlich
dramatische Verschlechterung muss auch für die Kindersterblichkeitsrate,
also ab der Geburt bis zum fünften Lebensjahr, festgestellt werden: Betrug
sie 2011 noch 3,9 pro 1.000, war sie im Jahr 2017 schon auf 5,3 angestiegen.
Tendenz: weiter steigend.
Der Koeffizient der menschlichen Ungleichheit,
der unter anderem für den UN-Index der menschlichen Entwicklung verwendet
wird, stieg von 10,5 im Jahr 2013 auf 13,1 im Jahr 2017. Der Anteil der arbeitenden
Bevölkerung sank dagegen von über 48 Prozent im Jahr 2005 auf unter
40 Prozent im Jahr 2013. Die Jugendarbeitslosigkeit verdoppelte sich während
der Krise auf über 58 Prozent (Stand 2013).
Zwar ist diese seitdem
wieder leicht rückläufig, jedoch ist eine echte Erholung nicht in
Sicht. In den Jahren nach der Krise flüchteten überdies Hunderttausende,
vor allem jugendliche, Griechen in die reicheren EU-Staaten. Das führte
einerseits zu einer Bereinigung des griechischen Arbeitsmarktes und einer oberflächlichen
Beschönigung der Arbeitsmarktzahlen, andererseits aber muss Griechenland
einen dramatischen Bevölkerungsverlust beklagen.
Das Bruttoinlandsprodukt
ist laut Statista.de von über 350 Milliarden US-Dollar im Jahr 2008 auf
knapp 190 Milliarden US-Dollar im Jahr 2016 gefallen. Pro Kopf gerechnet sank
das BIP des Landes von etwa 32.000 Dollar im Jahr 2008 auf unter 18.000 Dollar
im Jahr 2016. Die Staatsverschuldung stieg dagegen von rund 265 Milliarden Dollar
im Jahr 2008 auf knapp 350 Milliarden Euro im Jahr 2018. Eine Trendwende ist
auch bei diesen Kennziffern nicht in Sicht.
Das "Eurobarometer"
- regelmäßige Umfragen, die von der Europäischen Kommission
in Auftrag gegeben werden - belegt den immateriellen Zerfall in Griechenland.
Waren vor der Krise im Jahr 2007 noch fast 60 Prozent der befragten Griechen
zufrieden mit der Demokratie in der EU, gaben im Jahr 2018 dagegen 65 Prozent
an, unzufrieden zu sein. Im Jahr 2007 hatte eine große Mehrheit der Griechen
noch Vertrauen zur Europäischen Zentralbank (EZB) und zur EU selbst. Nach
einem verlorenen Jahrzehnt samt Eurokrise und von Brüssel und Berlin diktiertem
Sparkorsett geben dagegen 70 Prozent der Griechen an, der EU und der EZB eher
nicht zu vertrauen. Waren im Jahr 2006 noch 70 Prozent der Griechen zufrieden
mit ihrem Leben, gab im Jahr 2018 etwa die Hälfte der Befragten an, unzufrieden
zu sein.