Die Religionsfreiheit steht im Artikel 14 des Staatsgrundsgesetzes:
(1)
Die volle Glaubens- und Gewissensfreiheit ist jedermann gewährleistet.
(2)
Der Genuss der bürgerlichen und politischen Rechte ist von dem Religionsbekenntnisse
unabhängig; doch darf den staatsbürgerlichen Pflichten durch das Religionsbekenntnis
kein Abbruch geschehen.
(3) Niemand kann zu einer kirchlichen Handlung oder
zur Teilnahme an einer kirchlichen Feierlichkeit gezwungen werden, in sofern
er nicht der nach dem Gesetze hiezu berechtigten Gewalt eines anderen untersteht.
Und
dann gibt es aus derselben Zeit auch gesetzlich Regelungen dieser Art:
Im
Gesetz vom 25. Mai 1868 über die interkonfessionellen Verhältnisse
der Staatsbürger werden die religiösen Verhältnisse in Österreich
staatlich-rechtlich geordnet. Über den Konfessionswechsel und Kirchenaustritt
heißt es:
Artikel 4. Nach vollendetem 14. Lebensjahr hat Jedermann
ohne Unterschied des Geschlechtes die freie Wahl des Religionsbekenntnisses
nach seiner eigenen Überzeugung und ist in dieser freien Wahl nötigenfalls
von der Behörde zu schützen. Derselbe darf sich jedoch zur Zeit der
Wahl nicht in einem Geistes- oder Gemütszustande befinden, welcher die
eigene freie Überzeugung ausschließt. (..)
Artikel 6. Damit
jedoch der Austritt aus einer Kirche oder Religionsgenossenschaft seine gesetzliche
Wirkung habe, muss der Austretende denselben der politischen Behörde melden,
welche dem Vorsteher oder Seelsorger der verlassenen Kirche oder Religionsgenossenschaft
die Anzeige übermittelt. Den Eintritt in die neu gewählte Kirche oder
Religionsgenossenschaft muss der Eintretende dem betreffenden Vorsteher oder
Seelsorger persönlich erklären.
Artikel 7. Die Bestimmung
des § 768 lit. a) ABGB., vermöge welcher der Abfall vom Christentum
als Grund der Enterbung erklärt wird, dann die Verfügungen des §
122 lit. c) und d) StG., womit derjenige, welcher einen Christen zum Abfalle
vom Christentum zu verleiten oder eine der christlichen Religion widerstrebende
Irrlehre auszustreuen sucht, eines Verbrechens schuldig erklärt wird, sind
aufgehoben. Es ist jedoch jeder Religionspartei untersagt, die Genossen einer
anderen durch Zwang oder List zum Übergang zu bestimmen. (..)
Soweit
ein paar Gesetzeszitate.
Der Religionsunterricht war zu Anbeginn der Schulpflicht ein wichtiges
Element, die religiöse Erziehung steht dadurch auch heute noch im Schulorganisationsgesetzes
§2: "Die österreichische Schule hat die Aufgabe, an der Entwicklung
der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten
sowie nach den Werten des Wahren, Guten und Schönen durch einen ihrer Entwicklungsstufe
und ihrem Bildungsweg entsprechenden Unterricht mitzuwirken. Sie hat die Jugend
mit dem für das Leben und den künftigen Beruf erforderlichen Wissen
und Können auszustatten und zum selbsttätigen Bildungserwerb zu erziehen."
Das
Grundrecht der Religionsfreiheit gilt aber auch im Schulbereich, darum ist im
Religionsunterrichtsgesetz (1949) die Abmeldung vom Religionsunterricht vorgesehen,
zum Religionsunterrichtsbesuch heißt es dort:
§ 1. (1) Für
alle Schüler, die einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft
angehören, ist der Religionsunterricht ihres Bekenntnisses Pflichtgegenstand
an den öffentlichen und den mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten
.... Schulen.
(2) Schüler, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet
haben, können jedoch von ihren Eltern zu Beginn eines jeden Schuljahres
von der Teilnahme am Religionsunterricht schriftlich abgemeldet werden; Schüler
über 14 Jahren können eine solche schriftliche Abmeldung selbst vornehmen.
Das
bedeutet, dass der Religionsunterricht nur für Mitglieder einer gesetzlich
anerkannten Religionsgemeinschaft als Pflichtgegenstand gilt und das auch nur
im eingeschränkten Umfang, weil es das Recht auf Abmeldung gibt. Durch
die Einführung eines Ethikunterrichtes für Nichtreligiösorganisierte
kann kein Pflichtunterricht entstehen, weil es keine Religionspflicht gibt,
kann es auch keine Ersatzreligionspflicht geben.
Denn wenn man einen neuen Unterrichtsgegenstand einrichten will, um Schüler darauf vorzubereiten, selbstbestimmte, verantwortliche und tolerante Bürger einer modernen pluralistischen Demokratie zu werden, dann muss dieser Unterricht nicht nur den Nichtreligiösen, sondern allen erteilt werden (Staatsbürgerkunde, Lebenskunde). Weil eine Erziehung zu selbstbestimmten, verantwortlichen und toleranten Bürger einer modernen pluralistischen Demokratie erhält man im Religionsunterricht nicht!