Sven Giegold über Steueroasen:

Aussendung vom 10.10.2019

Europäische Finanzminister messen mit zweierlei Maß und setzen die USA nicht auf schwarze Liste

Die EU-Finanzminister streichen mehrere Drittstaaten von der EU Liste nicht-kooperativer Länder in Steuerfragen. Die USA stehen weiterhin nicht auf der EU Liste von Steueroasen. Seit Juni 2019 müssen Länder, die das Übereinkommen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zum automatischen Informationsaustausch nicht unterzeichnet haben, eigentlich auf die schwarze Liste gesetzt werden. Doch die zuständige EU-Ratsarbeitsgruppe Verhaltenskodex Unternehmensbesteuerung befand die bilateralen Abkommen zwischen den USA und den europäischen Mitgliedstaaten für gleichwertig mit dem OECD-Übereinkommen. Verantwortlich sind für diese Arbeitsgruppe alleine die Mitgliedsländer der EU, nicht die EU-Kommission.

Von der grauen Liste der Staaten unter Beobachtung werden die Schweiz, Albanien, Costa Rica, Serbien und Mauritius gestrichen. Sachverständige der Mitgliedstaaten hatten die Steuergesetze dieser Staaten analysiert und für ausreichend befunden. Die Marschallinseln sowie die Vereinigten Arabischen Emirate werden von der schwarzen Liste entfernt und auf die graue Liste gesetzt. Beide Länder hatten politische Zusagen gemacht, bis Ende 2020 die Kriterien der EU zu Steuertransparenz, fairer Besteuerung und Umsetzung von Maßnahmen der OECD einzuhalten. Somit verbleiben auf der schwarzen Liste noch neun Staaten: Amerikanisch-Samoa, Belize, Fidschi, Guam, Oman, Samoa, Trinidad und Tobago, US Virgin Islands und Vanuatu.

Dazu erklärt Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion Grüne/EFA im Europäischen Parlament:
"Die schwarze Liste wird unglaubwürdig, wenn die EU nach zweierlei Maß misst. Die EU muss die USA genau wie andere Länder auch behandeln. Wer sich wie eine Steueroase verhält, gehört auf die Liste. Die europäischen Finanzminister wenden die eigenen Steueroasen-Kriterien nicht konsequent an. Weil die USA sich nicht am OECD-Informationsaustausch beteiligen, sind amerikanische Briefkastenfirmen für europäische Steuerbehörden weiterhin undurchsichtig. Die USA liefern nicht die Informationen, die sie selbst aus Europa erhalten. Die USA laden über anonyme Briefkastenfirmen zur Steuerflucht ein.
Die schwarze Liste hat Steueroasen auf der ganzen Welt dazu bewegt, ihre schädlichsten Steuergesetze zu ändern oder abzuschaffen. Das zeigt: Wenn die EU zusammenarbeitet, kann sie etwas gegen die weltweite Steuervermeidung bewirken.
Die Kriterien der Gruppe Verhaltenskodex Unternehmensbesteuerung sind noch immer zu schwach, um Steuerdumping konsequent zu bekämpfen. Es ist absurd, dass die Schweiz von der grauen Liste gestrichen wird. In der Schweiz geht das Steuerdumping von Unternehmen unbeirrt weiter. Mit der letzten Unternehmenssteuerreform wurden Steuersätze in vielen Kantonen gesenkt und neue Steuersparmodelle wie breit aufgestellte Patentboxen geschaffen. Dennoch erfüllt die Schweiz nun die europäischen Mindestanforderungen. Nullbesteuerung von Gewinnen ist im EU-Recht leider erlaubt und auch eine Prüfung der ökonomischen Substanz von Steuergestaltungen ist nicht zwingend vorgeschrieben. Deshalb muss die EU ihre eigenen Regeln überarbeiten und insbesondere das Kriterium der Schädlichkeit von Steuerpraktiken verschärfen.”

Beschlussvorlage für das EU-Finanzministertreffen