Mit Spannung wird die für 26. Februar angekündigte Entscheidung des dt. Bundesverfassungsgerichts (Az: 7 K 8461/18) zum Selbstbestimmungsrecht am Lebensende erwartet. Dabei geht es nicht nur um die Aufhebung des Verbots ärztlicher Sterbehilfe (§ 217 StGB), sondern auch um die Legalisierung des Erwerbs des Betäubungsmittels Natriumpentobarbital (NaPB) in Fällen extremer Sterbensnot zum Zweck der Selbsttötung.
Und auch die hierzulande neu gegründete ÖGHL, die sich dafür einsetzt, sinnloses und unerträgliches Leid am Lebensende zu vermeiden erwartet im Frühjahr ein höchstgerichtliches Urteil. Der Wiener Anwalt Dr. Wolfram Proksch hat für drei auf unterschiedliche Art selbst betroffene Antragsteller und einen Arzt, der Freitodbegleitung durchführen würde, einen entsprechenden Antrag beim VfGH eingebracht. Das Verbot der aktiven Sterbehilfe soll damit wegen Verfassungswidrigkeit in Österreich kippen. “Denn in Österreich steht sogar die Reisebegleitung eines schwerkranken Freitodwilligen in ein Land, in welchem aktive Sterbehilfe erlaubt ist, unter Strafe”, kritisiert Proksch.
Die ÖGHL betrachtet ein Recht auf Selbstbestimmung am Lebensende als wesentlichen Teil der Autonomie des Menschen und diese Haltung erhält zusehends breitere Zustimmung. Die ÖGHL folgt dabei den Empfehlungen der Bioethikkommission des Bundeskanzleramts („Sterben in Würde“, 2015). Sie setzt sich daher für Entkriminalisierung der Sterbehilfe, insbesondere für die Liberalisierung von § 78 StGB „Mitwirkung am Selbstmord“ (Suizidhilfe) und von § 77 StGB „Tötung auf Verlangen“ (Sterbehilfe) ein und agiert gemeinnützig, überkonfessionell und überparteilich.
Die ÖGHL engagiert sich nicht nur für einen Rechtsanspruch auf die Ausgabe geeigneter Medikamente, sondern auch auf aktive Sterbehilfe. Dabei betont sie jedoch den ethischen und zeitlichen Vorrang von Palliativmedizin und psychischer sowie emotionaler Betreuung vor jeder Entscheidung zum Freitod.
Mitglieder im hochkarätigen Beirat sind u.a. Wolfgang Obermüller, Initiator der größten deutschsprachigen Sterbehilfe-Petition “Mein Ende gehört mir!” (mit aktuell über 87.000 Unterzeichnern) “Die große Mehrheit der Bevölkerung will ihr eigenes Ende selbstbestimmt gestalten können. Das ist ein deutliches Signal an die Politik, zu handeln!“ erklärt er. Weitere Mitglieder sind Ludwig A. Minelli (Gründer von dignitas.ch), der Rechtsanwalt Dr. Wolfram Proksch, der Tiroler Autor Alois Schöpf, die Ärzte Dr. Isolde Lernbass-Wutzl und DDr. Christian Fiala sowie der Notfallarzt und Freitodbegleiter Dr. Gerhard Kölble, aktiv in der Schweiz und in Deutschland.
Hier aus der ORF-Meldung dazu: Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat das Verbot, Sterbewilligen die
Selbsttötung zu ermöglichen, für verfassungswidrig erklärt. Das Gesetz
vom Dezember 2015 gegen die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung
ist damit nichtig und kann nicht mehr angewendet werden. Kritik kam von
den Kirchen.
Dazu die kirchlichen Stellungnahmen: Kirchen besorgt
Die katholische und die evangelische Kirche
reagierten besorgt auf die Entscheidung. "Das Urteil stellt einen
Einschnitt in unsere auf Bejahung und Förderung des Lebens ausgerichtete
Kultur dar", teilten der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz,
Kardinal Reinhard Marx, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche
in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, in einer
gemeinsamen Erklärung mit.
"Wir befürchten, dass die Zulassung
organisierter Angebote der Selbsttötung alte oder kranke Menschen auf
subtile Weise unter Druck setzen kann, von derartigen Angeboten Gebrauch
zu machen."
Das mit Spannung erwartete Urteil stellt einen fundamentalen Durchbruch für ein Sterben in Würde dar. Durch die Aufhebung des verfassungswidrigen Sterbehilfe-Paragrafen tritt in Deutschland ab sofort wieder die bis zum 6. November 2015 gültige, menschenfreundlichere Rechtslage in Kraft. “Das heutige höchstrichterliche Urteil ist ein Schritt nach vorne für all jene, die mehr Selbstbestimmung, Würde und Menschlichkeit am Lebensende einfordern", sagt Wolfgang Obermüller, Sprecher der Österr. Gesellschaft für ein humanes Lebensende (ÖGHL). Nun hofft er, dass dieser Richterspruch auch in Österreich wirken wird. Denn in Österreich wird noch in diesem Jahr ein Urteil zur generellen Liberalisierung der Sterbehilfe erwartet. Während in Deutschland zur „geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ geurteilt wurde, stehen hierzulande die Paragrafen 77 („Tötung auf Verlangen“) und vor allem § 78 („Mitwirkung am Selbstmord“) auf dem höchstrichterlichen Prüfstand, die noch restriktiver waren als der in Deutschland eben gekippte Paragraph. Die ÖGHL setzt sich für Entkriminalisierung der Sterbehilfe ein und fordert nicht nur für einen Rechtsanspruch auf die Ausgabe geeigneter Medikamente sondern auch auf aktive Sterbehilfe. Dabei betont sie allerdings den ethischen und zeitlichen Vorrang von Palliativmedizin und psychischer sowie emotionaler Betreuung vor jeder Entscheidung zum Freitod. "Wir sind zuversichtlich, dass auch der Österreichische Verfassungsgerichtshof bei seinem Entscheid, mit dem noch in diesem Frühjahr gerechnet wird, das Recht auf einen menschenwürdiges und selbstbestimmtes Lebensende stärken wird", so Obermüller.