Wundersame Target-Salden

Wilfried Müller am 12.6.2020

Es gerät gern in Vergessenheit, das Zahlungssystem der Eurozone. Allem Anschein nach ist das gewollt und wird durch Manipulation so gehalten. Dieser Text liefert eine Begründung für die Anschuldigung.

Die Zahlenreihe unten zeigt die Entwicklung vom Saldo der Deutschen Bundesbank gegenüber dem Target-System. Über die Jahre hinweg hat das System immer mehr Forderungen der Bundesbank an die EZB aufgebaut. Ganz am Anfang war es noch nicht so, da hat es wie geplant funktioniert. Das drückt sich in den Salden 0 der ersten Jahre aus. Dann stiegen die Salden an, bis zu einem Gipfel während der Bankenkrise. Seither heißt das System Target 2. Zunächst gab es eine Beruhigung, aber seit 2015 ging der Anstieg bis über 900 Mrd.

Parallel dazu sanken die Salden von Italien auf -450 Mrd und Spanien auf -400 Mrd., d.h. diese Länder schuldeten der EZB die entsprechenden Beträge.

Bei der Betrachtung der Zahlen fällt auf, dass es keine direkte Kausalität zwischen den QE-Maßnahmen und den deutschen Target-Salden gibt. Obwohl die QE-Geldschwemme seit 2015 fast ununterbrochen weiterging, wurde der 900-Mrd.-Saldo schon 2017 erreicht und hat sich seither nicht wesentlich vergrößert. Der Saldo bleibt immer um die 900 Mrd. herum. Im Dezember 2018 erreichte er auch mal 966 Mrd., sank aber wieder etwas ab.

Datum  Betrag
12/2001   0 (hier funktionierte es noch)
12/2002   0
12/2003   0
12/2004   0
12/2005   0
12/2006   13 Mrd. Target
12/2007   93 "
12/2008  133 "
12/2009  178 "
12/2010   303 "
12/2011   498 "
08/2012   749 " (peak bei Bankencrash)
12/2012   616 "
12/2013   500 " Target 2
12/2014   515 "
12/2015   587 " (ab hier QE)

31. Dezember 2016 Betrag:754.262.914.964,24 Euro
31. Januar 2017 Betrag: 795.621.293.492,45 Euro
28. Februar 2017 Betrag: 814.000.000.000,00 Euro
31. März 2017 Betrag: 829.751.000.000,00 Euro
30. April 2017 Betrag: 843.439.000.000,00 Euro
31. Mai 2017 Betrag: 857.272.000.000,00 Euro
30. Juni 2017 Betrag:: 860.764.000.000,00 Euro
31. Juli 2017    Betrag: 856.510.000.000,00 Euro
31. August 2017 Betrag: 852.511.000.000,00 Euro
30. September 2017 Betrag: 878.888.000.000,00 Euro
31. Oktober 2017 Betrag: 848.443.000.000,00 Euro
30. November 2017 Betrag: 855.584.000.000,00 Euro
31. Dezember 2017 Betrag: 906.941.417.444,22 Euro
31. Januar 2018 Betrag: 882.051.841.960,72 Euro
28. Februar 2018 Betrag: 913.989.050.687,57 Euro
31. März 2018 Betrag: 923.466.081.285,58 Euro
30. April 2018 Betrag: 902.364.255.816,66 Euro
31. Mai 2018 Betrag: 956.150.392.473,37 Euro
30. Juni 2018 Betrag:: 976.266.420.827,17 Euro
31. Juli 2018    Betrag: 913.270.212.439,49 Euro
31. August 2018 Betrag: 912.448.137.514,42 Euro
30. September 2018 Betrag: 956.487.581.134,14 Euro
31. Oktober 2018 Betrag: 927.555.162.351,79 Euro
30. November 2018 Betrag: 941.129.687.295,84 Euro
31. Dezember 2018 Betrag: 966.190.141.465,20 Euro
31. Januar 2019 Betrag: 868.142.118.994,45 Euro
28. Februar 2019 Betrag: 872.697.872.000,00 Euro
31. März 2019 Betrag: 941.310.602.560,36 Euro
30. April 2019 Betrag: 919.696.128.356,89 Euro
31. Mai 2019 Betrag: 934.640.604.978,47 Euro
30. Juni 2019 Betrag: 942.319.065.584,45 Euro
31. Juli 2019 Betrag 870.903.366.517,09 Euro
31. August 2019 Betrag: 897.900.927.305,99 Euro
30. September 2019 Betrag: 915.341.902.957,64 Euro
31. Oktober 2019 Betrag: 837.376.732.524,10 Euro
30. November 2019 Betrag: 870.519.924.029,89 Euro
31. Dezember 2019 Betrag: 895.218.648.082,11 Euro
31. Januar 2020 Betrag: 811.435.000.000,00 Euro
29. Februar 2020 Betrag: 821.563.000.000,00 Euro
31. März 2020 Betrag: 935.126.034.834,72 Euro
30. April 2020) Betrag: 918.813.828.364,52 Euro
31. Mai 2020 Betrag: 916.144.657.589,51 Euro

Diese Zahlen legen die Folgerung nahe, dass es hier nicht um Zufall geht:
· Der Saldo soll offenbar nicht über 1 Billion gehen, denn wenn diese Grenze überschritten wird, dürfte der Skandal hochkochen und das System wieder in den Fokus rücken.
· Der Saldo ist offenkundig steuerbar, denn sonst würde er nicht so lange um die 900 Mrd. herum pendeln.

Aber warum dann nicht auf 0 steuern, wenn das Geschehen steuerbar ist? Das ist die große Target-Frage.

Als Antwort ist eigentlich kaum ein anderer Grund denkbar, als dass es politisch so gewollt ist. Was ist denn die Wirkung des Billionen-Saldos? Er ist ein veritables Erpressungspotential.

Angenommen, es gibt eine deutsche Regierung, welche die Misswirtschaft der Euro-Finanzpolitik nicht länger unterstützen will, sprich, sie möchte aus dem Euro austreten. Dann wird ihr mit dem Target-Saldo eine hohe Hürde vorgelegt, denn die Forderungen an die EZB werden dann wohl uneintreibbar. Dazu kommen noch die Billionen, welche die EZB in teils schlecht besicherte Staatsanleihen und Firmenanleihen gesteckt hat, und an denen Deutschland 27% Anteil hat. Die stellen eine weitere hohe Hürde dar, denn auch sie dürften vielfach kaum eintreibbar sein. Gleiches gilt für den Sonderetat vom Anfa-System, und die Rettungsgelder in EFSF und ESM sind ja so gut wie verbrannt.

Diese großen Kredite und Quasikredite stellen im Grunde eine Inhaftierung von Deutschland dar.

Bisher war das ein Spezifikum der Euro-Zone, aber es ist gerade auf die EU ausgeweitet worden. Die EU hat nun die offizielle Lizenz zum Schuldenmachen bekommen, nachdem sie bisher nur hintenrum über die Pensionszusagen ihrer Beamten Zahlungsverpflichtungen eingehen konnte, bisher für über 1/2 Billion. Nachdem sich einige Staaten schon mit tätiger Hilfe der EZB bis in die Zahlungsunfähigkeit hinein verschuldet haben, setzt die EU nun noch eins drauf, und nach aller Euro-Erfahrung wird so etwas immer weiter ausgebaut.

EU und Eurozone fungieren ja nicht als ehrliche Sachwalter, sondern sie sind von Eigeninteresse geleitet. Sie nutzen jede Möglichkeit zum Machtausbau. Das war bei den übereilten Osterweiterungen so, das war beim Brexit so, als die EU ihren Etat steigern wollte statt ihn zu senken, und das ist auch bei der Corona-Rettung so.

Deshalb ist zu erwarten, dass der Target-Saldo weiterhin so hoch gehalten wird, und dass die EU es schaffen wird, immer mehr Schulden aufzunehmen. Dann kommen auch diejenigen EU-Staaten in den Genuss der katastrophenträchtigen Euro-Finanzpolitik, die gar nicht im Euro sind. Und das alles, ohne dass die Bürger darüber abstimmen dürften.