katholisch.de: Die zahlreichen Skandale in katholischer und evangelischer
Kirche lassen sie Vertrauen und Mitglieder verlieren. So mancher will ohne Kirche
allein weiter glauben - doch das ist gar nicht so einfach. Die Institution hat
nämlich einige Vorteile.Auf den ersten Blick stechen vor allem die weiter
hohen Austrittszahlen der katholischen und evangelischen Kirche ins Auge. Doch
obwohl die Kirchen leerer werden, wer die Menschen nach ihrem Glauben fragt,
erhält weiterhin hohe Zustimmungswerte: Laut dem "Religionsmonitor"
der Bertelsmann-Stiftung waren 2018 18 Prozent der Menschen in Deutschland hochreligiös,
52 Prozent religiös und 28 Prozent nicht religiös oder Atheisten.
Das scheint nicht zu den schwindenden Kirchenmitgliedern zu passen - es gibt
aber Aufschluss über Veränderungen im Glauben der Menschen.
Atheistischer
Kommentar: In der evangelischen Kirche waren keine zahlreichen Skandale,
die haben keinen Zölibat und darum viel weniger Päderasten. Die Bertelsmann-Stiftung
ist kirchennahe, die wird auch entsprechend gefragt haben. In der BRD sind laut
Wikipedia 38,8 % konfessionslos, 27,2 % katholisch und 24,9 % evangelisch.
katholisch.de: Ein kleiner Exkurs: Viele Denker der Aufklärung
wollen den politischen und gesellschaftlichen Einfluss der Kirchen zurückdrängen.
Sie finden "für die Absurdität der christlichen Theologie, die
machtgierige Korruption der Kirchen (insbesondere der römisch-katholischen)
und die überaus gefährliche Macht, die sie noch immer durch blinden
Glauben über Menschen ausübte, nur bittere und höhnische Vorwürfe",
schreibt etwa der britische Historiker Roy Porter in seiner "Kleinen Geschichte
der Aufklärung". Es stört sie, dass die Kirchen "noch immer
Gedankenkontrolle und politische Macht ausübten". Wogegen die meisten
von ihnen angehen, ist das Glaubensmonopol der Institution Kirche, viele von
ihnen sind persönlich jedoch gläubig.
Atheistischer Kommentar:
Die vielen Gläubigen müssten dann aber auch diesen Glauben wahrnehmbar
praktizieren, also z.B. regelmäßig am Sonntag in die Kirche gehen.
Tun sie aber ganz hochprozentig nicht!
katholisch.de: Ziel ist ein natürlicher, persönlicher,
individueller Glaube. Der Theologe und Philosoph Friedrich Schleiermacher (1768-1834)
beschreibt Religion als "Sinn und Geschmack fürs Unendliche",
"die religiösen Gefühle sollen wie eine heilige Musik alles Tun
des Menschen begleiten; er soll alles mit Religion tun, nichts aus Religion".
Religion ist damit eine Angelegenheit des Individuums; sie ist wahr, wenn sie
"ein Prinzip sich zu individualisieren in sich" trägt. Andere
Tendenzen bewahrheiten sich dagegen nicht: Die Behauptung etwa des Marxismus,
mit dem Ende der Kirchenmacht würde auch die Religion verschwinden, ist
bis heute nicht eingetreten.
Atheistischer Kommentar: Das Beschriebene
wird natürlich vor 200 Jahren noch bei viel mehr Menschen eine Rolle gespielt
haben, ohne der einstigen Allmacht der Kirche ist die religiöse Praxis
stark weggeschrumpft!
katholisch.de: Der individuelle, moderne Glaube - Beide Phänomene
- die Überlebenskraft des Glaubens wie auch dessen Individualisierung -
lassen sich kurz gefasst auf ein Erleben des Alltags zurückführen,
das völlig anders ist, als es manche Intellektuelle noch im 19. Jahrhundert
für die nahe Zukunft erwarten: Spielt dort oft ein großer Zukunftsoptimismus
mit, der den durch technische Neuerungen befeuerten gesellschaftlichen Fortschritt
feiert, hat sich die Stimmung mittlerweile deutlich abgekühlt. Dass eine
durchindustrialisierte und globalisierte Welt nicht immer und besonders nicht
für alle ausschließlich ein Segen ist, ist mittlerweile eine Binsenweisheit:
Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Stress und Überlastung
sind nur ein paar Stichworte. Zudem hat die moderne Welt Probleme der eigenen
Vergänglichkeit und Sinnsuche mit stetiger Innovation und höherem
Wohlstand nicht lösen können; die Menschen erfahren Welt und Natur
angesichts von Katastrophen weiterhin als eine Macht, der sie im Ernstfall ausgeliefert
sind.
Atheistischer Kommentar: Und? Wird dadurch die Religion
mehr? Davon ist nichts zu sehen, schließlich sind es gerade die christlichen
Parteien, die die geschilderte Entwicklung fördern! Es steht ja geschrieben:
Mt 25, Vers 29: "Denn wer da hat, dem wird gegeben, dass er die Fülle
habe; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat."
katholisch.de: Die Arbeit ist nicht alles. - Es ist wiederum das
Individuum, dass auf der Suche ist, nach sich selbst und dem, was über
die Materialität und Arbeitswelt hinausgeht. Die Suche nach Spiritualität
und Religion ist also da - nur hat sich das Umfeld verändert: Neben den
Kirchen sind auf dem "Markt der Religionen" nun auch etwa Ethik, Politik,
Sport und die Kunst mit Angeboten aufgetaucht, die sich der Sinnsuche auf ihre
Art widmen - sie treten damit neben und in Konkurrenz zu den Offenbarungsreligionen.
Identität und Sinn kann auch das ehrenamtliche Engagement, der Sport oder
eine Meditation bieten.
Atheistischer Kommentar: Also Sport und
Meditation stört den religiösen Einfluss? Und früher beherrschte
die Religion den Markt? Das war aber so, weil die Kirchen dazu die gesellschaftliche
Macht hatten, nicht weil deren Angebote so große Nachfrage hatten!
katholisch.de: Startbonus und Fallstricke - Einerseits haben die
Kirchen einen gewissen Startbonus: Beeindruckende Bauten, alte Symbole, immer
noch als sehr wichtig wahrgenommene Werte bringen sie nach vorn, Skepsis und
Ablehnung aufgrund ihrer Organisationsform sind hemmende Elemente.
So bewegen
sich Individuen auf diesem "Markt der Religionen" mit wählerischer
Hand. Der Soziologe Thomas Luckmann schreibt schon in den 1960ern: "Ist
die Religion erst einmal zur 'Privatsache' geworden, kann das Individuum nach
freiem Belieben aus dem Angebot 'letzter' Bedeutungen wählen." Auch
gläubige Kirchenmitglieder sehen also kein Problem darin, gleichzeitig
an Yoga- oder Achtsamkeitskursen teilzunehmen und danach mit tausenden anderen
einen Gottesdienst auf dem Katholikentag zu besuchen.
Atheistischer
Kommentar: Der Startbonus der Kirchen heißt Baby-Taufe. Und Religion
ist Privatsache geworden! Im Alltag begegnet man der Religion kaum noch!
katholisch.de: Gleichzeitig treten die Menschen bei aller Verbundenheit
auch in Distanz zu verfasster Religion: Kaum jemand lässt sich von einer
Kirche noch Dogmen vorschreiben, zentrale Glaubensinhalte abzulehnen ist für
die Mehrheit der Kirchenmitglieder normal, die Konfession zu wechseln kein Tabu
- das Individuum steht im Zentrum. Wie nah oder fern man der Institution Kirche
steht, ist auch situationsabhängig: Manche gehen eigentlich nie in einen
Gottesdienst, wenn es ihnen aber etwa bei einem Trauerfall in ihrem Umfeld schlecht
geht, nehmen sie die Kirche gern in Anspruch. Andere haben persönlich mit
Kirche generell nichts zu tun, fördern aber die Restaurierung ihrer Dorfkirche
und freuen sich über Gottesdienste dort, auch wenn sie selbst nicht hingehen
- hier haben Rituale auch eine Stellvertreterfunktion.
Atheistischer
Kommentar: Den Leuten ist inwischen die Religion einfach belanglos geworden,
sie befassen sich in großer Mehrheit damit nimmer, die große Mehrheit
der Bevölkerung geht in keine Gottesdienste!
katholisch.de: Der Verlust der Gemeinschaft - Momentan ist es noch
so, dass die meisten gläubigen Menschen bei allem Individualismus und der
durchmischten Auswahl auf dem "Markt" fest einer Kirche angehören
- wenn das auch besonders im Falle der Katholiken mit großer Kritik gegenüber
der Organisation verbunden ist. Individuell selbstbewusste Menschen wollen sich
nichts vorschreiben lassen von einer Organisation mit Wahrheitsanspruch; Klerikalismus,
Hierarchie, Machtgefälle, Missbrauch regen viele Gläubige auf, lange
Zeit sind sie aber dennoch nicht aus der Kirche ausgetreten, weil sie die Organisation
wegen ihrer Werte an sich gut finden.
Atheistischer Kommentar:
Jetzt treten sie vermehrt aus, die Zahl der Konfessionslosen ist heute eben
höher als die Zahl der Mitglieder in den einzelnen Kirchen! Dass die Kirchen
trotzdem immer noch Millionen Mitglieder haben, liegt an den Traditionen, man
lässt die Kinder taufen, man heiratet kirchlich und lässt sich kirchlich
eingraben, das ist für die meisten Leute das Wesentliche...
katholisch.de: Von großer Glaubenslosigkeit kann also bisher
keine Rede sein, aber die Gewichtung ist entscheidend - ganz allein geht Glaube
dann nämlich doch nicht. Der Religionssoziologe Detlef Pollack geht davon
aus, das mit der schwindenden Kirchenbindung auch der Glaube an sich an Bedeutung
verliert. Denn Glauben ist auch immer sozial: Gemeinsam Gottesdienst feiern,
beim Pfarrfest Gemeinschaft erleben, Halt und Geborgenheit empfinden - beim
von einer Gemeinschaft gelösten Glauben fehlen diese Elemente oft, es gibt
weniger Austausch und Interaktion. Dadurch verliert Glaube an Relevanz und rückt
in der persönlichen Priorisierung weiter nach hinten. Ein rein individueller
Glaube ist deshalb nur selten nachhaltig.
Atheistischer Kommentar:
Zählt doch einmal diese kleine Minderheit, die gemeinsam Gottesdienst feiern,
beim Pfarrfest Gemeinschaft erleben! Der tatsächlich ausgeübte Glaube
verliert doch ständig an Relevanz!
katholisch.de: Austritt aus der Mitte - Nun hat sich die Haltung
vieler Menschen zur Kirche in jüngster Vergangenheit geändert: Mittlerweile
treten im Zuge von Missbrauch, Vertuschung und Machtmissbrauch nicht nur mehr
die Menschen aus der Kirche aus, die sich sowieso schon über längere
Zeit von ihr entfernt haben, sondern zum Teil aktive Gemeindemitglieder. Das
könnte nun tatsächlich Auswirkungen für den Glauben haben. Denn
andere Formate und Glaubensformen können Menschen zwar auch begeistern,
der innere Kern ist aber oft klein - es fehlt die Breite, die in der Regel durch
die gemeinsame Kirchenmitgliedschaft gegeben ist. Je mehr die Kirchen also an
Mitgliedern verlieren, desto schwieriger wird es, die soziale Komponente des
Glaubens aufrecht zu erhalten. Bislang ist noch nicht in Sicht, wie diese Leerstelle
gefüllt werden soll.
Atheistischer Kommentar: Der Schluss
hört sich verdient pessimistisch an: der Glaube schwindet! Seit 1990 sind
die katholischen Kirchenmitglieder in der BRD um fast vier Millionen zurückgegangen,
das sind etwas mehr als 16 %, in Österreich waren es rund 18 %. Dass es
in der Breite der gemeinsame Kirchenmitgliedschaft fehlt, ist eine natürliche
Sachen, wenn der Glaube schwindet...
katholisch.de: Bei aller Individualisierung hat die Kirchengemeinschaft
also auch Vorteile: Ihre Mitglieder teilen mit der Mitgliedschaft eine Gemeinsamkeit,
die sie auch über verschiedene Glaubensauffassungen verbinden kann. Dieses
Band ist nicht nur für die Gemeinschaft als ganze, sondern auch für
ihre Teile elementar, um Glauben zu leben. Das Verschwinden dieser Struktur
bedeutet eine Herausforderung.
Atheistischer Kommentar: Der Schlussabsatz
ist reiner Blödsinn, eine größere allgemein wahrnehmbare aktive
gläubige Katholikenkirche gibt es in der BRD schon länger nimmer,
es gibt diesbezüglich nur noch kleine Restbestände! Und das ist
gut und nicht schlecht!