Warum Religion eine gute Idee ist...

...darüber war am 3.6.2021 auf katholisch.de ein Artikel von Christoph Paul Hartmann zu lesen, was hier atheistisch kommentiert wiedergegeben wird:

katholisch.de: Die zahlreichen Skandale in katholischer und evangelischer Kirche lassen sie Vertrauen und Mitglieder verlieren. So mancher will ohne Kirche allein weiter glauben - doch das ist gar nicht so einfach. Die Institution hat nämlich einige Vorteile.Auf den ersten Blick stechen vor allem die weiter hohen Austrittszahlen der katholischen und evangelischen Kirche ins Auge. Doch obwohl die Kirchen leerer werden, wer die Menschen nach ihrem Glauben fragt, erhält weiterhin hohe Zustimmungswerte: Laut dem "Religionsmonitor" der Bertelsmann-Stiftung waren 2018 18 Prozent der Menschen in Deutschland hochreligiös, 52 Prozent religiös und 28 Prozent nicht religiös oder Atheisten. Das scheint nicht zu den schwindenden Kirchenmitgliedern zu passen - es gibt aber Aufschluss über Veränderungen im Glauben der Menschen.
Atheistischer Kommentar: In der evangelischen Kirche waren keine zahlreichen Skandale, die haben keinen Zölibat und darum viel weniger Päderasten. Die Bertelsmann-Stiftung ist kirchennahe, die wird auch entsprechend gefragt haben. In der BRD sind laut Wikipedia 38,8 % konfessionslos, 27,2 % katholisch und 24,9 % evangelisch.

katholisch.de: Ein kleiner Exkurs: Viele Denker der Aufklärung wollen den politischen und gesellschaftlichen Einfluss der Kirchen zurückdrängen. Sie finden "für die Absurdität der christlichen Theologie, die machtgierige Korruption der Kirchen (insbesondere der römisch-katholischen) und die überaus gefährliche Macht, die sie noch immer durch blinden Glauben über Menschen ausübte, nur bittere und höhnische Vorwürfe", schreibt etwa der britische Historiker Roy Porter in seiner "Kleinen Geschichte der Aufklärung". Es stört sie, dass die Kirchen "noch immer Gedankenkontrolle und politische Macht ausübten". Wogegen die meisten von ihnen angehen, ist das Glaubensmonopol der Institution Kirche, viele von ihnen sind persönlich jedoch gläubig.
Atheistischer Kommentar: Die vielen Gläubigen müssten dann aber auch diesen Glauben wahrnehmbar praktizieren, also z.B. regelmäßig am Sonntag in die Kirche gehen. Tun sie aber ganz hochprozentig nicht!

katholisch.de: Ziel ist ein natürlicher, persönlicher, individueller Glaube. Der Theologe und Philosoph Friedrich Schleiermacher (1768-1834) beschreibt Religion als "Sinn und Geschmack fürs Unendliche", "die religiösen Gefühle sollen wie eine heilige Musik alles Tun des Menschen begleiten; er soll alles mit Religion tun, nichts aus Religion". Religion ist damit eine Angelegenheit des Individuums; sie ist wahr, wenn sie "ein Prinzip sich zu individualisieren in sich" trägt. Andere Tendenzen bewahrheiten sich dagegen nicht: Die Behauptung etwa des Marxismus, mit dem Ende der Kirchenmacht würde auch die Religion verschwinden, ist bis heute nicht eingetreten.
Atheistischer Kommentar: Das Beschriebene wird natürlich vor 200 Jahren noch bei viel mehr Menschen eine Rolle gespielt haben, ohne der einstigen Allmacht der Kirche ist die religiöse Praxis stark weggeschrumpft!

katholisch.de: Der individuelle, moderne Glaube - Beide Phänomene - die Überlebenskraft des Glaubens wie auch dessen Individualisierung - lassen sich kurz gefasst auf ein Erleben des Alltags zurückführen, das völlig anders ist, als es manche Intellektuelle noch im 19. Jahrhundert für die nahe Zukunft erwarten: Spielt dort oft ein großer Zukunftsoptimismus mit, der den durch technische Neuerungen befeuerten gesellschaftlichen Fortschritt feiert, hat sich die Stimmung mittlerweile deutlich abgekühlt. Dass eine durchindustrialisierte und globalisierte Welt nicht immer und besonders nicht für alle ausschließlich ein Segen ist, ist mittlerweile eine Binsenweisheit: Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Stress und Überlastung sind nur ein paar Stichworte. Zudem hat die moderne Welt Probleme der eigenen Vergänglichkeit und Sinnsuche mit stetiger Innovation und höherem Wohlstand nicht lösen können; die Menschen erfahren Welt und Natur angesichts von Katastrophen weiterhin als eine Macht, der sie im Ernstfall ausgeliefert sind.
Atheistischer Kommentar: Und? Wird dadurch die Religion mehr? Davon ist nichts zu sehen, schließlich sind es gerade die christlichen Parteien, die die geschilderte Entwicklung fördern!  Es steht ja geschrieben: Mt 25, Vers 29: "Denn wer da hat, dem wird gegeben, dass er die Fülle habe; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat."

katholisch.de: Die Arbeit ist nicht alles. - Es ist wiederum das Individuum, dass auf der Suche ist, nach sich selbst und dem, was über die Materialität und Arbeitswelt hinausgeht. Die Suche nach Spiritualität und Religion ist also da - nur hat sich das Umfeld verändert: Neben den Kirchen sind auf dem "Markt der Religionen" nun auch etwa Ethik, Politik, Sport und die Kunst mit Angeboten aufgetaucht, die sich der Sinnsuche auf ihre Art widmen - sie treten damit neben und in Konkurrenz zu den Offenbarungsreligionen. Identität und Sinn kann auch das ehrenamtliche Engagement, der Sport oder eine Meditation bieten.
Atheistischer Kommentar: Also Sport und Meditation stört den religiösen Einfluss? Und früher beherrschte die Religion den Markt? Das war aber so, weil die Kirchen dazu die gesellschaftliche Macht hatten, nicht weil deren Angebote so große Nachfrage hatten!

katholisch.de: Startbonus und Fallstricke - Einerseits haben die Kirchen einen gewissen Startbonus: Beeindruckende Bauten, alte Symbole, immer noch als sehr wichtig wahrgenommene Werte bringen sie nach vorn, Skepsis und Ablehnung aufgrund ihrer Organisationsform sind hemmende Elemente.
So bewegen sich Individuen auf diesem "Markt der Religionen" mit wählerischer Hand. Der Soziologe Thomas Luckmann schreibt schon in den 1960ern: "Ist die Religion erst einmal zur 'Privatsache' geworden, kann das Individuum nach freiem Belieben aus dem Angebot 'letzter' Bedeutungen wählen." Auch gläubige Kirchenmitglieder sehen also kein Problem darin, gleichzeitig an Yoga- oder Achtsamkeitskursen teilzunehmen und danach mit tausenden anderen einen Gottesdienst auf dem Katholikentag zu besuchen.
Atheistischer Kommentar: Der Startbonus der Kirchen heißt Baby-Taufe. Und Religion ist Privatsache geworden! Im Alltag begegnet man der Religion kaum noch!

katholisch.de: Gleichzeitig treten die Menschen bei aller Verbundenheit auch in Distanz zu verfasster Religion: Kaum jemand lässt sich von einer Kirche noch Dogmen vorschreiben, zentrale Glaubensinhalte abzulehnen ist für die Mehrheit der Kirchenmitglieder normal, die Konfession zu wechseln kein Tabu - das Individuum steht im Zentrum. Wie nah oder fern man der Institution Kirche steht, ist auch situationsabhängig: Manche gehen eigentlich nie in einen Gottesdienst, wenn es ihnen aber etwa bei einem Trauerfall in ihrem Umfeld schlecht geht, nehmen sie die Kirche gern in Anspruch. Andere haben persönlich mit Kirche generell nichts zu tun, fördern aber die Restaurierung ihrer Dorfkirche und freuen sich über Gottesdienste dort, auch wenn sie selbst nicht hingehen - hier haben Rituale auch eine Stellvertreterfunktion.
Atheistischer Kommentar: Den Leuten ist inwischen die Religion einfach belanglos geworden, sie befassen sich in großer Mehrheit damit nimmer, die große Mehrheit der Bevölkerung geht in keine Gottesdienste!

katholisch.de: Der Verlust der Gemeinschaft - Momentan ist es noch so, dass die meisten gläubigen Menschen bei allem Individualismus und der durchmischten Auswahl auf dem "Markt" fest einer Kirche angehören - wenn das auch besonders im Falle der Katholiken mit großer Kritik gegenüber der Organisation verbunden ist. Individuell selbstbewusste Menschen wollen sich nichts vorschreiben lassen von einer Organisation mit Wahrheitsanspruch; Klerikalismus, Hierarchie, Machtgefälle, Missbrauch regen viele Gläubige auf, lange Zeit sind sie aber dennoch nicht aus der Kirche ausgetreten, weil sie die Organisation wegen ihrer Werte an sich gut finden.
Atheistischer Kommentar: Jetzt treten sie vermehrt aus, die Zahl der Konfessionslosen ist heute eben höher als die Zahl der Mitglieder in den einzelnen Kirchen! Dass die Kirchen trotzdem immer noch Millionen Mitglieder haben, liegt an den Traditionen, man lässt die Kinder taufen, man heiratet kirchlich und lässt sich kirchlich eingraben, das ist für die meisten Leute das Wesentliche...

katholisch.de: Von großer Glaubenslosigkeit kann also bisher keine Rede sein, aber die Gewichtung ist entscheidend - ganz allein geht Glaube dann nämlich doch nicht. Der Religionssoziologe Detlef Pollack geht davon aus, das mit der schwindenden Kirchenbindung auch der Glaube an sich an Bedeutung verliert. Denn Glauben ist auch immer sozial: Gemeinsam Gottesdienst feiern, beim Pfarrfest Gemeinschaft erleben, Halt und Geborgenheit empfinden - beim von einer Gemeinschaft gelösten Glauben fehlen diese Elemente oft, es gibt weniger Austausch und Interaktion. Dadurch verliert Glaube an Relevanz und rückt in der persönlichen Priorisierung weiter nach hinten. Ein rein individueller Glaube ist deshalb nur selten nachhaltig.
Atheistischer Kommentar: Zählt doch einmal diese kleine Minderheit, die gemeinsam Gottesdienst feiern, beim Pfarrfest Gemeinschaft erleben! Der tatsächlich ausgeübte Glaube verliert doch ständig an Relevanz!

katholisch.de: Austritt aus der Mitte - Nun hat sich die Haltung vieler Menschen zur Kirche in jüngster Vergangenheit geändert: Mittlerweile treten im Zuge von Missbrauch, Vertuschung und Machtmissbrauch nicht nur mehr die Menschen aus der Kirche aus, die sich sowieso schon über längere Zeit von ihr entfernt haben, sondern zum Teil aktive Gemeindemitglieder. Das könnte nun tatsächlich Auswirkungen für den Glauben haben. Denn andere Formate und Glaubensformen können Menschen zwar auch begeistern, der innere Kern ist aber oft klein - es fehlt die Breite, die in der Regel durch die gemeinsame Kirchenmitgliedschaft gegeben ist. Je mehr die Kirchen also an Mitgliedern verlieren, desto schwieriger wird es, die soziale Komponente des Glaubens aufrecht zu erhalten. Bislang ist noch nicht in Sicht, wie diese Leerstelle gefüllt werden soll.
Atheistischer Kommentar: Der Schluss hört sich verdient pessimistisch an: der Glaube schwindet! Seit 1990 sind die katholischen Kirchenmitglieder in der BRD um fast vier Millionen zurückgegangen, das sind etwas mehr als 16 %, in Österreich waren es rund 18 %. Dass es in der Breite der gemeinsame Kirchenmitgliedschaft fehlt, ist eine natürliche Sachen, wenn der Glaube schwindet...

katholisch.de: Bei aller Individualisierung hat die Kirchengemeinschaft also auch Vorteile: Ihre Mitglieder teilen mit der Mitgliedschaft eine Gemeinsamkeit, die sie auch über verschiedene Glaubensauffassungen verbinden kann. Dieses Band ist nicht nur für die Gemeinschaft als ganze, sondern auch für ihre Teile elementar, um Glauben zu leben. Das Verschwinden dieser Struktur bedeutet eine Herausforderung.
Atheistischer Kommentar: Der Schlussabsatz ist reiner Blödsinn, eine größere allgemein wahrnehmbare aktive gläubige Katholikenkirche gibt es in der BRD schon länger nimmer, es gibt diesbezüglich nur noch kleine Restbestände! Und das ist gut und nicht schlecht!

Religion ist keine gute Idee, Religion ist eine Randerscheinung!