Kindergartenkreuze

Presseaussendung des Verfassungsgerichtshofes

Im Verfassungsgerichtshof beginnt am Montag, 29. November 2010, die diesjährige Dezember-Session. Die Beratungen der 14 Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter werden bis einschließlich 16. Dezember andauern.
(Anmerkung vom 19.2.2011: Die Entscheidung wurde auf die Februar/März-Session verschoben, sie verzögert sich daher voraussichtlich bis Ende März 2011!)
Auf der Tagesordnung der Dezember-Session befinden sich u.a. folgende Fälle (wobei zu beachten ist: dies bedeutet nicht automatisch, dass die Beratungen in jedem Fall auch abgeschlossen werden können. In der Regel ist mit Entscheidungen im Jänner/Februar zu rechnen, sie werden dann auf der Website des VfGH veröffentlicht):

(aus der Liste der anstehenden Entscheidungen)
Anbringung des Kreuzes in niederösterreichischen Kindergärten
Auf der Tagesordnung zur Beratung steht ein Antrag eines Vaters samt Tochter, der die Anbringung des Kreuzes als christliches Symbol in niederösterreichischen Kindergärten zum Thema macht. Das Kindergartengesetz in diesem Bundesland sieht zum einen vor, dass ein Beitrag auch zur religiösen Bildung geleistet werden soll. Und weiters, dass in Kindergärten, an denen die Mehrzahl der Kinder einem christlichen Religionsbekenntnis angehört, ein Kruzifix anzubringen ist.
Der Vater - ein bekennender Atheist - will, dass seine Tochter "bis zur Religionsmündigkeit ohne religiöses Bekenntnis, jedoch weltoffen und dem Pluralismus verpflichtet" aufwachsen kann. Die Veranstaltung religiöser Feiern im Kindergarten (z.B. Nikolausfeste) als auch die Regelung über das Anbringen des Kreuzes störe diese Erziehung jedoch. Die Passagen im Kindergartengesetz widersprächen daher u.a. der Europäischen Menschenrechtskonvention (Artikel 9, Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit) und dem Artikel 14 des Staatsgrundgesetzes ("Die volle Glaubens- und Gewissensfreiheit ist jedermann gewährleistet").

Es könnte also sein, dass in nächster Zeit in dieser Angelegenheit (zur Klagseinbringung im Dezember 2009 siehe Info Nr. 25) eine verfassungsrechtliche Entscheidung getroffen wird. Es ist zu hoffen, dass Österreichs Verfassungsgerichtshof ähnlich entscheidet, wie es der Europäische Gerichtshof in erster Instanz getan hat (siehe Info Nr.4, Info Nr.6, Info Nr.7 und Info Nr. 222)!