Nein. Und damit könnte dieser Artikel eigentlich auch schon wieder enden…
Aber
heutzutage muss man auch dem gesunden Menschenverstand selbstverständliche Tatsachen
begründen. Der Mensch ist zwar in der Lage, jeden hirnverbrannten Unsinn zu
glauben (Wundertaten, Verschwörungstheorien, Bankberatung). Das Einsichtige
aber, das physikalisch Reale will ihm nur ungern ohne Begründung einleuchten:
Ein Kleid in Größe 36 ist schön. Passt aber nicht zu 88 Kilogramm Körpergewicht,
es sei denn, die Dame ist 3,28 Meter hoch und kauft gerade ein eigentlich knöchellanges
Kleid als Minirock. Es ist einfach eine Tatsache: Berge lassen sich nicht aufgrund
von Geisteskraft verschieben. Und Hüftringe verschwinden nicht durch Anprobieren.
Es ist erstaunlich, dass in unseren scheinbar so aufgeklärten Zeiten immer noch
Menschen an Auferstehungen, göttliche Eingebungen oder Wunderheiligungen glauben,
ja nicht nur das! Zweifler werden gerne noch als Blasphemiker, Ketzer oder Teufel
gebrandmarkt. Man erkennt daran: Glauben darf dem Wissen widersprechen. Wer
aber dem Glauben Wissen entgegensetzt, kommt in die Hölle. Warum? Weil Glauben
viel schöner ist als Wissen!
Man glaubt gern, wenn die Geschichte schön
ist und tröstlich. Wer mit Inbrunst erklären kann, wie der heilige St. Jodelbert
einst zwei fromme Töchterlein eines armen Schneiders aus einer unterirdischen
Höhle befreite, indem er einem Engel folgte, der ihm den Weg zeigte, wird in
weinende Augen von Gläubigen blicken.
Vielleicht wird vor Ort eine kleine
Kapelle mit einer Reliquie an den Heiligen erinnern. Man wird seinen kleinen
Finger in einem Goldkästchen aufbewahren und an Fronleichnam durch das Dorf
tragen. Kein Mensch wird fragen, ob der Heilige wirklich gelebt hat, und wer
sich die Mühe gemacht hat, vor seiner Beerdigung den kleinen Finger abzuschneiden.
Derartiges gehört jedenfalls in unserer Familie nicht zu den üblichen Bräuchen.
Es gibt Heilige in der katholischen Kirche, von denen in verschiedenen Kirchen
bis zu dreißig kleine Finger aufbewahrt werden. Muss man deshalb zweifeln? Sind
Gottes Wege nicht wundersam? Und kann, wer Wunder wirkt, nicht auch Finger multiplizieren?
Wer
behauptet, eine offensichtliche Realität wie die erste Mondlandung habe nie
stattgefunden, wird nicht für verrückt erklärt, sondern gilt als kritischer
Denker. Sicher, der Funkverkehr der Astronauten war weltweit abhörbar und zu
orten, und nicht einmal die Russen haben den Erfolg von Apollo 11 geleugnet.
Aber wer glaubt schon, was Fakt ist,
Fakt ist, wir glauben nur, was wir
nicht wissen. Insofern versetzt der Glaube mit Sicherheit auch Berge, zumindest
bis sich der Nebel verzieht und man aus der Almhütte heraussehen kann: Alles
wie vorher. Der wahrhaft Gläubige aber lässt die Augen verschlossen und sagt:
Ich weiß, sie sind verschwunden. Ich muss die Augen nicht öffnen, um zu glauben.
Solche Menschen sollte man nicht zwingen…
Quelle: Praxis Aktuell