In
den OÖNachrichten vom 18.März 2010 betrachtete die Chefredakteurin der katholischen
Zeitschrift "Welt der Frau", Dr. Christine Haiden, unter dem Titel
"Das Problem liegt tiefer" die aktuellen Probleme der katholischen
Kirche im Gesamtzusammenhang. Hier das Wesentliche:
Ombudsleute und
Entschuldigungen, eine bessere Ausbildung für Priester und mehr Schutz für die
Opfer - die Liste der Maßnahmen ist lang. Aber kann das reichen, um die Kirche
wieder aus den Schlagzeilen zu bringen?
Seit Wochen wird ein Missbrauchsfall
um den anderen bekannt. Jene Institution, die sich immer das Recht herausgenommen
hat, das Sexualleben ihrer Mitglieder zu reglementieren, steckt nun selbst in
der Klemme. Eine ganze Reihe katholischer Vorschriften zum Sexualleben greift
tief in die Privatsphäre der Menschen ein.
Kein Geschlechtsverkehr vor der
Ehe, Sex lebenslänglich nur mit ein und demselben Menschen, außer man ist verwitwet,
keine Sakramente für jene, die in ihrer Beziehung scheitern und wieder heiraten,
und in Weiheämtern ausschließlich Personen, die ihre Sexualität nicht ausleben.
Dazu
kommen eine Ablehnung von Menschen, die homosexuell lieben, und ein Verbot von
Kondomen, selbst um den Preis, dass Millionen Menschen, vor allem in Afrika,
an Aids sterben.
Man fragt sich, was diese Regeln heute noch bringen, außer
einer schuldhaften Bindung jener, die diese Vorgaben nicht erfüllen. Die Kirche
scheint den Anschluss an das Lebensgefühl der Menschen im intimen Bereich völlig
verloren zu haben. Ihre Sexualvorstellungen kommen aus einer anderen Zeit. Einer,
die vorbei ist.
Das Verhältnis zu Sexualität ist freier geworden. Das hat
viel mit der Selbstbestimmung der Frauen zu tun, viel mit der stärkeren Verankerung
demokratischen Handelns, und viel mit vermehrtem psychologischen und sozialen
Wissen.
Sex ist mehr als ein Mittel, um Kinder zu zeugen. Was als geglückt
erlebt wird, orientiert sich nicht mehr an den Vorstellungen einer Institution.
Geschlossene Systeme können mit Sex schlecht umgehen. Sie schreiben vor und
verbieten und schaffen eine Brutstätte für Verdrängung, Verheimlichung und Unreife
ihrer Mitglieder.
Will die Kirche mehr als Schaden begrenzen, sollte sie
beim Thema Sexualität an vielen Punkten ihres Systems ansetzen. Zuallererst
muss sie beginnen, ihre männerbündischen Strukturen offen anzusehen.
Es sind,
obwohl es angesichts des Leids der Opfer wie eine Nebensächlichkeit wirkt, vor
allem Männer, die sich an Kindern vergehen. Männerbünde haben sich zu allen
Zeiten in die Sexualität ihrer Mitglieder eingemischt. (..)
Atheistischer Kommentar: Zwar war es in früheren Zeiten auch nicht
so, dass Sexualität in der Praxis tatsächlich katholisch geregelt war, es war
eher gemäß des Darüberredens ein Tabuthema als bezüglich des tatsächlichen Handelns.
Vorehelichen und außerehelichen Geschlechtsverkehr gab es immer, genau wie "ledige
Kinder" oder den Gebrauch von Verhütungsmitteln. Die Menschen wussten allerdings
weniger und mussten sich davor hüten, ins "Gerede" zu kommen, weil
die moralisierenden katholischen Wichser bedeutend mehr Einfluss hatten.
Heute
ist den Menschen - bis auf einen kleinen Kern fanatischer konservativer Katholiken
- die katholische Lehre zur Sexualität völlig egal, die Menschen sind auch davon
überzeugt, dass es ein Leben vor dem Tode gibt und warten nimmer - sich kasteiend
- auf den Einzug ins Himmelreich. Die sexuellen Übergriffe katholischer Kleriker
hat es in den 1.000 Jahren des Zölibats ebenfalls immer gegeben, neu ist nur,
dass nunmehr auch darüber geredet wird und die Kirche das nicht mehr unterbinden
kann. Erinnert euch daran, mit welchem Nachdruck 1995 getrachtet wurde, die
Enttarnung des Kinderschänders Kardinal Groër zu verhindern. Es hat allerdings
nimmer funktioniert und die Verbreitung durch die Medien machte das Wissen darüber
zum Allgemeingut. Das ist der einzige Unterschied zur Vergangenheit.
Sich
heute die Absurditäten der katholischen Weltsicht sogar von einer katholischen
Journalistin vor Augen führen lassen zu können, hat jedenfalls auch für Atheisten
einen gewissen Unterhaltungswert!