Schönborns loses Mundwerk

Der österreichische katholische Kirchenchef Schönborn ist sicherlich kein Kirchenreformer und ein eher vorsichtiger Mensch. Manchmal hat er allerdings die Neigung, fürwitzig zu sein.

Zum Beispiel startete er 2005 eine Kampagne für das sogenannte "Intelligent Design", eine gemäßigte Variante des Kreationismus. In den USA gibt es bekanntlich diese Dodeln, die in den Schulen in Biologie einen Unterricht in biblischer Schöpfungsgeschichte fordern. Schönborn meinte, man sollte "Intelligent Design" unterrichten. Als er dann in Österreich erlebte, dass ihn niemand ernst nahm und die Wissenschaft ihn wissen ließ, in Europa sollte man mit solchen Spinnereien nicht antanzen, gab er das "Intelligent Design" wieder auf und betonte, er sei eh nie dafür gewesen.

Um die heurige Jahreswende war Schönborn wieder übereifrig, er pilgerte nach Medjugorje und signalisierte dort - sehr zum Ärger des örtlichen Bischofs - seine Wertschätzung für den inoffiziellen Marienwallfahrtsort. Auch hier musste er seine Aktivitäten wieder abzwicken.

Jüngst ließ er sich wieder von der Leine und verbellte einen Kardinalskollegen. Der seinerzeitige Staatssekretär des Vatikan, Sodano, wäre verantwortlich dafür gewesen, dass 1995 und danach die Affäre Groër vertuscht worden war, nie ein kirchliches Verfahren gegen den mutmaßlichen Kinderschänder abgelaufen sei. Schönborn wollte damit vermutlich Papst Ratzinger entlasten, der im Zuge der jetzt aufgeflogenen Missbrauchsfälle in der Verdacht geraten war, seinerzeit als Leiter der Glaubenskongregation mitgeholfen zu haben, solche Dinge zu vertuschen. Schönborn verwies direkt auf Sodano und indirekt auf Papst Woityla. Sodano war übrigens derjenigen gewesen, der bei der heurigen päpstlichen Ostermesse die aktuellen Missbrauchsvorwürfe als "Geschwätz" bezeichnet hatte, allerdings kann er nunmehr sein Gewerbe als Vertuscher nimmer ausführen.

Mit seiner offenen Attacke auf Sodano landete Schönborn wieder in den Nesseln. Mit dem "Intelligent Design" hatte er die Wissenschaft provoziert, mit Medjugorje mischte er sich in Dinge ein, die ihn nichts angingen, mit Angelo Sodano blamierte er den Kardinalsdekan. Daher wird ihm kirchenintern aufgemischt. Weil katholisch richtig ist es, zu schweigen, zu heucheln oder zu intrigieren. Das hält zusammen, das schützt!

Siehe dazu: Bericht im Profil Nr. 22/2010, Info Nr. 177, Info Nr. 180