In
einem Interview mit dem TV-Sender Phoenix (gemeinsamer Nachrichtensender von
ARD und ZDF) sprach sich am 18.8.2010 Robert Zollitsch, Bischof von
Freiburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, dafür aus, mit dem
Thema Sexualität offen umzugehen, vor allem in der Priesterausbildung müsse
das Thema offener angesprochen werden. Sexualität sei ein bestimmendes Thema
in der Gesellschaft und bei Priestern. Die Kirche müsse umdenken und sich
dem Thema ohne Tabus stellen. Die katholische Kirche müsse schauen, wie
man neu miteinander ins Gespräch kommen könne und dürfe sich nicht nur auf die
Verteidigung dessen, was gilt, zurückziehen. Man habe bisher manchmal zu schnell
gemeint, man könne durch Herausstellung der "geistlichen Dimension des
Lebens mit Gott", auch die Frage der Sexualität beantworten. In der Einschätzung
des Zölibats müsse man sehen, dass es von der Breite des Kirchenvolkes
zu wenig verstanden und zu wenig mitgetragen wird. Das sei das, was die
Priester spürten und unmittelbar erlebten. Nur wenn die Kirche offener mit dem
Thema umginge, wachse die Akzeptanz des Zölibats und der Kirche. Der Zölibat
sei jedoch "derzeit unverrückbar".
Atheistischer Kommentar: Ojeh, da liegt der deutsche katholische Hirtenchef
wohl ziemlich neben der Realität. Wie in religiösen Kreisen üblich, sieht er
eine Dominanz des Wortes über dem Sein. Das Problem des Zölibates liegt also
nicht die Fernhaltung von Männern von einem körperlichen und psychischen Bedürfnis,
sondern in einer schlechten Propagierung! Man erkläre es dem Kirchenvolk
besser, dann verstehen die Leute es, tragen es mit und - Hokuspokus - haben
die Priester kein Problem mehr mit dem Zölibat. Das soll ein "offener
Umgang mit Sexualität" sein?
Der Zölibat ist sicherlich kein Glaubensproblem,
es ist und bleibt aber ein Problem für die Betroffenen. Es hängt auch nicht
mit dem Rückgang des Interesses der Menschen an der Religion zusammen. In
Deutschland sind die beiden christlichen Großkirchen annähernd gleich stark.
Trotzdem verlieren die Protestanten Jahr für Jahr mehr Mitglieder als die Katholiken.
Seit 1990 (Eingliederung der ehem. DDR) bis 2008 sind nur knapp 2,5 Millionen
Katholiken, aber 3,8 Millionen Protestanten ausgetreten. Somit bringt die
protestantische Weltoffenheit keine Vorteile, die katholische Sturheit macht
anscheinend Austritte schwieriger, die evangelische Beliebigkeit erleichtert
sie. Bischof Zollitsch redet zwar zum Thema "Umgang mit Sexualität"
nur belanglosen Schmarrn daher, strategisch handelt er aber richtig, liberale
Beliebigkeit ist schädlicher als das Verharren im Gestern. Und gegen das Schwinden
religiöser Bedürfnisse hilft weder das eine noch das andere.
Und dass
Priester weiterhin sexualbezüglich lügen und heucheln müssen, daran sind sie
letztlich selber schuld. Warum ergreifen sie schließlich diesen Beruf? Aber
ohne Heucheln ist ein katholisches Sein eh kaum möglich ...