... weil man redet nämlich nicht über den Inhalt, sondern über Form und
über political correctness. Die Glaubenswächter melden sich reihum zu Wort,
sie sagen zwar hin und wieder, dass es "natürlich auch Probleme" gäbe,
aber Sarrazin ist und bleibt ein Hetzer, ein Rechtspopulist, ein höchst unangenehmer
Charakter. Die Anti-Sarrazin-Texte zeichnen sich merkbar darin aus, dass sie
entweder von Leuten stammen, die das umstrittene Buch nie in der Hand gehabt
haben, oder die ein paar hustende Flöhe daraus zu fangen trachten.
Vorhalten
könnte man Sarrazin seine technokratische Weltsicht, die durchaus diskussionswürdig
und kritisierbar wäre, dies hat jedoch bisher noch niemand versucht. Das
zu bemerken, machte nämlich eine Buchlektüre notwendig. Hier
keine dezitierten Gegentexte zu Sarrazin-Gegentexten, weil das zahlt sich gar
nicht aus, sondern inhaltsbezogene. Zuerst ein Beitrag aus der Sonntagsbeilage der Kronen Zeitung
vom 12. September 2010:
Medienhysterie um einen kauzigen Provokateur: Genießt Thilo Sarrazin hier
(Anm.: ein Foto zeigt Sarrazin umzingelt
von Journalisten) die Star-Rolle des einsamen Tabubrechers, oder erleidet er die Märtyrer-Rolle
am Pranger des Tugend-Terrors?
Dieses Foto gibt darüber keine klare Antwort. Thilo Sarrazin ist jedenfalls
ein Getriebener seiner Ängste und Verzweiflung, der andere wachrütteln will.
Er wird daher nicht locker lassen.
Die bequeme Methode der Verteufelung durch
seine Gegner hat den Argumenten dieser seiner Widersacher mehr geschadet als
Sarrazin selbst durch seine grotesk überzeichneten Warnungen vor Deutschland
als einem Kopftuchstaat, in welchem Muezzins die letzten "echten"
Deutschen brutal aus dem Schlaf reißen.
Wenn man aber, wie im Fall Sarrazin,
nicht mehr sagen darf, was man meint; wenn man dadurch seinen Job riskiert;
wenn es Morddrohungen hagelt, dann ist Sorge um die Freiheit angebracht; dann
schafft sich das Land, um welches sich Sarrazin Sorgen macht, auf andere Weise,
als Demokratie, ab.
Hätte eine sachliche Integrationsdebatte schon viel früher
begonnen (beginnen dürfen), und wäre daraus eine realistische Integrationspolitik
hervorgegangen, hätte man sich populistische Auswüchse von Tabubrechern und
Übertreibungskünstlern erspart. Jetzt bricht das Aufgestaute hervor, nicht nur
in Deutschland. Sein Buch hat in einer Woche im Rekordtempo die dritte Auflage
erreicht.
Thilo Sarrazin hat die Verschweigungs-Spirale gebrochen. k.s.
... und dann ein Interview aus dem Profil vom 12. 9. mit Efgeni Dönmez, dem grünen Enfant terrible, zu diesem Thema:
Der grüne Bundesrat Efgeni Dönmez über die Gefahr islamistischer Gruppierungen
in Österreich und die drohende Abwanderung gebildeter Moslems.
Profil:
In Europa geht die Angst vor einer "schleichenden Islamisierung" um.
Sie selbst haben diesen Begriff auch schon verwendet. Müssen wir uns fürchten?
Dönmez: Wir brauchen uns vor dem Islam als Religion nicht zu
fürchten, sondern vor denen, die diese Religion instrumentalisieren. Diese Furcht
ist berechtigt und real. Es gibt viele Gruppierungen, die hier in Wien als verlängerter
Arm ihrer jeweiligen Herkunftsländer politisch tätig sind - getarnt als NGOs
oder als Kulturvereine. Sie bauen Netzwerke auf, um eine politische Ideologie
zu verbreiten, und nutzen dabei gläubige Menschen aus. Aus Europa fließen viele
Milliarden Euro an islamische Organisationen, indem Moslems dahingehend beeinflusst
werden, Geld zu spenden; Geld, das in undurchsichtigen Kanälen verschwindet,
teils zur Unterstützung terroristischer Organisationen. Das muss man thematisieren.
Mit dem Islam hat das nichts zu tun.
profil: Vertreten diese Gruppierungen,
die sich in Österreich verstärkt vernetzen, eine fundamentalistische Version
des Islam?
Dönmez: Ja.
profil: Wird die fundamentalistische
Strömung innerhalb des Islam in Österreich in letzter Zeit stärker?
Dönmez:
Soweit ich das beobachte, ja.
profil: Sorgen sind also berechtigt.
Warum sagen Sie dann, wir sollen uns nicht vor dem Islam fürchten? Diese Phänomene
sind ja auch Teil des Islam, oder nicht?
Dönmez: Ich verstehe
das Bedürfnis der Menschen, alles in einen Topf zu stecken. Aber es macht einen
riesengroßen Unterschied, ob jemand religiös ist oder ob er religiöse Gefühle
benutzt, um Menschen politisch zu beeinflussen. Österreich hat den größten Zuzug
an moslemischen Zuwanderern aus der Türkei. Die meisten Kulturvereine stammen
aus der Türkei. Da fällt auf, dass es um Integration und Bildung sehr schlecht
bestellt ist. Mir stellt sich die Frage: Was haben diese so genannten Kulturvereine
bis dato gemacht? Warum gibt es gerade mit moslemischstämmigen Jugendlichen
mehr Probleme als mit anderen?
profil: Sie würden unterschreiben, dass
moslemische Zuwanderer problematischer sind, was Arbeitslosigkeit, Bildung oder
Kriminalität betrifft?
Dönmez: Aber nicht, weil sie Moslems sind,
sondern weil diese Vereine nichts dazu beigetragen haben, dass sich die Menschen
integrieren.
profil: Es handelt sich um moslemische Kulturvereine, deren
Mitglieder Moslems sind. Wie kann man sagen, dass das mit dem Islam nichts zu
tun hat?
Dönmez: Es gibt viele Gruppierungen, die im Namen des
Islam agieren. Das geht auf uralte Strukturen im Islam zurück, die seit jeher
dazu dienen, das Volk zu beherrschen, zu leiten und zu führen. Das ist abzulehnen,
und das existiert auch hier und heute noch.
profil: Was soll man mit diesen
Gruppierungen tun, die in Österreich tätig und möglicherweise gefährlich sind?
Dönmez:
Die überwiegende Mehrheit der Moslems ist überhaupt nicht gefährlich. Es gibt
einige wenige, die radikal sind und alle Integrationsangebote ablehnen. Wir
als österreichische Politiker müssen uns die Frage stellen: Wen holen wir vor
den Vorhang? Bis jetzt waren es immer die konservativen, islamistischen Kräfte,
die zu Empfängen eingeladen wurden. Wir müssen die säkularen, liberalen Leute
stärken, die sich zu Österreich, zum Rechtsstaat und zur Demokratie bekennen
und die einen Islam verkörpern, der in die europäischen Werte eingebettet ist.
profil:
Sie kritisieren, dass Menschen die Staatsbürgerschaft erhalten, die kein Interesse
am gesellschaftlichen Leben in Österreich zeigen. Was meinen Sie damit konkret?
Dönmez:
Ich habe zum Beispiel kein Verständnis dafür, wenn Leute ihre Kinder nicht in
die Schule schicken oder wenn moslemische Schülerinnen von ihren Eltern daran
gehindert werden, am Schulausflug oder am Skikurs teilzunehmen. Das geht nicht.
Da soll mir keiner mit dem Glauben kommen, das hat nichts damit zu tun.
profil:
Wie wird sich der Islam in Österreich entwickeln, wenn sich an der Politik gegenüber
Moslems nichts ändert?
Dönmez: Die rechten Parteien FPÖ, BZÖ und
Teile der ÖVP werden stärker werden. Aufseiten der Moslems werden radikale,
islamistische Strömungen noch mehr Zulauf bekommen. Aufgeschlossene, liberale
Moslems werden sich als Bürger zweiter Klasse ofühlen. Man sieht das bereits
in Deutschland: Die gut ausgebildeten Türken gehen zurück in die Türkei, weil
sie trotz guter Ausbildung benachteiligt werden. Es wandern jene ab, die es
sich aussuchen können.
profil: Und bei uns bleibt dann der fundamentalistische,
ungebildete Bodensatz?
Dönmez: Wenn wir so weitermachen, kann
ich Ihnen garantieren, dass genau diese Entwicklung, die man in Deutschland
beobachten kann, zu uns kommen wird.
profil: Sind Sie gläubiger Moslem?
Dönmez:
Ich bin ein säkularer Moslem mit alevitischen Wurzeln. Ich bete nicht fünfmal
am Tag, bin aber zutiefst gläubig. Ich habe den katholischen und den moslemischen
Religionsunterricht besucht. Ich bin überzeugt, dass wir alle an denselben Gott
glauben und dieser den Kopf darüber schüttelt, wie wir uns hier unten auf Erden
aufführen und unseren Verstand nicht gebrauchen.
Also was soll das? Ist eine sachliche Kritik im Migrationsbereich
möglich? Oder muss man sich tatsächlich drüber aufregen, dass Kritik an
Missständen und Problemen im muslimischen Migrantenbereich geübt wird? Weil
das der Strache auch tut? Weil es viel freundlicher ausschaut, wenn man Missstände
und Probleme ignoriert? Der Islamkritiker Geert Wilders bezeichnet sich selber
als Atheisten. Muss ich jetzt wegen der politisch korrekten Ausgewogenheit deshalb
für ein "Abendland in Christenhand"
eintreten? Hoppala, das tut ja schon der Strache! Also darf ich trotz Wilders
atheistisch bleiben, weil der Strache eine Christenhand führt! Nochmals Glück
gehabt, Gott sei Dank, hätte ich beinahe gesagt.
So, und jetzt les ich
das Sarrazin-Buch weiter ...