Ratzinger: Kampf dem Laizismus

In Spanien wird in Barcelona seit 128 Jahren an einer Kirche gebaut, vollendet soll sie bis 2026 werden. Diese Kirche heißt "Temple Expiatori de la Sagrada Familia" (Sühnekirche der Heiligen Familie) und wurde vom seinerzeit sehr bekannten Architekten Antoni Gaudi (1852-1926), einem katholischen Fanatiker allererster Sorte entworfen.

Der merkwürdige Stil nach Art der Verzierungen von Torten mit der Zuckergussspritze machte den Bau zur Touristenattraktion. Papst Ratzinger hat sich daher am 6. und 7. November 2010 nach Spanien begeben, um die Kirche als "Basilika Minor" zu weihen (es gibt auch den Titel "Basilika Maior", aber den führen nur sechs katholische Tempel), damit soll die Verbundenheit dieser Kirche mit dem Papst ausgedrückt werden. Die Kirche sei ein "Lob Gottes in Stein". Somit soll sich der dreifaltige katholische Gott freuen, wenn man ihm so einen herzigen Kitschbau hinstellt, vermutlich wird er oben im Himmel tanzen und springen, hüpfen und singen über soviel steinernes Lob.

Mit Spanien war die römisch-katholische Kirche ja immer sehr verbunden. In Spanien wütete die Inquisition am längsten und in Spanien regierten die Klerikalfaschisten am längsten. Selbst als General Franco 1975 endlich krepiert war, blieb die weltliche Macht der spanischen Kirche noch lange unangetastet, erst jetzt im 21. Jahrhundert wurde vorsichtig von der aktuellen sozialistischen Regierung die Aufarbeitung der katholisch-faschistischen Epoche in Angriff genommen. So wurde festgelegt, dass Franco-Denkmäler u.ä. auch aus den Kirchen zu entfernen sind, was in der katholischen Kirche auf heftigen Unmut stieß. Schließlich war man ja in der Franco-Zeit mittels zahlreicher klerikalfaschistischer Politiker, die auch Mitglied von "Opus Dei" waren, direkt an diesem Verbrecherregime beteiligt gewesen. Den Höhepunkt der Macht erreichte Opus Dei im Kabinett von 1969, in dem der Opus Dei die Ministerien für Erziehung, Information, Außenpolitik, Finanzen, Handel, Industrie und den Entwicklungsplan kontrollierte. Nach Francos Tod ging der politische Einfluss dieser Gruppe zurück, aber in der konservativen Regierung von 1996 saßen wieder sechs Opus-Dei-Minister. Der Gründer von Opus Dei, Josemaria Escriva (1902-1975), wurde 2002 für so viele politische Verdienste sogar "heilig" gesprochen.

Da ist es natürlich auch notwendig, dass Ratzinger 2010 die aktuelle gänzlich unklerikale Regierung zurechtweist, die nicht nur den Schwangerschaftsabbruch legalisierte, sondern auch Homo-Ehen zuließ und den Religionsunterricht marginalisierte. Was dem Ratzinger Sorgen macht. Er sieht die Verweltlichung der westlichen Gesellschaft beispielhaft an der "Entwicklung in Spanien, einem Land mit starker katholischer Tradition, das sich heute immer mehr vom Katholizismus entfernt". Das früher vollkatholische Land hat nur noch 70 Prozent Katholiken, unter den jungen Menschen fällt der Katholikenanteil ständig. Sowas hat es beim katholischen "Caudillo" ("Führer") Franco nicht gegeben.

Was Ratzinger direkt ansprach:
"In Spanien entstand ein starker und aggressiver Laizismus, wie wir es in den 30er Jahren gesehen haben". Damals waren im spanischen Bürgerkrieg auch rund 6.000 Kleriker erschossen worden, die den Putsch Francos unterstützt und in ihren Predigten gegen die rechtsmäßige republikanische Regierung gehetzt hatten. Die katholische Kirche hat schon hunderte dieser klerikalen Faschisten als "Märtyrer" "selig" gesprochen und bisher keinen Ton über die republikanischen Opfer, die während des Bürgerkrieges und nach Francos Sieg zu Zehntausenden umgebracht und zu Hunderttausenden ins Exil getrieben wurden, hören lassen. Aber jetzt den heutigen Laizismus mit dem Bürgerkrieg in Verbindung zu bringen, das schafft der Ratzinger ohne Genierer. Die liberale Tageszeitung "El Pais" nannte es "eines gelehrten Mannes unwürdige Unverschämtheit".

Aber so sind sie, diese frommen Katholiken. Weinerlich, wenn sie keinen Erfolg haben, tyrannisch, wenn sie die Macht haben. Als Atheist kann man leider nicht den Wunsch äußern, "der Teufel soll sie holen", weil den gibt es schließlich auch nicht.