ORF verliert Universumsredaktion

Der Eifer des Herrn Wrabetz keinen Wissenschaftler, sondern einen Theologen als Leiter der Wissenschaftsabteilung einzusetzen, hat für den ORF Konsequenzen. Wie schon auf Info Nr. 329 berichtet, verlässt der Leiter der Universum-Reihe, Walter Köhler, den ORF. Mit ihm die ganze Universums-Redaktion wie der Kurier am 14. November 2010 berichtete:

ORF verliert "Universum"-Redaktion

"Universum"-Chef Walter Köhler verlässt mit seiner gesamten Mannschaft den ORF - und hinterlässt dort eine riesige Lücke. Die Naturfilmreihe "Universum" ist eine der stärksten Marken des ORF. International anerkannt und vielfach preisgekrönt. Über viele Jahre von Walter Köhler erfolgreich aufgebaut und geleitet. Bis jetzt. Köhler verlässt den ORF , bestätigt ORF -Sprecher Pius Strobl einen entsprechenden Bericht des Standard . Mit seiner gesamten (!) Redaktion, wie der KURIER erfuhr.
In der Naturfilmerbranche war das Gerücht schon seit Wochen vor sich hingebrodelt. Am vergangenen Dienstag gewann es in einer Sitzung des ORF -Publikumsrates erstmals an Substanz: Dort machte die Kunde die Runde, dass Universum-Chef Walter Köhler (und sein Team) dem ORF verlustig zu gehen drohe.
Konflikt um die ORF-interne Besetzungspolitik
Preisgekrönt: Walter Köhler mit einem "Emmy". Jetzt ist es fix. Köhler verlässt den ORF und macht sich selbstständig. Er war für eine Stellungnahme am Samstag nicht erreichbar. Sprecher Strobl versucht die Wogen zu glätten: Für den Zuschauer ändere sich nichts, versichert er, zudem die Marke "Universum" beim ORF bleibe; das Programm sei bis Ende 2011 vorausgeplant. Ein schwacher Trost. Ein auch nur annähernd adäquater Ersatz für Köhler und seine Mitarbeiter ist nicht in Sicht.
Der ORF verliert nun - nach Elmar Oberhauser - binnen weniger Tage eine zweite Galionsfigur. Zeitlich ein Zufall, inhaltlich nicht. Wie beim geschassten Info-Direktor schwelte auch im Fall von Walter Köhler ein Konflikt um die ORF -interne Besetzungspolitik. Lange Zeit bemühte sich Köhler, der mit viel Einsatz sein "Universum" zu einer international renommierten Marke machte, Leiter der ORF -Hauptabteilung "Bildung und Zeitgeschehen" (ehemals Wissenschaft) zu werden. Köhler wäre die Idealbesetzung: kompetent, angesehen und mit einem weltweiten Netz an Kontakten ausgestattet.
Wie im Tierreich: Der ORF hat nicht nur eine weitere wichtige Führungskraft verloren, sondern gleich eine ganze Redaktion. Aber Generaldirektor Alexander Wrabetz hatte anderes im Sinn - er überantwortete im September den Posten Religionschef Gerhard Klein. Seitdem ressortieren "Wissen und Glauben" unter einer Führung. Eine Entscheidung, die Walter Köhler erschütterte. Heimische Naturfilmer berichten, er sei seitdem regelrecht geknickt. Der klare Verlierer in dieser Causa ist der ORF. Mit Köhlers Abgang verliert der öffentlich-rechtliche Sender nicht nur den Mann hinter dem Quotenbollwerk "Universum" (oder "Wettlauf zum Südpol"), sondern auch unersetzliches Know-how.
Zudem agierte die "Universum"-Redaktion in ihrem Segment als wirtschaftlich höchst erfolgreich auftretende Einheit auf dem internationalen Markt. Köhler stellte Kraft seiner Kontakte günstige Koproduktionen für den ORF auf, lukrierte andererseits durch den internationalen Rechteverkauf heimischer "Universum"-Produktionen gutes Geld. Derzeit stehen die Verhandlungen für die letzte von Köhler initiierte Koproduktion vor dem Abschluss. Der ORF steht also schon sehr bald vor einem - weiteren - großen Problem.

Soweit der Kurier. Die idiotische Entscheidung, die Wissenschaft dem Kommando eines Theologen unterzuordnen, schien zuerst kaum auf ein Echo zu stoßen, der Zentralrat der Konfessionsfreien machte eine Aussendung (Info 286), ein paar säkular engagierte Wissenschaftler protestierten, den Medien war es egal. In Österreich gibt es zwar immer weniger praktizierende Katholiken, sogar die meisten katholischen Kirchenmitglieder leben praktisch ein atheistisches Leben, aber der katholischen Kirche völlig überzogene gesellschaftliche Positionen einzuräumen, das funktioniert immer noch extrem gut. Ein Theologe gilt geeignet als Wissenschaftschef, ein hochqualifizierter wissenschaftlicher TV-Mitarbeiter war dem Wrabetz dafür nicht qualifiziert genug. "Universum" war einer der letzten wirklichen Quotenbringer. Also musste man zum Vernichtungsschlag ausholen. Langsam wird's wirklich Zeit, den Wrabetz abzulösen. Wer die Wissenschaft der Theologie unterordnet, der hat für seine Ablöse wahrlich den Nachweis gebracht. Raus mit dem Wrabetz! Her mit einem säkularen Abteilungsleiter für die Wissenschaft!