Bisher galt diese hauptsächlich in der Türkei aktive Gruppe als bloße Unterkategorie
des Islam. Die Aleviten hatten sich höchstwahrscheinlich vor allem deshalb als
"islamisch" bezeichnet, um Verfolgungen zu entgehen, denn mit dem
Islam hat ihre Lehre wenig gemeinsam, über die Aleviten heißt es in Wikipedia
u.a.: Die alevitische Glaubenslehre basiert auf der Entscheidungs- und Glaubensfreiheit
des Menschen. Niemand hat eine Verpflichtung, etwas tun oder glauben zu müssen.
Es gibt vier Tore: Das erste Tor ist die Annahme der Gesetze und Pflichten der
Gemeinschaft, in der man lebt. Das zweite Tor ist die Kenntnis der individuellen
Rechte und Ansprüche, die man selber hat und stellt, was begehre ich,
was ist mein? Das dritte Tor ist die Erkenntnis des Nächsten, was begehrt
der Mitmensch, was gehört dem Mitmenschen? Das vierte Tor gibt dem Individuum
das Recht und die Möglichkeit, die Pflichten und Rechte der Gemeinschaft aus
"Tor 1" mitzugestalten, was die weitere Entwicklung und Modernisierung
des ersten Tores sichert.
Also eine recht vernünftig klingende Lebenslehre.
Pflichtgebete sind nicht vorgesehen, auch werden keine Moscheen benutzt. In Österreich fallen Aleviten vor allem durch ihre aktiven
Integrationsbestrebungen und ihre Weltzugewandtheit auf. Sie stehen dem aufgeklärten
Europa positiv gegenüber.
In Österreich war der Antrag der Aleviten aus
dem Jahre 2009 als religiöse Bekenntnisgemeinschaft anerkannt zu werden, mit
der Begründung abgewiesen worden, es gebe mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft
in Österreich (IGGiÖ) schon eine Vertretung aller Muslime und eine zweite
islamische Gemeinschaft wäre nicht zulässig. Was offenbar ein völliger Holler
war, weil es gibt schließlich auch bei den Christen die verschiedensten anerkannten
Religionsgemeinschaften (katholisch, evangelisch, orthodox, altkatholisch,
neuapostolisch usw.).
Diese ablehnende Entscheidung wurde vom
Verfassungsgerichtshof am 1.12.2010 wegen Verletzung des Menschenrechtes auf
Religionsfreiheit aufgehoben, überraschend schnell
folgte nun der Bescheid über die Anerkennung als "eingetragene Bekenntnisgemeinschaft".
Der Status als "Bekenntnisgemeinschaft"
wurde im Jahr 1997 neu eingeführt. Nach einer 10-jährigen Wartefrist kann einer
"Bekenntnisgemeinschaft" vom Kultusamt im Unterrichtsministerium
der Status einer "anerkannten Religionsgemeinschaft" zuerkannt werden,
wenn sie u.a. eine Mitgliederzahl von zwei Promillen der Bevölkerungszahl der
jeweils aktuellen Volkszählung aufweist. Die "Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft
in Österreich" ist die bisher elfte Gemeinschaft, die den Status "Bekenntnisgemeinschaft"
erhielt und wird vermutlich die zweite nach den "Zeugen Jehovas" sein,
die auch die vorgesehene Mitgliederzahl nachweisen können wird. Anerkannte Religionsgemeinschaften
mit dem Status öffentlich-rechtlicher Körperschaften gibt es in Österreich
zurzeit fünfzehn.
Der durch die nunmehrige Entscheidung erfolgte Bruch des Monopols der IGGiÖ
ist jedenfalls ein wichtiger Schritt für die Religionsfreiheit in Österreich!