Imam als Sozialbetrüger

Aussendung der Gesellschaft für wissenschaftliche Aufklärung und Menschenrechte ( GAM ) vom 20.6.2012

Rosenheim - Ein mutmaßlicher Salafist wurde am Amtsgericht Rosenheim als HartzIV-Betrüger verurteilt. In seiner Wohnung fanden Beamte des Zollamts zudem frauenfeindliche Bücher.

Radikale Salafisten - Vertreter einer ultrakonservativen Strömung innerhalb des Islam - bereiten deutschen Sicherheitsbehörden immer größere Sorgen, vor allem in Nordrhein-Westfalen, Berlin und in Hessen. Auch der bayerische Verfassungsschutz hat dem Salafismus erstmals ein Kapitel gewidmet. Laut Innenminister Joachim Herrmann (CSU) handelt es sich dabei um die am schnellsten wachsende Bedrohung innerhalb der islamistischen Bewegung.

Deshalb fand der Prozess gegen einen mutmaßlichen Salafisten am Rosenheimer Amtsgericht unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen statt. Der Nordafrikaner wurde ebenso wie seine Lebensgefährtin wegen gewerbsmäßigen Betrugs zu zwölf Monaten Gefängnis verurteilt - jeweils ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung.

Der Araber war nach dem Abitur nach Deutschland gekommen, hatte in Düsseldorf ein Soziologiestudium begonnen, dieses abgebrochen und 2007 Asyl beantragt. Seit 2001 lebt er im Raum Rosenheim - zuletzt im nördlichen Landkreis. Er schlug sich als Bauarbeiter durch und machte eine Ausbildung zum Imam. Seit 2010 liest er in einer Rosenheimer Moschee aus dem Koran und hält Predigten. Über vier Jahre lang hatte das nach islamischem Ritus verheiratete Paar - nach deutschem Recht handelt es sich um eine "eheähnliche Beziehung" - immer wieder Hartz IV beantragt und auch bewilligt bekommen. So kassierten der Prediger und seine Lebensgefährtin (27) fast 11.000 Euro Sozialhilfe vom Staat - und das zu Unrecht. Denn beim ersten Antrag auf Arbeitslosengeld II verschwiegen sie ihre Nebeneinkünfte ebenso wie in späteren Neuanträgen, bei denen stets nach Zusatzeinkommen gefragt wird. Dass sie sich darauf spezialisiert hatten, ausländische Patienten, die sich in Deutschland ärztlich behandeln lassen, aber kein Deutsch sprechen, während des Aufenthalts zu betreuen, erwähnten die Hartz-IV-Betrüger mit keinem Wort. Die fetten Honorare für Übersetzerdienste und Dienstleistungen kassierten sie stets in bar.

Mit der Masche kam das Paar lange durch - bis ein anonymer Hinweis beim Rosenheimer Jobcenter den Stein ins Rollen brachte. Die für Betrugsdelikte zuständigen Zöllner der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Rosenheimer Hauptzollamtes deckten den Schwindel auf. Im Zuge der Ermittlungen wurden die verbotenen frauenfeindlichen Bücher gefunden - öffentlich ausgelegt in der Moschee. Auch das machte der Staatsanwalt dem Imam im Prozess zum Vorwurf. Weil die Schriften als jugendgefährdend indiziert sind, ist das eine Straftat. Unter anderem wird darin zur körperlichen Misshandlung von Frauen aufgerufen, um sie zu "züchtigen". Der Imam behauptete, dass er dafür nicht verantwortlich sei, da die Broschüren im Frauenraum ausgelegen hätten und er dort keinen Zutritt habe.

Zwei Moscheen unter Verfassungsschutz-Beobachtung

Offiziell sind im Raum Rosenheim zehn Moscheen bekannt. Zumindest zwei davon stehen unter Beobachtung des Verfassungsschutzes: das Haus der Milli-Görüs-Bewegung und die Moschee, in der im September 2011 die verbotenen Bücher gefunden wurden und der jetzt verurteilte Imam predigte.

Salafismus und die Mili-Görus-Bewegung unter Verfassungsschutzbeobachtung

Im Zuge der bundesweiten Razzien gegen radikale Salafisten am Donnerstag (wir berichteten) ist es auch zu Durchsuchungen in München und Augsburg gekommen. Nach Angaben von Innenminister Joachim Herrmann werden in Bayern rund 450 Personen beobachtet, die dem Salafismus zuzuordnen sind - vor allem in München, Augsburg, Regensburg und Bayreuth.

So fand im November 2011 in einer Nürnberger Moschee ein Islam-Seminar mit prominenten Salafisten statt. "Besonders auffällig waren die radikale Ausrichtung der anwesenden Prediger und die Zusammensetzung des Teilnehmerkreises, der sich in hohem Maß aus Personen des islamistisch-terroristischen Umfelds rekrutierte", heißt es im Verfassungsschutzbericht. Salafisten ignorieren viele Jahrhunderte theologischer Entwicklung, fordern stattdessen die Rückbesinnung auf die "Vorfahren" (arabisch "salaf") und den "reinen Islam" des 7. Jahrhunderts. Vom Grundgesetz halten sie wenig. Sie säen Hass, Gewalt und Intoleranz, so Herrmann.

Der Verfassungsschutz betont dabei, dass der Islam als Religion und seine Ausübung nicht überwacht werden. Dem gesetzlichen Beobachtungsauftrag unterliegen jedoch islamistisch-extremistische (Kurzform: islamistische) Organisationen und Einzelpersonen. Eine Strömung davon ist der Salafismus. Bayernweit rechneten die Sicherheitsbehörden 2011 rund 6.500 Personen islamistischen Vereinigungen zu. Mitgliederstärkste Gruppierung mit einem verfassungsfeindlichem Kurs ist die Islamische Gesellschaft Milli Görüs (IGMG) mit 4.700 Anhängern. Die Milli-Görüs-Bewegung unterhält in Rosenheim eine eigene Moschee. Daneben gibt es in Wasserburg ein "Internationales Erziehungszentrum", das die Verfassungsschützer als Teilorganisation der IGMG bewerten. In Rosenheim geht man von rund 200 Milli-Görüs-Anhängern mit islamistischem Potenzial aus, in Wasserburg von 40. Die Zahl der Muslime in Stadt und Landkreis wird auf 10.000 geschätzt.