Beschneidungsrechtsgesetz gefordert

Das Urteil des Kölner Gerichtes, wonach die Beschneidung von Säuglingen eine unzulässige Körperverletzung sei, ruft die Beschneidungsreligionen und unbeschnittene Befürworter der Vorherrschaft religiöser Traditionen mit heftigen Forderungen auf den Plan.

Ein Gesetz muss her!

Ein Gesetz, das es ausdrücklich vorschreibt erlaubt, männlichen islamischen und jüdischen Babys die Vorhaut wegschneiden zu müssen dürfen. Irgendwie irritierend ist es jedoch, dass für die in manchen islamistischen Gegenden übliche religiöse Beschneidung der Mädchen bisher keine entsprechenden Forderungen erhoben wurden. Warum nicht, ist unklar. Wenn Frauen z.B. aus islamistischen Gründen ihr Haupthaar verhüllen müssen, um nicht die sexuelle Begehrlichkeit von Männern zu reizen, dann ist doch die Beseitigung der Klitoris das ideale Mittel, um sexuelle Begehrlichkeiten der Frauen wegschrumpfen zu lassen. Beschnittene Frauen brauchen nicht gesteinigt zu werden, weil sie eher nicht ehebrechen.

Aktuell wird nun gefordert:

Der Sprecher des Koordinationsrates der Muslime in Deutschland, ein gewisser Ali Kizilkaya, meinte, es seien sowohl fromme wie säkulare Gläubige betroffen, weil die Beschneidung nicht nur ein religiöses Gebot sei, sondern auch zur Tradition und Kultur gehöre.

Früher war es z.B. auch Tradition, Kinder abzuwatschen, das ist eine kulturelle Tradition, die ebenfalls unter zunehmender Verfolgung leidet, vielleicht sollte die Beschneiderfraktion mit der Watschenfraktion eine Kampfgemeinschaft für traditionelle kindliche Körperverletzungskulturen bilden?

Kizilkaya fuhr fort:
Das Urteil wäre ein "massiver Eingriff in die Religionsfreiheit" und das religiöse Erziehungsrecht der Eltern. Auch für die Integration der Muslime hätte es eine "verheerende Wirkung". Darum: "Wir fordern den deutschen Bundestag sowie die Politik auf, schnellstmöglich zu handeln und eine gesetzlich geschützte Regelung für die Beschneidung von Jungen zu erlassen". Wieso diskriminiert er die Mädchen? Warum traut er sich nicht, auch für Mädchen das Grundrecht auf Körperverletzung zu fordern?

Martin Jäggle, österreichischer römisch-katholischer Theologe, ist ebenfalls vom Kölner Urteil tief betroffen. Er sprach am 4.7.2012 gegenüber Kathpress von einem "eklatanten Eingriff" und meinte es zeige sich darin eine "westliche Grundhaltung" gegenüber Ritualen generell: "Wer davon ausgeht, dass nur die innere Einstellung zählt, wird Rituale nie verstehen und als bloß 'äußerlich' abtun". So ein islamischen oder jüdisches Baby durchblickt selbstverständlich die äußerlichen Rituale und freut sich mittels seiner inneren Einstellung über die innere Bedeutung der Beschneidung!

Jäggle bringt dazu sogar ein Gleichnis: Das Durchstechen von Ohrläppchen u.ä. dem Schönheitsideal entsprechende Eingriffe seien akzeptiert, während hier bei einer uralten identitätsstiftenden Symbolhandlung auf "Unversehrtheit" gepocht werde. Ja! Dass bei uns Babys gepierct werden, ist allgemein akzeptiert, die Mütter zeigen sich stolz gegenseitig ihre acht Tage alten Söhne und Töchter mit Nasenring und Bauchnabel-Tattoo, die ganze Verwandtschaft war mit beim Tätowierer! Und wegen ein bisschen Vorhaut macht man ein gerichtliches Theater? Und ein beschnittenes Baby weiß schon vor der Wahrnehmung seiner eigenen Körperlichkeit, er hat einen Vertrag mit Gott und eine Identität!

Der Wiener Gemeinderabbiner, Schlomo Hofmeister, weiß ähnliche Weisheiten. Abstehende Ohren von Kindern gerade zu operieren, werde akzeptiert, ebenso das Anbringen von Zahnspangen, alles nur wegen der körperlichen Schönheit, empört fragt er sich. "Stehen solche Werte denn soviel höher als religiöse Bedürfnisse und Praktiken, die sich seit Jahrtausenden erhalten und bewährt haben?" Für Juden sei die Beschneidung von Buben am achten Tag nach der Geburt "essenzieller Bestandteil unserer religiösen Praxis, und es ist das Recht des neugeborenen Juden, dass ihm seine Eltern dieses ermöglichen".

Den neugeborenen Christenkindern steht auch das göttliche Recht auf Säuglingstaufe zu, ohne dass sich die Kinder dagegen wehren können, es ist sogar so, dass - wie in Österreich ausjudiziert wurde - die Taufe rechtlich als Kirchenbeitritt gilt, weil die Kinder könnten ja ab dem Alter von 14 ohne elterliche Zustimmung austreten. Nur weggeschnitten wird den Christensäuglingen nichts, dieser Brauch wurde aus den abrahamischen Traditionen nicht übernommen. Dass die katholische Taufe nach katholischer Meinung unwiderrufbar sei, hätte man ja eigentlich auch mit einer irreparablen körperlichen Markierung auf den Babykörper verbinden können, vielleicht mit einem per Brandeisen verabreichten Kreuz über dem Hintern? Dann wäre auch das eine 2000 Jahre alte kulturelle Tradition und jeder getaufte Katholik liefe sein Leben lang mit einem christlichen Arschgeweih herum.

Dann wäre jetzt das Selbstbestimmungsrecht der Religionen nicht gefährdet, weil auch die Kölner Richter hätten ihr Kreuz zu tragen und sich dafür eingesetzt, dass jedweder Mensch seine Kinder nach der Geburt weltanschaulich zu kennzeichnen hätte!

Da beim Kölner Prozess niemand verurteilt wurde (der beklagte Arzt wurde wegen Rechtsirrtums freigesprochen), denken die religiösen Denker jetzt darüber nach, wie sie das nicht anfechtbare Urteil doch vors Verfassungsgericht bringen könnten. Wenn das nicht geht, dann muss eben ein Gesetz her, das religiöse Körperverletzungen an Babys in den deutschen Grundrechtskatalog eingliedert.