Gott schütze Österreich!

Diesen Slogan hat die Wiener Tageszeitung "Die Presse" auf einer Fotomontage im Facebook von FPÖ-Chef HC Strache entdeckt.

Die Presse schrieb am 5.7.2012 zum obigen Bild "Eine Fotomontage zeigt den FP-Chef mit Jesus Christus und dem Teufel. Daneben findet sich ein Satz des letzten österreichischen Kanzlers Schuschnigg vor dem Anschluss an Nazi-Deutschland."

1955 war die FPÖ als Nachfolgeorganisiation der Partei "Verband der Unabhängigen" (VdU) gegründet worden
, der VdU seinerseits diente ab der zweiten Nationalratswahl nach 1945 als Sammelbecken für Deutschnationale und ehemalige Nazis, die Partei erreichte 1949 einen Stimmenanteil von 11,7 %, 1953 waren es 10,9 %, beim ersten Antreten der FPÖ 1956 nur noch 6,5 %. Auf diesem Niveau blieb die FPÖ die nächsten Jahrzehnte stehen.

1983 waren es unter dem liberalen Obmann Norbert Steger fünf Prozent, aber 1986 wurde Steger von Jörg Haider gestürzt und Haider und seine Partei traten wieder klar deutschnational und rechtsextrem in Erscheinung, 1986 erbrachte das 9,7 %. Die ungeregelte Zuwanderung nach dem Ende des Ostblocks, eine Reihe von Skandalen in den damaligen Großparteien SPÖ und ÖVP ließen den Stimmenanteil von Wahl zu Wahl ansteigen, 1999 gab es schließlich mit einem Anteil von 26,9 % mehr FPÖ-Stimmen als für die ÖVP. Haider erkannte richtig, dass der Deutschnationalismus für den Großteil dieser Wähler keine besondere Rolle mehr spielte und er schwenkte deshalb auf einen Österreich-Patriotismus um, dem Ewald Stadler, ein Verehrer der Piusbrüder, im Parteiprogramm auch noch ein Bekenntnis zum Christentum anhängen konnte.

Nach der FPÖ-Regierungsbeteiligung unter ÖVP-Kanzler Schüssel schrumpfte die FPÖ 2002 auf nur mehr zehn Prozent, bei den EU-Wahlen 2004 auf 6,3 %. Die Abspaltung des BZÖ, die Übernahme des Parteivorsitzes durch Strache brachte die FPÖ schließlich nach längerem Bemühen wieder etwas in die Höhe, 2008 waren es bei der NRW 17,8 %. Bei der EU-Wahl 2009 setzte Strache besonders auf den Slogan "Abendland in Christenhand", ließ sich nachträglich firmen und fuchtelte öffentlich mit einem Kreuz herum. Ergebnis: 12,7 %, das "Abendland in Christenhand" trieb der FPÖ Wähler eher weg als zu.


Schließlich waren die Deutschnationalen in der Monarchie keineswegs Freunde eines "Abendlands in Christenhand" gewesen, es gab sogar die Bewegung "Los von Rom" mit Übertrittsaktionen zu den Protestanten oder überhaupt Aufforderungen zum Kirchenaustritt. Zurzeit sind die leitenden FPÖ-Kader sichtlich von deutschnationalen Burschenschaftlern geprägt, das christliche Getue hält trotzdem an. Anscheinend in der irrealen Vermutung, christliche ÖVP-Wähler würden dadurch angezogen.

Auch vom Strache-Facebook: der christliche Kreuzritter Strache will auf Platz 1!

Mit dem Satz "Gott schütze Österreich" hatte sich der klerikalfaschistische Diktator am 11.3.1938 verabschiedet. Dass "Gott" zuvor in der österreichischen Gesellschaft einen recht negativen Stellenwert bekommen hatte und Hitler von Millionen als Erlöser aus dem klerikalfaschistischen physischen und psychischen Elend begrüßt wurde, ist bis heute ein Tabuthema. Dass Hitler nicht der Erlöser war, lernte ein größerer Teil der 1938 vom Führer Befreiten bis 1945 aus eigener Erfahrung, darum hatte danach 1938 niemand gejubelt und wenn eh keiner gejubelt hatte, dann brauchte man davon auch nimmer reden und speziell Hitlers unfreiwillige klerikalfaschistische Wegbereiter hatten keine Vergangenheit zu bewältigen.


Wer davon angesprochen werden soll, wenn die FPÖ 2012 mit einem Slogan des Klerikalfaschismus und mit Strache und Jesus gegen den Teufel kämpft, ist doch etwas unklar. Die Christenpartei, die bestimmt für ein Abendland in Christenhand ist und wohl auch dafür betet, dass Gott dem Staat Österreich hilft, erhielt 2008 nur 31.080 Stimmen. Gibt es hunderttausende tiefchristliche ÖVP-Wähler, die sich 2013 auf die Seite von Jesus & Strache & FPÖ schlagen könnten? Da wird es eher leider so sein, dass unselbständig Erwerbstätige, deren reales Nettoeinkommen seit zwanzig Jahren keine Erhöhungen mehr erfahren hat, sich von der SPÖ, die nimmer weiß, wofür sie gegründet wurde, abwenden werden und der FPÖ ihre Proteststimme geben. Aber nicht weil Gott Österreich schützt, sondern weil die SPÖ sich kaum noch um ihre Wählerschaft kümmert und sehr viele ihrer Stimmen nur noch in der Hoffnung bekommt, dass es nicht noch schlimmer werde. Scheiße.