In Europa war in den letzten Jahren immer wieder zu beobachten, dass irgendwelche
Richter, Politiker oder sonstige öffentlich wirkende Personen, es für notwendig
empfanden, religiöse Hintergründe bei zwischenmenschlichen Konflikten als Verständnis
heischende Elemente zu sehen. Jüngst kam es auch in Österreich zu einem Urteil,
aus einem Mordversuch wurde "versuchter Totschlag", weil die Wiener
Staatsanwaltschaft davon ausging, ein Mann mit muslimischem Hintergrund verfalle
so sehr in "begreifliche Erregung", wenn sich seine Frau scheiden
lässt, dass er sie nicht vorsätzlich ermordet, sondern bloß totschlägt.
Vielleicht
damit nicht nächstens ein anderer Staatsanwalt auf die Idee kommt, eine trennungswillige
Ehefrau niederzustechen, sei im islamischen Bereich volkstümlicher Ehrenrettungsbrauch
und in Österreich daher maximal Notwehrüberschreitung bei der Verteidigung der
Männerehre, schlug am 3. Februar 2010 Justizministerin Bandion-Ortner eine Gesetzesänderung
vor: "religiöse Gewalt" sollte künftig nicht als Milderungs-, sondern
als Erschwernisgrund gelten.
Weiters sagte Frau Bandion-Ortner,
dass als Erschwernisgrund außerdem ein Gesamtverhalten definiert
werden könnte, "das darauf abzielt, jemandem eine andere
Lebensweise aufzuzwingen, die mit unserer Gesellschaft nicht konform ist".
Als Beispiel nannte die Ministerin Eltern, die ihren Kindern aus religiösen
Gründen die Schulbildung oder den Kontakt mit Männern verwehren. Eine entsprechende
"Nötigung" könnte damit automatisch als "schwere Nötigung"
mit höherer Strafdrohung qualifiziert werden.
Gelten würde der Erschwernisgrund
dann allerdings für jede Form religiös motivierter Gewalt, nicht nur im Kontext
des Islam, also etwa auch gegen eine etwaige "gefährliche Drohung"
christlicher Fundamentalisten gegen eine Abtreibungsklinik.
Grüne und
SPÖ sind vorerst gegen die Pläne der Ministerin, ein religiöser Hintergrund
des Täters dürfe vor Gericht weder Erschwernis- noch Milderungsgrund sein, meint
SPÖ-Justizsprecher Jarolim, die Grünen befürchten die Schaffung von Kulturdelikten.
Die FPÖ ist für eine Gesetzesänderung, ebenso das BZÖ, das durch den Mund ihres
extremkatholischen Ewald Stadler sogleich auch strengere Bestimmungen gegen
die "Herabwürdigung religiöser Lehren" fordert. Die Islamische
Glaubensgemeinschaft lehnt die Phrase "religiös bedingt" ab und
will lieber "traditionsbedingt".
Man wird den Gesetzesvorschlag
abwarten müssen, jedenfalls sollte deutlich signalisiert werden, dass eine Gewissensbildung
auf Basis der islamischen Scharia kein Entschuldigungsgrund sein kann.