Katholische Heuchlerprobleme

Der österreichische katholische Kirchenchef Schönborn hat vor einigen Tagen den früheren vatikanischen Kardinalstaatssekretär und jetzigen Kardinaldekan Angelo Sodano scharf kritisiert, weil er während seiner Amtszeit vor 15 Jahren die Ermittlungen gegen den früheren Wiener Erzbischof Kardinal Hans Hermann Groër behindert habe. Das war übliche katholische Praxis, es zu kritisieren, ist in der katholischen Kirche auch weiterhin nicht üblich. Darum wurde Schönborn jetzt ziemlich schnell und scharf zurechtgewiesen.

Darüber berichtete die Kronenzeitung am 10.5.2010:
In einem Interview mit der katholischen Website "Pontifex" gab Saraiva Martins, Ex-Präfekt der Heiligsprechungskongregation, zu, dass man stets die Wahrheit suchen müsse und dass Schönborns Absichten ehrlich seien. Der Wiener Erzbischof habe jedoch "der Kirche keinen guten Dienst erwiesen". Seine über die Medien verbreiteten Vorwürfe gegen Sodano würden der Öffentlichkeit den Eindruck einer von internem Streit zerrissenen Kirche geben, was absolut nicht der Fall sei.
Schönborn hätte laut Saraiva Martins andere Wege wählen können, um seine Kritik zum Ausdruck zu bringen. "Jetzt besteht die Gefahr, dass der Brand sich noch mehr ausbreitet", da Schönborn einen ehemaligen vatikanischen Staatssekretär und den Doyen des Kardinalkollegiums angegriffen habe. Es sei unangebracht, öffentlich eine Person zu kritisieren, die "die Einheit der Kardinäle" repräsentiere.
Laut dem am Sonntag in der Internet-Ausgabe der italienischen Zeitung "Il Giornale" veröffentlichten Bericht warf Schönborn Sodano vor, während seiner Amtszeit die Ermittlungen gegen den früheren Wiener Erzbischof Kardinal Hans Hermann Groër behindert zu haben. Außerdem habe Sodano die Opfer sexuellen Missbrauchs beleidigt, indem er das Thema bei den Osterfeierlichkeiten in Rom als "Geschwätz" abgetan habe. Sodano war von 1991 bis 2006 Kardinalstaatssekretär.

Soweit der Zeitungsbericht.
Ist das nicht ein wunderschönes Beispiel über das Wertesystem der christkatholischen Religion? Schönborn wird zugestanden, dass seine "Absichten ehrlich seien". Oh Teufel! Ehrliche Absichten in der katholischen Kirche! Das kann nur falsch sein! Auf dass die Einheit der Kardinäle, die Einheit der Kirche gewahrt bleibe: Lügen! Heucheln! Verschweigen! Vertuschen! Einen anderen Kardinal, der ein verdienstvoller Vertuscher war und das Geschwätz der Opfer nicht mehr hören wollte, öffentlich bloßzustellen, sowas tut ein katholischer Kardinal nicht! Das ist nicht angebracht!

Was soll man zu dieser religiösen Organisation, die sich selber als oberste moralische Institution sieht, sagen? Vielleicht: was für ein Pack! Die sollten froh sein, dass es weder Götter, noch ein ewiges Leben gibt, weil sonst müssten sie in Ewigkeit im Höllenfeuer heulen und zähneknirschen! Aber offenbar sind sie selber so, wie sie es üblicherweise den Gottlosen zu unterstellen versuchen: gewissenlos und amoralisch. Sie fürchten sich ihrer Sünden nicht ...

PS: "Die Leiden der Kirche kommen gerade aus dem Innern. Die Sünde existiert im Innern der Kirche", sagte Ratzinger auf seiner Reise nach Portugal am 11.5. Wer hätte das gedacht! Was für eine Erkenntnis! Ob das nicht ein Verrat von vatikanischen Staatsgeheimnissen war?