Ethikunterricht eingebremst

Aus Wikipedia: Ethikunterricht - Seit dem Schuljahr 1997/98 wird an zahlreichen österreichischen Schulen (bislang AHS und BMHS) ein Ersatzpflichtgegenstand "Ethik" für jene Schüler als Schulversuch geführt, die an keinem konfessionellen Religionsunterricht teilnehmen können oder wollen. Jene Schüler, die einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft angehören, und sich vom Religionsunterricht abgemeldet haben, müssen Ethik als "Ersatzpflichtgegenstand" besuchen. Für Schüler, die einer staatlich eingetragenen Bekenntnisgemeinschaft angehören, gibt es keinen schulischen Religionsunterricht ihres Bekenntnisses. Sie haben deshalb grundsätzlich den Ethikunterricht zu besuchen. Der Ethikunterricht ist grundsätzlich auch von Schülern ohne religiöses Bekenntnis zu absolvieren, soweit sie nicht einen Religionsunterricht ihrer Wahl besuchen. Für den Ethikunterricht sind im Normalfall 2 Wochenstunden vorgesehen.
Zu den Zielsetzungen des Ethikunterrichts heißt es:
"Der Ethikunterricht orientiert sich an den aus der Aufklärung hervorgegangenen Grund- und Menschenrechten, auf denen auch die österreichische Bundesverfassung und unser Bildungswesen basieren. Er ist daher weder wertneutral noch wertrelativistisch, ohne aber einer bestimmten Weltanschauung verpflichtet zu sein. Er versteht sich nicht als Kompensationsfach für gesellschaftliche Probleme und Defizite, sondern unterstützt Schülerinnen und Schüler, in Fragen von Weltanschauungen, Werten und Normen zu differenzierten Beurteilungen und Handlungsmodellen zu gelangen."

Soweit die Kurzdarstellung in Wikipedia. Der seinerzeitige ÖVP-Vizekanzler Molterer hatte 2007 unter heftigem Beifall der christlichen Kirchen folgendes gefordert: (ORF-Abendjournal vom 30.11.07) Geht es nach der Meinung der ÖVP, so sollen künftig alle Schüler, die nicht den Religionsunterricht besuchen, zum ersatzweisen Ethik-Unterricht verpflichtet werden. Anlass für die Forderung ist das Thema Gewalt an den Schulen; dagegen hat sich die ÖVP-Spitze heute einmal mehr ausgesprochen.
Die Vermittlung von Werten sei im Schulalltag ganz zentral, sagt ÖVP-Chef Wilhelm Molterer. Deswegen sei ein verpflichtender Ethik-Unterricht äußerst wichtig, weil "wir festgestellt haben, dass es in einem bedenklichen Ausmaß Abmeldungen vom Religionsunterricht gegeben hat bzw. weil wir erkannt haben, dass es immer mehr Kinder gibt, die ohne Bekenntnis sind. Und wir wollen einfach, dass diese Wertebasis einer demokratischen Gesellschaft selbstverständlich in der Fläche und breit als verpflichtendes Angebot gemacht wird."
Zusätzliche Kosten für Unterrichtsstunden und Lehrer erwartet der ÖVP-Chef und Finanzminister nicht. Der Ethik-Unterricht könnte durch das bestehende Lehrpersonal bestritten werden, vor allem durch Religionslehrer: "Wenn bestehendes Lehrpersonal dafür auch die Kompetenz hat, und das haben die Religionslehrer, dann ist dieses Argument, es entstehen zusätzliche Kosten aus meiner Sicht nicht gegeben, weil sie müssen ja trotzdem unterrichten."

Soweit der Bericht von 2007. Fast zwei Millionen Menschen sind in Österreich konfessionslos, Molterer unterstellte damals diesen Menschen in katholischer Selbstherrlichkeit pauschal, keine Ethik, keine Werte zu haben und man solchen Kindern und Jugendlichen Ethik und Werte durch einen Zwangsunterricht durch Religionslehrer erteilen müsse. Ein schwarzer Fanatiker und katholischer Extremist denunzierte Konfessionsfreie als Gewalttäter. Da Molterer 2008 die vom ihm vom Zaune gebrochenen Nationalwahlen verlor, wurde er von der ÖVP ausgewechselt, seine üblen Pläne kamen daher nicht zur Durchführung.

Die Schulversuche mit dem Ethikunterricht wurden allerdings fortgesetzt, konfessionsfreie SchülerInnen müssen in diesen Versuchsschulen den Ethikunterricht besuchen, obwohl es in Österreich keinerlei Religionspflicht gibt und der Religionsunterricht ein staatlich finanziertes Zusatzangebot für religiös gebundene SchülerInnen ist.

Ein Ethikunterricht, ein Lebenskundeunterricht FÜR ALLE würde auch von den Konfessionsfreien begrüßt, wenn ihn entsprechend ausgebildete und religiös neutrale Lehrkräfte abhielten. Davon war in Österreich allerdings nie die Rede, man wollte mit dem Ethikunterricht bloß Druck auf Konfessionsfreie ausüben, weil diese um zwei Stunden pro Woche mehr Freizeit hatten als religiös Gebundene, was unter diesen sehr zum Ärger der Kirchen zu verstärkten Abmeldungen vom Religionsunterricht führte.

Die aktuellen Budgetprobleme änderten jetzt die Lage. Laut Standard vom 28.10.2010 lautet nämlich einer der Einsparungspunkte der Regierung: "Nicht umgesetzt werden auch das 'Vorhaben Ethikunterricht', weil die nötigen 57 Millionen (zum Start 2011 hätte man 2,7 Millionen gebraucht) nicht vorhanden sind (..)". Die bestehenden Schulversuche werden allerdings fortgesetzt. Ob es dem Staatsgrundgesetz entspricht, religionsfreien SchülerInnen einen Zusatzunterricht zu verordnen, weil sie keinen Religionsunterricht besuchen, bedarf somit weiterhin einer verfassungsrechtlichen Klärung!