Gerade ist in Österreich ein Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien gescheitert
-auch aus eigenem Verschulden der Veranstalter. Dass Kirchenprivilegien auch
in Deutschland sozusagen öffentliches Recht sind, zeigt der folgende Bericht
von Carsten Frerk auf http://hpd.de/
Nr. 15776:
Alle Jahre wieder: Ungleichbehandlung von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften
und das vorauseilende Einknicken von Werbe-Unternehmen vor möglichen Beschwerden
seitens der Kirche. Wegen des Mottos "Gut ohne Gott" wird Werbung
für den Humanistentag in den Hamburger U-Bahnen abgelehnt.
Zudem gibt es
keine öffentlichen Zuschüsse.
Nachdem bereits der Vertrag für die
Werbung zum Deutschen Humanistentag (DHT) im Fahrgastfernsehen der Hamburger
Hochbahn abgeschlossen war, meldete sich bei dem für diese Werbung Verantwortlichen
vom DHT die "Ströer 'deutsche städte medien' und forderte, dass der
Slogan "Gut ohne Gott" gestrichen würde:
"für die Freigabe
müsste Ihre Vorlage leicht abgeändert werden. Könnten Sie auf den Claim GUT
OHNE GOTT verzichten? Der zweite Satzteil 'Auf den Menschen kommt es an!' könnte
ja evtl. auch allein stehen, oder?
Ansonsten wären nach unseren Erfahrungen
Kundenbeschwerden vorprogrammiert, was wir gern vermeiden möchten.
Vielen
herzlichen Dank."
Die Vorbereitungsgruppe des DHT hat in der
Antwort darauf hingewiesen, dass es in Hamburg rund 60 Prozent Konfessionsfreie
gibt, unter ihnen zahlreiche Menschen, die nicht an einen Gott glauben, aber
dennoch "gut sein wollen". Das könne diesen Menschen nicht abgesprochen
werden und daher müsste man auf dem ursprünglich geplanten Werbetext bestehen.
Ansonsten müsste man den Auftrag seitens des DHT stornieren.
Die Antwort
von Ströer: "nach nochmaliger Rücksprache mit den Zuständigen müssten
wir den Auftrag dann tatsächlich stornieren. Leider habe ich hier keinen anderen
Lösungsansatz. Ich wünsche Ihnen trotzdem viel Erfolg. Mit freundlichen Grüßen"
Erfahrungen,
die bereits die Buskampagne in Deutschland und in Österreich gemacht hatten.
Religiöse Organisationen dürfen flächendeckend im öffentlichen Raum Werbung
für ihre Ansichten platzieren, bei säkularen Organisationen wird es abgelehnt,
die Städtewerbung knickt ein.
Konny G. Neumann, Vorsitzender der
Stiftung Geistesfreiheit (Motto: "Forschen statt glauben - Handeln statt
beten") fragt sich: "Beschweren sich die 60 Prozent Konfessionslosen
nicht laut genug gegen die ständig steigende Verchristlichung der Politik? In
einem aktuellen Werbeflyer wirbt der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) ganz selbstverständlich
für den Kirchentag. In diesem Zusammenhang scheinen keine Kundenproteste befürchtet
zu werden. Selbst der DGB und die Uni Hamburg sind zu Diensten: mit Einladung
zum Kirchentag nach der Mai-Kundgebung und einem 'Tag des Wissens' -nicht etwa
einem 'Tag des Glaubens'."
Im Unterschied dazu sei die Hörwerbung bei
KlassikRadio wesentlich toleranter, dort läuft die Werbung auch mit dem Motto
"Gut ohne Gott", ebenso haben mehrere Zeitungen und Magazine die Werbung
angenommen.
Keine staatlichen Zuschüsse zum Humanistentag
Konny G. Neumann hatte bei der Senatskanzlei wegen eines Zuschusses zum Humanistentag
angefragt. Es geschah mit Hinblick auf die grundgesetzliche Gleichstellung von
Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften und parallel zum Evangelischen
Kirchentag, für den 7,5 Millionen Euro Zuschuss bewilligt wurden.
Die Antwort
des Chefs der Senatskanzlei (Kopie liegt dem hpd vor) bleibt rein formal: "Unabhängig
von der Frage, ob die fachlich zuständige Behörde inhaltlich eine Förderung
der Veranstaltung befürworten würde, sind hierfür im beschlossenen Haushalt
für die Jahre 2013 und 2014 keine Mittel veranschlagt. Angesichts der angespannten
Haushaltslage und der ab 2019 geltenden Schuldenbremse sehe ich auch für die
Zukunft nur geringe Chancen auf eine finanzielle Beteiligung der Stadt."
Und
dann kommt der Hinweis auf den langen Vorlauf, der bei kirchlichen Planungen
auf Jahre hinaus vorhanden ist: "Sie beziehen sich in lhrem Schreiben auf
eine Zuwendung, die die Stadt dem Deutschen Evangelischen Kirchentag 2013 gewährt.
Die Bereitschaft hierzu wurde bereits im Jahr 2009 (Drucksache 1912574) von
der Bürgerschaft beschlossen. Es empfiehlt sich daher, Anträge auf Zuwendungen
in der von lhnen gewünschten Höhe möglichst frühzeitig zu beantragen, damit
sie nach inhaltlicher Prüfung in der Aufstellungsphase eines Doppelhaushaltes
ggf. berücksichtigt werden können. Kurzfristig ist eine Bewilligung nahezu ausgeschlossen."